Julia Krahn steht vor einer Fotografie auf der zwei Hände eine Raute bilden © Nds. Landesmuseum Hannover
Julia Krahn steht vor einer Fotografie auf der zwei Hände eine Raute bilden © Nds. Landesmuseum Hannover
Julia Krahn steht vor einer Fotografie auf der zwei Hände eine Raute bilden © Nds. Landesmuseum Hannover
AUDIO: "Frauenbilder": Ausstellung nimmt Blick auf Frauen in den Fokus (3 Min)

"Frauenbilder": Ausstellung nimmt Blick auf Frauen in den Fokus

Stand: 08.03.2025 09:52 Uhr

"Frauenbilder" heißt die neue Ausstellung im Landesmuseum Hannover. Historische Ölgemälde treffen auf zeitgenössische Fotografien der multidisziplinären Künstlerin Julia Krahn.  

von Andrea Schwyzer

Es beginnt mit Eva. An einem Punkt in der Geschichte also, wo sich die Rolle der Frau extrem verändert hat, glaubt Julia Krahn. Die Schlange als Symbol für weibliche Energie werde umgedacht: Sie ist jetzt gefährlich, muss gezähmt und kleingehalten werden. "Auf der einen Seite haben wir diese wunderschöne Figur von Rodin, weil das ist eine Frau, die sich in sich zusammenzieht, sich schämt, nicht zeigt", erklärt Julia Krahn. "Auf der anderen Seite haben wir dann meine Eva, die aus der Erde kommt, aus dem Schlamm. Die aber mit der Schlage spielt oder die Schlange zähmt oder eins mit der Schlange wird."

Bei Julia Krahn holt sich Eva ihre Selbstbestimmung zurück, die ihr mit dem Sündenfall abgesprochen wurde. Dabei sei Eva doch eigentlich stark gewesen, findet die Künstlerin: "Die Frau hat sich mutig dazu entschieden, Bewusstsein zu haben. Und nicht einfach zu leben und unter einem Baum zu sitzen, sondern den Schmerz auf sich zu nehmen, weil sie wissen will, was Liebe und was Schmerz ist." Julia Krahn hat auf Einladung die Sammlung des Landesmuseums gesichtet. Ausgewählt hat sie Exponate, an denen sie über das Bild der Frau in unserer Gesellschaft sprechen kann.

Feminismus und patriarchale Strukturen

Die Darstellung des weiblichen Torsos von Heinrich Schulz etwa. Eigentlich sei darauf alles zu sehen, was die Frau ausmache, sagt Julia Krahn - natürlich aus männlicher Sicht: Ein weich geschwungener Körper von Hals bis Oberschenkel. Doch sie ist handlungsunfähig, hat keine Arme, keine Beine, keinen Kopf zum Denken.

Männer haben das Bild der Frau geprägt, zeigen sie sinnlich badend, sich waschend, grad so, als wäre es eine Einladung, sie zu pflücken. Denken wir an die Susanna im Bade, die von zwei älteren Männern belästigt, fast vergewaltigt wird. "Die Frau wird instrumentalisiert", sagt Krahn. "Der Körper wird benutzt, als Hingucker, aber die Geschichte wird überhaupt nicht erzählt. Der Punkt der Geschichte ist ja dramatisch, und das ist nicht da." Auch heute noch wird das Bild der Frau benutzt, um zu verkaufen und zu verschönern. Denken wir an die Werbung, an Hollywood. Die Grundsubstanz in der Darstellung der Frau habe sich nicht verändert, sagt Julia Krahn. Selbst der Feminismus sei oft nur ein Abklatsch patriarchaler Strukturen: Frauen stülpten sich männliche Muster über. Dabei liege in den Frauen das Potenzial für echte Veränderung.

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Symbiose mit der Natur führt zu Veränderung

Frauen kümmern sich, das zeigen sowohl die Gemälde, wo Mütter ihre Kinder behüten, als auch Julia Krahns Fotografien. Auf einem Bild wäscht die Künstlerin beispielsweise ihre Mutter, die auf einer Trage liegt. Ein Foto zeigt sie mit ihrem Vater - er liegt wie ein übergroßes Kind in ihrem Schoß. Eine verdrehte Pietà. Julia Krahn wünscht sich eine Umdeutung jener weiblichen Zuschreibungen, die vermeintlich als schwach gelten. Das Empfindsame, Mitfühlende, Sorgende ist für die 46-Jährige der Schlüssel zu echter Gemeinschaft. Wir wachsen, wenn wir andere wachsen lassen "und wenn wir das an der Natur abgucken, zum Beispiel bei Bäumen sehen, wie der Mutterbaum genau den Baum nährt, der weniger Wasser abbekommt. Er kriegt Extra-Nährstoffe, weil er sie braucht, weil die Gemeinschaft des Waldes nur funktioniert, wenn der Wald da ist." Das gelte auch für die Menschheit, ergänzt Julia Krahn.

Neben der Eva, zu Beginn der Ausstellung, hängt die Fotografie von zwei Beinen. Das rechte wird von einer faserigen Baumrinde umhüllt und wird von ihr geschützt. Die Rinde erinnert an eine Schlangenhaut, so als würde sich das Bein der Frau häuten, also erneuern. In Symbiose mit der Natur eine echte Veränderung herbeiführen. Diese Utopie stellt Julia Krahn mit ihrem Dialog eindrücklich in den Ausstellungsraum.

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Im Landesmuseum Hannover treffen historische Ölgemälde auf zeitgenössische Fotografien der Künstlerin Julia Krahn.  

Art:
Ausstellung
Datum:
Ende:
Ort:
Niedersächsisches Landesmuseum Hannover
Willy-Brandt-Allee 5
30169 Hannover
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Sonnabend | 08.03.2025 | 06:40 Uhr

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