Ein Mann sitzt auf einem Sessel, auf seinem Schoß sitzt seine Tochter und davor zwei Söhne. © picture-alliance / Rainer Hackenberg Foto: Rainer Hackenberg
Ein Mann sitzt auf einem Sessel, auf seinem Schoß sitzt seine Tochter und davor zwei Söhne. © picture-alliance / Rainer Hackenberg Foto: Rainer Hackenberg
Ein Mann sitzt auf einem Sessel, auf seinem Schoß sitzt seine Tochter und davor zwei Söhne. © picture-alliance / Rainer Hackenberg Foto: Rainer Hackenberg
AUDIO: Das Väterbild in der bildenden Kunst (4 Min)

Selten: Vaterfiguren in der bildenden Kunst

Stand: 27.02.2023 10:07 Uhr

Liebevolle Mütter, stolze Mütter, Rabenmütter: Wer ins Museum geht, wird feststellen: Es gibt zahllose Gemälde, die Frauen mit ihren Kindern zeigen. Darstellungen von Männern mit ihren Söhnen und Töchtern dagegen sind Mangelware.

von Silke Lahmann-Lammert

Der Wiener Textilfabrikant Rudolf Arthaber muss ein bemerkenswerter Mann gewesen sein. 1837 ließ er sich von dem Maler Friedrich von Amerling porträtieren. Nicht, wie man annehmen könnte, als stolzer Unternehmer, sondern als zärtlicher Vater. Zusammen mit seinen drei Kindern sitzt er auf einem Biedermeiersofa: "Die sitzen auf seinem Schoß, die knien vor ihm, und im Hintergrund ist das Bild der verstorbenen Mutter zu sehen. Also das ist ein Bild, was mich ungemein interessiert, weil das einem Vaterbild entspricht wie wir uns das heute auch wünschen." Eine Darstellung, für die es Anfang des 19. Jahrhunderts kaum Vorbilder gab, erklärt die Kunsthistorikerin Johanna Schwanberg.

Thema Zärtlichkeit und Beziehung eher mit Frauen assoziiert

Bis dahin waren Familienporträts eher statisch: Der Mann - meistens stehend - als Hauptfigur und Autoritätsperson. Frau und Kinder aufgereiht an seiner Seite. Solche Gemälde sollten den Machtanspruch adeliger Dynastien versinnbildlichen. Oder, in späteren Jahrhunderten, Status und Reichtum wohlhabender Bürger zur Schau stellen, erklärt Schwanberg. "Das hängt mit der gesellschaftspolitischen Situation zusammen, mit der Art wie Männer und Frauen im Laufe der Geschichte gesehen wurden. Und da war das Thema der Zärtlichkeit, der Nähe, der Beziehungen eher mit dem Weiblichen assoziiert und der Mann mit Macht und mit Repräsentation. Insofern war das Interesse nicht da, die Beziehung zwischen Vätern und ihren Kindern darzustellen."

Darstellungen mit Vaterschaft bleiben Rarität

Eine Frau mit blonden, schulterlangen Haaren schaut ernst zur Seite. © picture alliance / ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com Foto: Roland Schlager
Die Leiterin des Dom Museum Wien, Johanna Schwanberg.

Mit dem Aufkommen der Psychoanalyse Ende des 19. Jahrhunderts wird das Beziehungsgeflecht innerhalb von Familien immer öfter zum Thema der Kunst. Dennoch bleiben bis heute Darstellungen, die sich explizit mit "Vaterschaft" beschäftigen, eine Rarität. Als die Direktorin des Wiener Dom Museums, Johanna Schwanberg, für ihre Ausstellung "Family Matters" nach solchen Bildern suchte, stieß sie vor allem auf Werke von Künstlerinnen. Besonders berührend fand sie die Selbstporträts von Maria Lassnig: "Wo sie sich in Beziehung zu ihrem Vater zeigt, der eben sehr früh in der Familie abwesend war. Sie zeigt in imaginierten Bildern diesen Vater in einer sehr gewaltsamen oder autoritären Position."

Weitere Künstler*innen, die Väter abbilden

Gewalt innerhalb von Familien thematisiert auch die Französin Iris Legendre, die historische Schwarz-Weiß-Porträts von Vätern und Müttern mit Nägeln und Steinen traktiert. Die deutsche Fotokünstlerin Katharina Mayer dagegen lässt Emotionen beiseite, wenn sie dokumentiert, welche Lebensformen weltweit unter dem Begriff "Familie" zusammengefasst werden. Eines ihrer großformatigen Bilder zeigt ein schwules Paar, das sich mit seinen Adoptivkindern auf dem Sofa entspannt.

Nach Darstellungen von Vätern - so das Fazit - muss man in Museen und Galerien suchen. Doch wenn man sie findet, lohnt es sich genauer hinzusehen. Zum Beispiel, um die erstaunliche Entdeckung zu machen, wer der erste Patchwork-Vater in der Geschichte der Bildenden Kunst war: Kein anderer als Josef von Nazareth, erklärt Schwanberg, der nicht der leibliche Vater sei, aber der dieses Kind sehr liebevoll aufziehe. "Das findet sich auch in der Kunstgeschichte wieder, wo es sehr zärtliche Bilder gibt, die Josef mit dem Jesusknaben zeigen."

Weitere Informationen
Kind mit rotem Umhang und Mann mit Bart © imago images/Westend61

Väterstudie: Das Ideal des "aktiven" Papas

Väter wollen heute mehr sein als nur der Ernährer, so eine Studie der Fachhochschule Kiel und der TU Braunschweig. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch in den Tag | 27.02.2023 | 08:15 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Museen

Malerei

Ein leerer Bilderahmen hinter Polizei-Absperrband. © NDR Foto: Foto: [M] Aleksandr Golubev | istockphoto, David Wall | Planpicture

Kunstverbrechen - True Crime meets Kultur

Lenore Lötsch und Torben Steenbuck rollen spektakuläre Kunstdiebstähle auf. Sie nehmen uns mit an Tatorte, treffen Zeugen und Experten. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Sänger Maxim von der Band The Prodigy während eines Auftritts in Kopenhagen 2023. © picture alliance / Gonzales Photo/Nikolaj Bransholm Foto: Gonzales Photo/Nikolaj Bransholm

Hurricane Festival: The Prodigy, Apache 207 und Sam Fender 2025 dabei

Die englische Elektro-Punk-Band The Prodigy und ein Who-is-Who der deutschen Pop- und HipHop-Szene haben sich für kommendes Jahr angekündigt. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?