Das erwarten die Nordländer vom Flüchtlingsgipfel
Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen beraten zur Stunde darüber, wie für Geflüchtete mehr Unterkünfte und Wohnungen geschaffen werden können und wer die Kosten dafür trägt. Außerdem geht es beim sogenannten Flüchtlingsgipfel in Berlin um die Integration der Menschen.
Vor allem Länder und Kommunen hatten seit Langem auf einen solchen Gipfel gedrängt, um über die Lastenverteilung bei Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten zu sprechen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) signalisierte Bereitschaft zu weiterer Unterstützung, verwies aber auch auf bereits erhebliche Leistungen des Bundes. Die Lage drängt: Sowohl die Anzahl der Asylsuchenden als auch vor allem die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen.
Überwiegende Zahl der Geflüchteten kommt aus der Ukraine
Acht von zehn Flüchtlingen sind laut Bundesinnenministerium im vergangenen Jahr aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. In Norddeutschland kommen etwa drei Viertel aus der Ukraine.
Niedersachsen: Weil fordert mehr Unterkünfte vom Bund
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) fordert mehr finanzielle Unterstützung vom Bund bei der Unterbringung von Geflüchteten: "Es gibt eine große Erwartungshaltung bei den Kommunen. Wir brauchen noch mehr Unterkünfte seitens des Bundes. Und auch die finanzielle Unterstützung kann und sollte noch weiter verbessert werden."
Innenministerin Daniela Behrens (SPD) erwartet eine längere Verlässlichkeit bei der Finanzierung der Geflüchtetenunterbringung - auch über dieses Jahr hinaus: "Wir helfen uns von Jahr zu Jahr. In der Regel finden Bund und Länder auch gute finanzielle Abstimmungen, aber es ist immer nur sehr kurzfristig." Es zeichne sich in der Ukraine keine Besserung ab, sagte die Ministerin. Niedersachsen bekomme die Flüchtlingsunterbringung ganz gut hin, aber auch im Bundesland hätten Kommunen große Probleme gemeldet.
Mecklenburg-Vorpommern: Proteste in Upahl sorgen für Schlagzeilen
In Mecklenburg-Vorpommern sehen sich alle sechs Landkreise an der Grenze der Aufnahmekapazität. Für Schlagzeilen sorgte der kleine Ort Upahl im Landkreis Nordwestmecklenburg. Dort demonstrieren seit Wochen Anwohner dagegen, dass in ihrem 500-Einwohner-Dorf eine Sammelunterkunft für bis zu 400 Geflüchtete gebaut wird. Zumindest im Januar waren bei einer Demo auch bekannte Rechtsextreme - zum Teil aus dem Umland angereist.
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hatte schon zu Beginn des Jahres gefordert, der Bund solle doch seine Immobilien, die er im Land hat, für die Unterbringung der Flüchtlinge zu Verfügung stellen. Für Nordwestmecklenburgs Landrat Tino Schomann (CDU) ist ein Weg, der Lage Herr zu werden, eine gezielte "Rückführung" von abgelehnten Asylsuchenden: "Der Bund muss begrenzen und steuern, muss die illegale Migration stoppen und muss die Abschiebeoffensive endlich starten, um auch Kapazitäten freiwerden zu lassen", sagte er Ende Januar in den ARD-Tagesthemen.
Landkreistags-Präsident: Kaum noch freier Wohnraum in vielen Kreise von Schleswig-Holstein
Ähnlich äußerte sich auch der Präsident des Deutschen Landkreistages, der ehemalige Landrat von Ostholstein, Reinhard Sager (CDU). Den Menschen aus der Ukraine müsse man schon aus humanitären Gründen helfen, ebenso Menschen, die einen Asylgrund haben. "Aber wir haben auch mittlerweile 300.000 Menschen etwa in Deutschland, die ausreisepflichtig sind. Die Ampel-Regierung hat ja angekündigt, eine Rückführungsoffensive starten zu wollen. Davon ist in Deutschland wenig zu sehen", sagte Sager. Bereits Ende Januar wies er darauf hin, dass viele Kreise in Schleswig-Holstein kaum noch Wohnraum zur Verfügung hätten und deshalb dringend entlastet werden müssten.
Laut schleswig-holsteinischem Sozialministerium sind von den Plätzen in den Landesunterkünften derzeit noch knapp 20 Prozent verfügbar. Von dort werden die ankommenden Geflüchteten an die Kreise weiterverteilt, nach einem festgelegten Schlüssel. Die Kommunen stünden vor der Herausforderung, dauerhaften Wohnraum zur Verfügung stellen zu müssen, den sie nicht hätten, sagte Sozialministerin Aminata Touré (Grüne). Noch ein Thema will sie aus Schleswig-Holstein mitnehmen: Momentan fehlten 10.000 Plätze für Erstintegrationskurse im Land, so Touré. Die Kriterien für diese Kurse legt der Bund fest. "Ich erwarte, dass wir darüber sprechen, wie wir die Integrationskurse erhöhen können. Sprache ist der Schlüssel zur Integration."
Hamburg plant den Bau vieler neuer Sammelunterkünfte
Weil auch in Hamburg die Unterbringung Geflüchteter ein zentrales Thema ist, forderte der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bereits Anfang des Jahres eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge unter den Bundesländern: "Die Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel ist für die Flüchtlingsfrage nicht sachgerecht, weil es hierbei nicht um wirtschaftliche Kraft und Finanzierungskraft geht, sondern darum, dass man Raum und Flächen braucht, um Flüchtlinge unterzubringen. Und die sind eben in einem verdichteten Stadtstaat nicht so vorhanden wie es in Flächenländern der Fall ist."
Hamburg will noch in diesem Jahr 10.000 neue Unterkunftsplätze schaffen, etwa im ehemaligen Postbank-Gebäude in der City Nord, wo 900 Geflüchtete unterkommen sollen. Doch Wohnraum allein löst das Problem nicht. Denn vor allem aus der Ukraine kommen viele Kinder und Jugendliche. Die Hansestadt musste daher im vergangenen Schuljahr so viele Schülerinnen und Schüler aufnehmen wie nie zuvor, nämlich knapp 7.500. Insgesamt wurden 350 neue Klassen eingerichtet.
Lehrerverband: Hätten zum Gipfel eingeladen werden müssen
Zu wenig Räume und Lehrkräfte - auch für zusätzliche Deutsch-Förderung: Vor diesen Herausforderungen steht Hamburg nicht allein. Auch deshalb bemängelt der Deutsche Lehrerverband, dass Lehrer- und Elternverbände nicht eingeladen sind zum Flüchtlingsgipfel. Schon jetzt sei die Beschulung von Flüchtlingskindern nur möglich, wenn Schulstunden gestrichen oder gekürzt werden, sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meininger.