"Vier auf einen Strich": Wilhelm-Busch-Museum zeigt Comic-Kunst
Mit dem Programm "Schreibzeit" fördert die Stiftung Niedersachsen gegenwärtige Erzählstimmen und -formen. Im Wilhelm Busch Museum für Karikatur und Zeichenkunst in Hannover sind nun vier Künstler zu entdecken, die Graphic Novels gezeichnet haben.
Ein Mann in einer öden Landschaft. Von oben ragen links und rechts Beine und Stiefel wie von Erhängten ins Bild, blutrot läuft eine Flüssigkeit in die Ebene. Katia Fouquet zeigt zwei Ansichten ihres Großvaters. Eine steht für die Familien-Erzählung, die andere für die ganze Wahrheit: Der Großvater, der 1949 aus dem Krieg zurückkam war nicht nur Opfer, wie es in der Familie stets hieß, sondern auch Kriegsrichter. Das haben Katia Fouquets Recherchen in diversen Archiven ergeben: "Ich fand diese kindheitlichen Ideen ganz spannend, wenn man erzählt bekommt: der war da und die haben gefroren, und die hatten nichts zu essen. Das war ja so die Narration, immer auf diesen Opfermythos zu gucken und nicht auch auf die Täterschaft, um die es mir ja eigentlich geht."
Ganz unterschiedlich sind die vier Positionen der ausgestellten Stipendiaten. Da ist der US-Amerikaner Everett Glenn, der sich ins Atelier des norddeutschen Künstlers Hugo Körtzinger im Wendland zurückgezogen und eine Kriminalgeschichte aus dem Kunstsammler-Milieu in klassischer Comic-Optik gezeichnet hat. Eher architektonisch wirkt die Graphic Novel des gebürtigen Niederländers Joris Bas Backer. Wohnungsgrundriss und Plattenbau hat er skizziert, in Sprechblasen stehen Dialoge. "Ich habe am Anfang auch gedacht: Wird einem eigentlich nicht etwas genommen, wenn ich gleich ein Bild kriege zu dem, was ich lese?” fragt sich Gesa Schönermark von der Stiftung Niedersachsen, die die Ausstellung fördert. "Aber es ist ja eine andere Art von Text. Es ist ja häufig ein Gespräch. Es sind ja Gedankenblasen - es sind Ergänzungen."
Graphic Novel: Bandbreite vom Krimi über Dokumentation bis zur Geschichte
Ein echter Hingucker sind die Tuschezeichnungen von Oliver Grajewski. Nicht nur, weil sie unten an der Wand kurz vor der Fußleiste kleben. Auch mit ihrem grafisch-reduzierten Strich und den lakonischen Kommentaren ihrer Protagonisten lassen sie einen stutzen. "Bei mir wirkt das Zeug nicht", ist da etwa in einer Gedankenblase eines Galeriebesuchers vor einer Gemälde-Wand zu lesen. Für die Direktorin des Wilhelm-Busch-Museums Eva Jandl-Jörg ein willkommener Impuls: "Ich wünsche mir, dass unser Publikum für sich selber mitnimmt, zum Beispiel bei Katja Fouquet: einfach genauer hinzuschauen, bei Everett Glenn: neugierig zu sein oder bei Joris Bas Backer: auch einmal in die Tiefe zu gehen."
Es ist eben wie in der Belletristik: Auch in der Graphic Novel gibt es die Bandbreite vom Krimi über die Dokumentation bis hin zur Geschichte mit Ich-Erzählerin, das zeigt diese kleine, aber inspirierende Ausstellung im Wilhelm Busch Museum in Hannover. Und mehr davon gibt es demnächst auch im Diskussionsformat: Sechsmal im Jahr will Eva Jandl-Jörg zu Comic-Salons einladen.
"Vier auf einen Strich": Wilhelm-Busch-Museum zeigt Comic-Kunst
Im Wilhelm Busch Museum für Karikatur und Zeichenkunst in Hannover sind vier Comic-Künstler und ihre Arbeiten zu entdecken.
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Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst
Georgengarten 1
30167 Hannover
