Botulismus: Warum Honig gefährlich für Babys ist
Botulismus ist eine seltene Krankheit, die durch das Bakteriengift Botulinumtoxin (Botox) ausgelöst wird. Es kann zu lebensbedrohlichen Lähmungen führen. Ursache der Vergiftung sind schlecht konservierte Lebensmittel oder verunreinigter Honig.
Ausgelöst wird der Botulismus durch Botulinum-Neurotoxin (BoNT/Botox). Dieses Nervengift, das in der Kosmetikindustrie auch gegen Faltenbildung eingesetzt wird, hemmt die Signalübertragung zwischen Muskel und Nerven. Es wird vom Bakterium Clostridium botulinum gebildet und kann schon in kleinen Mengen Lähmungen hervorrufen.
Ursache des Botulismus: Vergiftung durch Bakterien
Damit Muskeln funktionieren, benötigen sie einen Reiz vom Nerv. Diesen bekommen sie unter anderem durch den Botenstoff Acetylcholin. Das Botulinumtoxin blockiert die Ausschüttung dieses Botenstoffs an der Schnittstelle zwischen Muskel und Nerv. Das kann zu Muskelschwäche und Lähmungen führen. Häufigste Form der Erkrankung ist der Lebensbotulismus bei Erwachsenen, der durch verdorbene Nahrungsmittel hervorgerufen wird. Selten kommt in Deutschland der Säuglingsbotulismus vor. Weil die Darmflora bei Säuglingen bis zu einem Jahr noch nicht vollständig ausgereift ist, sind sie besonders gefährdet. Wenn in den ersten Lebensmonaten Sporen vom Clostridium botulinum in den Verdauungstrakt gelangen, können sie dort noch ungehindert ausreifen und das Nervengift bilden.
Symptome des Botulismus: Mundtrockenheit, Doppelbilder, Lähmungen
Nach zwölf bis 36 Stunden (bei geringer Giftmenge können es auch bis zu acht Tage sein) treten die ersten Symptome auf. Dazu gehören als frühes Anzeichen Mundtrockenheit, auch unspezifische Magen-Darm-Symptome (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall) können vorkommen.
Die Erkrankung verläuft dann als fieberlose, absteigende Lähmung, die am Kopf beginnt. Oft treten die Lähmungen als erstes am Auge auf. Betroffene sehen dann Doppelbilder und können ihre Lider nicht mehr bewegen. Sie werden außerdem lichtscheu. Typische Symptome sind die "4Ds": Neben Diplopie (Doppelbilder sehen) gehört dazu auch Dysphagie (Schluckstörungen), Dysphonie (Stimmstörung) und Dysarthrie (Sprachstörung). Eine Lähmung der Hände lassen sich an einem veränderten Schriftbild erkennen. In schweren Fällen kann der Botulismus auch zur Atemlähmung und damit zum Tod führen.
Bei Säuglingen beträgt die Inkubationszeit etwa zehn Tage. Trinkschwäche, Schluck- und Sprachstörungen, Verstopfung oder Muskelschwäche können Anzeichen der Erkrankung sein.
Diagnose: Meist schnelle Blutprobe notwendig
Da die Symptome zu Beginn sehr unspezifisch sind, ist es für den behandelnden Arzt oder die Ärztin oft schwer, anhand der Beschwerden Botulismus zu diagnostizieren. Erschwerend kommt hinzu, dass der Verzehr des kontaminierten Lebensmittels Stunden oder auch Tage zurückliegen kann.
Die Diagnose kann durch einen Erreger- oder Giftnachweis in einer Probe gestellt werden. Dabei kommen Blutserum, Stuhl oder Erbrochenes als Probe infrage, die in Speziallaboren analysiert werden können.
Da das Gift beim Lebensmittelbotulismus schnell (24 bis 48 Stunden) von den Nervenzellen aufgenommen wird und danach nicht mehr im Blut nachweisbar ist, sollte eine Blutprobe so schnell wie möglich entnommen werden. Nach Ablauf der Zeit gelingt ein Nachweis im Blut nicht mehr. Das gilt nicht für den Säuglingsbotulismus. Bei dieser Form der Erkrankung besiedeln die Bakterien den Darm und schütten ununterbrochen Gift aus. Sowohl im Serum als auch in einer Stuhlprobe kann sich Säuglingsbotulismus daher nachweisen lassen. Auch die verdächtigen Lebensmittel können untersucht werden.
Behandlung auf der Intensivstation
Da bei Botulismus die Atemlähmung droht, müssen Menschen mit Botoxvergiftung auf der Intensivstation überwacht und behandelt werden. In schweren Fällen ist eine künstliche Beatmung notwendig.
Bei Verdacht und nach Abwägen von Nutzen und Risiko kann ein Antitoxin verabreicht werden. Diese Antitoxine werden aus enzymatisch gereinigtem Immunserum vom Pferd gewonnen und können daher zu allergischen Reaktionen führen. Aus diesem Grund dürfen diese Präparate nur auf der Intensivstation verabreicht werden. Die Antitoxine wirken allerdings nur gegen das Gift im Blut. Sobald das Botulinumtoxin von Muskeln und Organen aufgenommen wurde, ist es für das Antitoxin zu spät.
Antibiotika werden nur in Ausnahmefällen gegeben (beispielsweise wenn Wunden von Clostridium botulinum befallen sind), weil durch die Zerstörung der Bakterien vermehrt Gift freigesetzt werden kann.
Therapie: Magenspülung kann in eingigen Fällen helfen
Die Therapie besteht daher vor allem aus lebenserhaltenden und unterstützenden Maßnahmen. Beim Lebensmittelbotulismus kann bei Patientinnen und Patienten mit sehr kurzer Inkubationszeit von wenigen Stunden eine Magenspülung helfen, kontaminierte Nahrungsreste zu entfernen.
Bestimmte Medikamente (Cholinesterase-Hemmer) können die Symptome lindern. Die Wirkung des Botulismustoxins kann bis zu zwölf Wochen anhalten. Vollständig genesen sind die Betroffenen in schweren Fällen manchmal erst nach Monaten.
Vorsicht beim Einkochen und Konservieren von Lebensmitteln
Die häufigste Form des Botulismus ist in Deutschland der Lebensmittelbotulismus. Bei dieser Lebensmittelvergiftung gelangt das Toxin durch schlecht konservierte oder verdorbene Lebensmittel in den Organismus. Denn Sporen der Bakterien sind sehr widerstandsfähig. Sie können bei großer Hitze überleben, aber auch bei Kälte im Kühlschrank oder im Eisfach. Unter Ausschluss von Sauerstoff und in nährstoffreicher Umgebung können die Bakterien die Toxine entwickeln. Das Gift kann also auch in Weckgläsern, Konserven oder verpackten Wurstwaren entstehen. Auch in Öl eingelegtes Gemüse kann gefährlich werden.
Warnzeichen: aufgeblähte Konserven
Ein Warnzeichen können aufgeblähte Konserven sein, diese sollte man nicht mehr essen. Durch Konservierungsmittel und Kontrollen kommt es bei industriell produzierten Produkten allerdings selten zu Vergiftungen. Gefährlicher sind selbst eingemachte Lebensmittel. Denn aus physikalischen Gründen kann die Erhitzungsgrenze von 100 Grad beim Konservieren zu Hause nicht überschritten werden. Diese Temperaturen machen den Sporen jedoch nichts aus. Und Vorsicht: Das Botulinumtoxin ist geruchs- und geschmacksneutral, kann aber schon in Kleinstmengen gefährlich werden.
Die Neurotoxine selbst sind jedoch hitzeempfindlich und werden bei Temperaturen über 80 Grad zerstört. Wenn Lebensmittel vor dem direkten Verzehr eine Minute bei 85 Grad oder fünf Minuten bei 80 Grad erhitzt werden, kann das Gift zerstört werden. In Säure können die Bakterien nicht gut überleben. Wichtig ist es daher, beim Einkochen auf die Rezeptangaben und Mengen der Konservierungsmittel (wie Salz) zu achten, damit die Gefahr sinkt, dass sich die Bakterien vermehren können.
Säuglingsbotulismus: Honig ist eine Gefahr für Babys
Bekannt ist, dass Honig Sporen der gefährlichen Bakterien enthalten kann. Deswegen wird Eltern geraten, ihren Kindern vor dem ersten Lebensjahr keinen Honig zu geben. Weder sollten Getränke mit Honig gesüßt werden, noch sollten Brustwarzen, Schnuller oder Trinkflaschen mit Honig bestrichen werden, um Saughemmungen zu überwinden. Auch andere Naturprodukte wie beispielsweise Kräuter können befallen sein. Laut RKI lässt sich allerdings in vielen Fällen nicht feststellen, wie die Sporen in den Organismus der Babys gelangt sind.
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