Valentinstag: Warum küssen wir uns?
Am Valentinstag ist Liebe ein großes Thema. Ein Ausdruck von Zuneigung ist bei uns der Kuss, unter anderem der Zungenkuss. Und genau der hat für die Küssenden nicht nur in romantischer Hinsicht positive Effekte, sondern vor allem auch gesundheitlich!
Küssen ist in vielen Kulturkreisen eine romantische Geste. Charles Darwin war noch der Meinung, dass in fast allen Kulturen auf den Mund geküsst wird. Aber neuere Analysen gehen davon aus, dass es nur ungefähr 50 Prozent sind. In Europa gilt der Kuss auf den Mund wahrscheinlich seit ungefähr 5.000 Jahren als romantische Geste, das schlussfolgerten Forschende durch die Analyse von Herpesviren. Aber warum der Mensch küsst, das ist noch unklar. Thesen gibt es viele. Ein Grund könnte sein, dass der Testosteron-Gehalt im Speichel von Männern Frauen sexuell erregt. Eine andere mögliche Erklärung ist, dass Menschen sich küssen, um möglichst gesunde Nachkommen zu zeugen. Dabei geht es um den Haupthistokompatibilitätskomplex, kurz MHC-Komplex. Er enthält Gene, die für die erworbene Immunabwehr eine große Rolle spielen.
Geschwister können sich nicht immer gut riechen
"Genau genommen riecht unsere Nase nämlich das Immunsystem eines Gegenübers", sagt der Verhaltensbiologe und Buchautor Karsten Brensing. "Das ist auch der Grund dafür, warum sich unterschiedlich, geschlechtliche Geschwister oft nicht riechen können. In der Pubertät fängt das an: 'Du stinkst, wasch' dich mal! Aber tatsächlich riecht das kein anderer, sondern eben nur die Geschwister. Und das verhindert einerseits Inzucht, zum anderen sorgt das aber dafür, dass man ein Immunsystem findet, was das eigene ergänzt. Und dann werden die Nachkommen letztlich fitter, was das Immunsystem und den Kampf gegen Krankheiten anbelangt."
Soziale Aspekte können wichtiger sein als der Geruch
Dieses "Erschnuppern" klappt gut unter Laborbedingungen, sagt Ilona Croy, Professorin für klinische Psychologie an der Universität Jena, und erklärt, wie sie in ihren Studien vorgeht. Denn in der Realität spiele der Geruch nur eine untergeordnete Rolle. "Nur weil ich jemanden treffe, mit dem der Geruch gut stimmt, heißt das nicht, dass derjenige auch mit mir zusammen sein will. Der ist vielleicht schon verheiratet. Oder findet mich gar nicht so toll, oder ist vielleicht zehn Jahre jünger oder älter als ich. Bei uns spielen noch ganz viele andere Sachen eine Rolle, die den Geruchssinn überlagern."
Es gibt aber einen Bereich, in dem Studien zeigten, dass der MHC-Komplex einen größeren Einfluss hat, sagt Ilona Croy: die sexuelle Zufriedenheit. "Wenn ich eine Partnerschaft mit jemandem habe, hat das einen kleinen subtilen Einfluss auf die Sexualität. Nämlich dahingehend, dass die Paare, die sich unähnlich sind, die also genetisch besser zueinander passen, die berichten uns von einer besseren sexuellen Erfüllung miteinander."
Körpergeruch des Gegenübers ist wichtig für Sexualität
In einer Studie, die diesen Zusammenhang belegt, haben Forschende Paare gefragt, ob sie fremd gehen. "Und die Frauen, die sagen 'Ich bin fremdgegangen', die haben einen Partner, der dem MHC-Komplex ähnlich ist. Das bedeutet im Rückschluss, dass die Sexualität mit jemandem, der uns in unserem genetischen Profil sehr ähnlich ist, nicht so attraktiv ist. Das kann tatsächlich daran liegen, dass der Körpergeruch nicht so attraktiv für uns ist. Dann sind wir durch den Körpergeruch des anderen nicht so erregt. Dann ist die Sexualität auch nicht so dolle."
Möglicherweise kommt es also auch beim Küssen auf den Kontakt von Schleimhäuten an, sagt Ilona Croy. Denn um zu riechen, ob zwei Immunsysteme gut zueinander passen, würde eigentlich auch schon eine Umarmung ausreichen: "Wir machen das auch bei der Sexualität, dass wir quasi in die Schleimhaut einer anderen Person eintreten. Das ist beim Küssen genau das Gleiche. Wir treten in die Schleimhäute einer anderen Person ein." Warum Menschen sich küssen, kann die Forschung bisher also nicht abschließend klären.