Selten: Vaterfiguren in der bildenden Kunst
Liebevolle Mütter, stolze Mütter, Rabenmütter: Wer ins Museum geht, wird feststellen: Es gibt zahllose Gemälde, die Frauen mit ihren Kindern zeigen. Darstellungen von Männern mit ihren Söhnen und Töchtern dagegen sind Mangelware.
Der Wiener Textilfabrikant Rudolf Arthaber muss ein bemerkenswerter Mann gewesen sein. 1837 ließ er sich von dem Maler Friedrich von Amerling porträtieren. Nicht, wie man annehmen könnte, als stolzer Unternehmer, sondern als zärtlicher Vater. Zusammen mit seinen drei Kindern sitzt er auf einem Biedermeiersofa: "Die sitzen auf seinem Schoß, die knien vor ihm, und im Hintergrund ist das Bild der verstorbenen Mutter zu sehen. Also das ist ein Bild, was mich ungemein interessiert, weil das einem Vaterbild entspricht wie wir uns das heute auch wünschen." Eine Darstellung, für die es Anfang des 19. Jahrhunderts kaum Vorbilder gab, erklärt die Kunsthistorikerin Johanna Schwanberg.
Thema Zärtlichkeit und Beziehung eher mit Frauen assoziiert
Bis dahin waren Familienporträts eher statisch: Der Mann - meistens stehend - als Hauptfigur und Autoritätsperson. Frau und Kinder aufgereiht an seiner Seite. Solche Gemälde sollten den Machtanspruch adeliger Dynastien versinnbildlichen. Oder, in späteren Jahrhunderten, Status und Reichtum wohlhabender Bürger zur Schau stellen, erklärt Schwanberg. "Das hängt mit der gesellschaftspolitischen Situation zusammen, mit der Art wie Männer und Frauen im Laufe der Geschichte gesehen wurden. Und da war das Thema der Zärtlichkeit, der Nähe, der Beziehungen eher mit dem Weiblichen assoziiert und der Mann mit Macht und mit Repräsentation. Insofern war das Interesse nicht da, die Beziehung zwischen Vätern und ihren Kindern darzustellen."
Darstellungen mit Vaterschaft bleiben Rarität
Mit dem Aufkommen der Psychoanalyse Ende des 19. Jahrhunderts wird das Beziehungsgeflecht innerhalb von Familien immer öfter zum Thema der Kunst. Dennoch bleiben bis heute Darstellungen, die sich explizit mit "Vaterschaft" beschäftigen, eine Rarität. Als die Direktorin des Wiener Dom Museums, Johanna Schwanberg, für ihre Ausstellung "Family Matters" nach solchen Bildern suchte, stieß sie vor allem auf Werke von Künstlerinnen. Besonders berührend fand sie die Selbstporträts von Maria Lassnig: "Wo sie sich in Beziehung zu ihrem Vater zeigt, der eben sehr früh in der Familie abwesend war. Sie zeigt in imaginierten Bildern diesen Vater in einer sehr gewaltsamen oder autoritären Position."
Weitere Künstler*innen, die Väter abbilden
Gewalt innerhalb von Familien thematisiert auch die Französin Iris Legendre, die historische Schwarz-Weiß-Porträts von Vätern und Müttern mit Nägeln und Steinen traktiert. Die deutsche Fotokünstlerin Katharina Mayer dagegen lässt Emotionen beiseite, wenn sie dokumentiert, welche Lebensformen weltweit unter dem Begriff "Familie" zusammengefasst werden. Eines ihrer großformatigen Bilder zeigt ein schwules Paar, das sich mit seinen Adoptivkindern auf dem Sofa entspannt.
Nach Darstellungen von Vätern - so das Fazit - muss man in Museen und Galerien suchen. Doch wenn man sie findet, lohnt es sich genauer hinzusehen. Zum Beispiel, um die erstaunliche Entdeckung zu machen, wer der erste Patchwork-Vater in der Geschichte der Bildenden Kunst war: Kein anderer als Josef von Nazareth, erklärt Schwanberg, der nicht der leibliche Vater sei, aber der dieses Kind sehr liebevoll aufziehe. "Das findet sich auch in der Kunstgeschichte wieder, wo es sehr zärtliche Bilder gibt, die Josef mit dem Jesusknaben zeigen."