Corona-Mutationen: Wie groß ist das Ansteckungsrisiko?
Einzelne Corona-Infizierte können in kurzer Zeit viele Menschen mit dem Virus anstecken. Die britische Mutante B1.1.7 hat sich als deutlich ansteckender erwiesen.
Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen, auf Kreuzfahrtschiffen, nach Partys oder Familienfeiern zeigen, dass ein einzelner Infizierter - ohne selbst Symptome zu haben - in kurzer Zeit eine große Zahl weiterer Menschen anstecken kann. Diesen Übertragungsweg bezeichnen Epidemiologen als "Superspreader-Event".
Corona-Mutationen erfordern mehr Vorsicht
Entscheidend für das tatsächliche Ansteckungsrisiko ist, wie viele Virenteilchen ein Mensch einatmen muss, um sich zu infizieren. Mit der britischen Mutante B1.1.7 ist diese Gefahr noch einmal gestiegen. Auch wenn man noch nicht genau weiß, wie viele Viren für die Ansteckung notwendig sind, hat sich dieses Virus bereits als deutlich ansteckender erwiesen und breitet sich entsprechend viel schneller aus als das ursprüngliche SARS-CoV-2. Größere Menschenmengen sollte man daher auch beim Sonntagsspaziergang meiden und wenn es enger wird, nun immer eine FFP2-Maske tragen.
Corona-Infektion: Hohes Risiko in geschlossenen Räumen
Besonders hohe Ansteckungsgefahr herrscht in Innenräumen. Das zeigte auch die Massenansteckung im Schlachtbetrieb Tönnies: Wissenschaftler konnten anhand der Genstruktur der Viren zeigen, dass ein einzelner Mitarbeiter alle anderen angesteckt hatte. Und das passierte offenbar nicht in den Wohnräumen sondern im Schlachtbetrieb: Alle Betroffenen hatten am Infektionstag in der Frühschicht in der gleichen Halle gearbeitet.
Das Virus verbreitete sich dort auf bis zu acht Meter entfernte Kollegen, die über lange Zeit im gleichen, schlecht belüfteten Raum angestrengt arbeiteten. Damit waren gleich drei Faktoren gegeben, die die Verbreitung der Viren über Aerosole begünstigen: schlecht belüftete Innenräume, langer Zeitraum und körperliche Anstrengung.
Übertragung durch Aerosole beim Singen?
Auch gemeinsames Singen ist mit einer hohen Infektionsgefahr verbunden, wie eine Chorprobe in Berlin zeigte, bei der 60 der 80 Sängerinnen und Sänger an Covid-19 erkrankten, obwohl ihre Stühle in einem 120 Quadratmeter großen Raum verteilt waren. Da sich die Menschen im ganzen Saal infiziert hatten und eine Infektion über Tröpfchen über so weite Entfernungen nahezu ausgeschlossen ist, bleibt als Erklärung derzeit nur eine Ansteckung über Aerosole.
Was sind Aerosole?
Aerosole sind feine Tröpfchen, die über längere Zeit in der Luft schweben und bis tief in die Lunge eingeatmet werden können. Aerosole entstehen überall dort, wo Flüssigkeiten fein vernebelt werden, zum Beispiel an den Stimmlippen beim Sprechen und Singen. Die winzigen Tröpfchen der Aerosole sind kleiner als 5 Mikrometer, so klein wie Feinstaub. Auf ihnen können Viruspartikel haften und Infektionen auslösen. Während größere Tröpfchen schnell zu Boden sinken, schweben Aerosole mehrere Stunden in der Luft und können sich im gesamten Raum verteilen.
Aerosole sind auch in anderen Bereichen ein Problem: Schweißtreibende Aerobic-Kurse in Fitnessstudios mit kleinen Kursräumen, volle Sitzreihen im Flugzeug oder eine Party mit Freunden bieten den Viren beste Voraussetzungen, sich schnell auf möglichst viele Menschen zu verbreiten.
Ansteckung im Freien: Mit Abstand droht weniger Gefahr
Im Freien sind Aerosole relativ harmlos, da die winzigen Partikel an der frischen Luft rasch verdünnt und zudem nach wenigen Minuten in der Sonne durch das UV-Licht zerstört werden. Dadurch wird die für eine Infektion erforderliche Menge an Viren in der Regel nicht mehr erreicht – es sei denn, man unterhält sich im Stehen länger ohne Maske und in geringem Abstand. Dann ist auch im Freien eine Übertragung nicht unwahrscheinlich. Mit Abstand und FFP2-Maske droht hier daher wenig Gefahr.
Es gilt also, so viel wie möglich im Freien zu machen und dabei Abstand zu wahren. Innenräume sollten möglichst dauerhaft gelüftet werden, am besten quer, damit die Luft samt eventuell infektiöser Aerosole so schnell wie möglich ausgetauscht wird.