Chormusik
Sonntag, 30. März 2025, 17:00 bis
18:00 Uhr
Er habe "ein besonderes Interesse an Musikschätzen, die im Laufe der Zeit vergessen worden sind", sagt der Chorleiter und Dirigent Frieder Bernius. "Vielleicht strahlen sie nicht ganz so hell gegenüber den so genannten Meisterwerken. Diese unbekannteren Werke sind aber mit eigenen Nuancen versehen, die es aufzuspüren gilt - und das begeistert mich", sagt Bernius.
Vergessenes aufspüren, Unbekanntes wiederentdecken
Werke von Jan Dismas Zelenka, Johann Adolph Hasse und Johann Wenzel Kalliwoda - um nur einige wenige zu nennen - oder Motetten von Hans Fährmann oder Gottfried August Homilius hat Bernius wiederentdeckt, erneut auf die Bühne gebracht und auch auf Platte und CD aufgenommen. Dazu gehört auch ein Passionsoratorium von Louis Spohr. Der in Braunschweig geborene Geiger, Komponist und Dirigent war seinerzeit so bekannt wie Mozart und Beethoven und sein Geigenspiel so berühmt wie das von Paganini. Das ist heute nicht mehr so, auch wenn sein Name durchaus auf Konzertprogrammen zu finden ist. Vermutlich wurden Spohrs Werke nicht weitergetragen, da er in keiner der europäischen Musikmetropolen tätig war, sondern in Kassel. Dort fand 1835 auch die Uraufführung seines Passionsoratoriums "Des Heilands letzte Stunden" statt.
Johannes als Erzähler und Augenzeuge
"Es beginnt nicht mit dem letzten Abendmahl so wie die Bachschen Passionen. Sondern es beginnt mit dem ‚Chor der Freundinnen und Freunde Jesu‘, die auf die Frage, wo Jesus gerade ist, berichten, dass er in Gethsemane mit seinen Jüngern ist", erzählt Frieder Bernius, der ein halbes Jahr mit der Abschrift des Autographs zugebracht hat, um das Werk für eine Aufführung mit dem Kammerchor Stuttgart und der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen vorzubereiten. Zuletzt erklang das Oratorium vor mehr als 40 Jahren in Wiesbaden unter der Leitung von Klaus Uwe Ludwig - möglicherweise die erste Aufführung seit dem 19. Jahrhundert. Eine wichtige Rolle hat Johannes als Erzähler und Augenzeuge. "Die engagierte Aussage des Johannes wird von Motiven des Orchesters kommentiert. Das ist eigentlich eine geistliche Oper, die sich hier bei den Rezitativen zeigt", erklärt Bernius seine Begeisterung für das Werk, die auch in Spohrs spezifischer Klangsprache mit überraschend viel Chromatik begründet liegt.
Neuedition des Passionsoratoriums
Beim Carus-Verlag wird voraussichtlich im Frühjahr 2026 Spohrs "Des Heilands letzte Stunden" in Druck erscheinen. Bernius‘ aufwendige Bearbeitung des Autografs mündete in eine Aufführung am Reformationstag 2023 in Bremen. Von dieser Aufführung ist auch eine CD-Aufnahme entstanden, die Sie in unserer Chormusik in Teilen hören können.
Eine Sendung von Chantal Nastasi
