Braunschweiger Mandolinenverein: Zupforchester mit langer Tradition
Die Mandoline ist Instrument des Jahres 2023 - ein guter Anlass für einen Besuch beim Braunschweiger Mandolinenverein 1912. Es ist eines der traditionsreichen Zupforchester, die im 20. Jahrhundert vielerorts in Deutschland gegründet wurden.
Uta Priss sitzt im Wohnzimmer ihrer Wohnung am Stadtrand von Braunschweig, umgeben von Mandolinen. Sie zeigt auf ein Instrument und erzählt: "Das ist eine Vinacci, ein Instrument aus den 30er-Jahren. Die hat, finde ich, einen ganz tollen Klang.” Neben diesem weit verbreiteten Instrument der Zupforchestern des 20. Jahrhunderts besitzt Priss auch eine wertvolle Seifert-Mandoline. “Die ist unter den Klassikern das Top-Instrument. Sie klingt viel gleichmäßiger und voller als die andere."
Braunschweiger Mandolinen-Orchester: "Spielen eher so Salonmusik"
Priss sammelt nicht nur Mandolinen. Sie spielt sie auch leidenschaftlich. Seit vielen Jahren schon ist sie Mitglied des Braunschweiger Mandolinenvereins, dessen Vorsitzende sie ist. Einmal in der Woche treffen sich die rund 20 Mitspielerinnen und Mitspieler zum gemeinsamen Proben. Gespielt wird vierstimmig, wie in einem Kammerorchester.
"Es gibt neue Zupforchesterliteratur, die auch total modern ist", erzählt Priss. "Aber wir spielen eher so Salonmusik, Folklore und Schlager. Alles, was ins Ohr geht. Auch mal Operetten. Wenn etwas gut gemacht ist auch Volksmusik. Für mich ist es wichtig, dass die Stücke gut bearbeitet sind. Nicht einfach nur so irgendwie eine Stimme und so ein paar Akkorde dazu."
Strauss und Beethoven sind auch mit dabei
Qualität muss es haben - dann scheut die Mandolinenspielerin auch nicht davor zurück, Kompositionen von Johann Strauss oder Beethoven für das Zupforchester zu bearbeiten. Auch wenn sie weiß: Es gibt durchaus Vorbehalte gegen diese Art von Musik. "Vielleicht hört sich der Name Zupforchester schon so merkwürdig an. Und die Klassiker rümpfen vielleicht auch die Nase, wenn man dann so in fünf Minuten die Highlights von 'Tosca' spielt. Wir sehen das allerdings lustig - man kann das ja auch witzig machen."
Das Braunschweiger Zupforchester besteht seit 1912. Da es sich 1946 mit einem Verein von 1904 zusammengeschlossen hat, liegen seine Ursprünge genaugenommen sogar noch weiter zurück. Bis zum Zweiten Weltkrieg spielten hauptsächlich Männer im Ensemble, ab Mitte der 40er-Jahre dann auch Frauen.
Wöchentliche Proben im Verein: "Das hält die Leute fit"
Gaby Schulze ist eine von ihnen. Sie ist 73 und seit 30 Jahren im Braunschweiger Mandolinenverein. Sie erzählt: "Gerade, wenn man Rentner ist, gibt einem das Struktur im Leben, jeden Dienstagabend da hinzugehen. Manche krabbeln da wirklich auf allen Vieren, haben es im Kreuz, oder ihnen ist schwindelig. Sie kommen trotzdem ganz tapfer zum Verein, das hält die Leute fit."
Die älteste Mandolinenspielerin im Braunschweiger Zupforchester ist 99 Jahre alt. Wie sie sind viele, die im Orchester spielen, schon Jahrzehnte lang dabei. Junge Mandolinenspielerinnen und -spieler sind eher die Ausnahme. Denn wie bei vielen anderen Vereinen auch, ist das so eine Sache mit dem Nachwuchs, erklärt die Vereinsvorsitzende: "Wir arbeiten jetzt wieder mit einem Musiklehrer zusammen, der Mandolinen- und Gitarrenunterricht gibt. Von daher ist das ganz gut. Aber lange Zeit hat sich niemand darum gekümmert, so dass wir immer so ein bisschen Schwierigkeiten gehabt haben mit dem Nachwuchs."
Mandoline lernen ist nicht schwer
Dabei ist Mandoline zu lernen gar nicht so schwer, betont Priss, die auch selbst unterrichtet. Wer sich reinkniet, der könne bereits nach einem Jahr im Ensemble mitspielen. "Ich habe eine Schülerin, die hat erst vor einem Jahr angefangen und spielt jetzt schon mit. Das geht wahrscheinlich auf keinem anderen Instrument, dass man schon in relativ kurzer Zeit im Verein mitspielen kann."