"Tausend Augen": Ausstellung taucht in Geschichte des Rowohlt Verlages
Der Rowohlt Verlag wurde 1908 gegründet. Heute zählt er zu einem der erfolgreichsten deutschen Verlage. Unter dem Titel "Tausend Augen. Die Geschichte des Rowohlt Verlags" zeigt die Staats- und Universitätsbibliothek jetzt Schätze der Literaturgeschichte.
In einer Vitrine liegt das absolute Highlight: Franz Kafkas erstes Buch. Kurz nach der Gründung des Verlags 1912 wurde es bei Rowohlt veröffentlicht. Kurator Michael Töteberg sagt: "'Betrachtung' ist eigentlich eine Rarität, ein Buch, von dem es nur 300 Exemplare gibt."
Gleich daneben ein Brief Franz Kafkas, den er vorher an den Verleger Ernst Rowohlt geschrieben hat. "Er schreibt, eigentlich würde er sehr zögern, ob das wirklich gut sei, was er geschrieben hat", erzählt der Kurator, "aber es würde ihn doch so reizen, dass er unter den schönen Büchern des Rowohlt Verlags auch gern eins hätte." Allerdings hat Kafka den Namen Rowohlt falsch geschrieben: "Rohwohlt" - mit "h" nach dem "Ro". Zufall? Wohl weniger, meint Töteberg: "Ich glaube, das ist kein Zufall, weil er fand den etwas derb und nicht so feinsinnig, wie Franz Kafka selbst ist."
Erstausgaben und Fotografien vom Who's Who der Literaturgeschichte
Nun kann man diese Schätze entdecken. Der Verlag hat vor kurzem sein komplettes Buch-Archiv an die Stabi übergeben, über 25.000 Titel. "Mit Kurt Tucholsky und mit Hans Fallada, aber auch schon die ersten Amerikaner. 1929/30 lernte Ernst Rowohlt Ernest Hemingway kennen. Da gibt es auch ganz nette Briefe aus der Zeit. Während der Nazizeit war Hemingway verboten, aber 1946 schreibt Ernest Hemingway wieder an Ernst Rowohlt: "Gut, dass wir uns nicht gegenseitig erschossen haben, jetzt können wir weitermachen", so der Kurator.
Erstausgaben, Fotografien, ein Who's Who der Literaturgeschichte. Wie kam Rowohlt an diese Namen? Martin Setzke, ein weiterer Kurator, der seit 15 Jahren bei Rowohlt arbeitet sagt: "Durch die Schrotflinte der Programmplanung hat er es geschafft, immer wieder Volltreffer zu landen, die bis heute relevant geblieben sind. Rowohlt hatte schon immer ein Gespür für Experimente. Er hat viel ausprobiert, war innovativ, hat aber die ganze Bandbreite publiziert - von einfacher Unterhaltung bis experimentelle Literatur."
Von Manga bis Schullektüre
Das erste Buch von Elfriede Jelinek ist da zu sehen, aber auch bahnbrechende Comics wie "Maus", über die Schrecken des Holocaust. Genauso wie Ralf Königs "Der bewegte Mann", mit dem schüchtern-verschraubten nackten Mannsbild auf dem Titel - längst Teil der Popkultur. Eine Vitrine füllen internationale Ausgaben von Wolfgang Herrndorfs "Tschick" - ein Welterfolg. "Vier Millionen verkaufte Exemplare! Es ist natürlich einerseits Schullektüre und andererseits auch eine Schullektüre, die die Schüler wirklich auch gerne lesen", so Kurator Michael Töteberg.
"Barfuß durch Hiroshima", der erste Manga, der je in deutscher Sprache erschienen ist, liegt neben Erstausgaben von Skandal-Büchern wie Nabokovs "Lolita" oder Werken von Henry Miller: Bücher, die als Pornografie verschrien waren. Rolf Hochhuths "Der Stellvertreter" war der vielleicht größte deutsche Theaterskandal, in dem die Verquickung zwischen Nazideutschland und dem Vatikan thematisiert wird. Ernst Rowohlt hatte keine Angst, sagt Martin Setzke: "so konnte er dadurch Dinge publizieren, die überraschen und dann oft auch bleibend geblieben sind." Die kleine Ausstellung erzählt anhand von Büchern, Handschriften und Videos die Geschichten über Literatur, die selbst zu Legenden geworden sind.
Bücherfans kommen auf ihre Kosten
Bücherfans kommen hier voll auf ihre Kosten. Ringsum blicken einen die Autoren und Autorinnen auf Fotos an, auch Zeitgenossen wir Daniel Kehlmann und Siri Hustvedt. Aus "Tausend Augen", so der Titel der Ausstellung, passt gut. "Na das ist eigentlich ein Zitat von Ernst Rowohlt", erzählt Michael Töteberg. "Der wurde gefragt: 'Was haben Sie denn für einen Verlag, Sie bringen dieses und jenes?' Dann hat er gesagt: 'Mein Verlag hat kein Gesicht, sondern er hat tausend Augen'".
"Tausend Augen": Ausstellung taucht in Geschichte des Rowohlt Verlages
Die Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek zeigt Schätze der Literaturgeschichte. Bücherfans kommen hier voll auf ihre Kosten.
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