Neue Graphic Novels: "Ein Hundeleben", "Dorian Gray" und ein Brüssel-Comic
Wir stellen drei neue Graphic Novels vor: eine Geschichte über einen zweifelnden Maler, eine zeichnerische Übersetzung eines Klassikers der Weltliteratur und eine Mischung aus Sachbuch und Reiseführer.
"Ein Hundeleben" von Matthias Arégui
Eine alte indische Weisheit sagt: Zweifel tötet Selbstvertrauen. Von diesen Zweifeln hat der Maler John Morose in der Geschichte von Matthias Arégui leider jede Menge, obwohl er großes Talent besitzt. Sein Malerkollege und Nachbar Hans Dubonheur ist ein missgünstiger Narzisst und an dieser Situation nicht ganz unbeteiligt. Alles ändert sich, als John durch schicksalhafte Umstände Besitzer eines kleinen, schwarzweißen, knuddeligen Hundes wird, der ihm alle Zweifel nimmt und John sein wahres Talent entfalten lässt. Doch wer glaubt, damit sei die Geschichte erzählt, irrt. Denn wie das Leben so spielt, passiert noch einiges Unvorhergesehenes.

"Ein Hundeleben", so der Titel dieser ebenso berührenden wie erfrischenden Geschichte, ist eine Mischung aus philosophischen Gedanken und alltäglichen Momenten. Der in Straßburg lebende Autor hat schon in Quebec und Rom gearbeitet und natürlich auch gezeichnet. Mit seinen Figuren geht er liebevoll um, mit John, der Hauptfigur, dem toxischen Nachbarn oder dem empathischen Briefträger. Rund und grafisch klar zeigt er sie und stellt ihnen wilde und lebendige Situationen oder Augenblicke gegenüber. Vollfarbe und ein dem jeweiligen Moment angepasster Seitenaufbau lassen einen diese Graphic Novel inhalieren wie einen langen, tiefen Atemzug. Große Kunst auf 128 Seiten.
"Dorian Gray" von Enrique Corominas
Um die Schönheit, die Malerei und das Leben, beziehungsweise den Tod, geht es auch bei Oscar Wildes "Dorian Gray". Die Romanvorlage von rund 300 Seiten hat Enrique Corominas eingekocht und in eine Graphic Novel gepackt. Der junge und äußerst hübsche Dorian Gray steht Modell für einen Maler. Von sich selbst berauscht, wünscht sich Dorian, der ein bisschen an eine Schaufensterpuppe und einen Beau aus den 1920er-Jahren erinnert, mit seinem Schnurrbart und dem güldenen, gewellten Haar, dass das Bild statt seiner altert - und so passiert es. Mit verheerenden Folgen. Gray mutiert zu einem seelischen Monster.

Der Spanier Enrique Corominas findet für die Roman-Umsetzung eindringliche Bilder: Jugendstil-haft in Aquarell, die zu flirren und zu atmen scheinen. Jede seiner Zeichnungen ist ein kleines Gemälde voller Details und zeichnerischer Meisterklasse. Er lässt das Fin de Siècle nochmals auferstehen mit seiner Dekadenz und Herablassung gegenüber der Kunst und den Menschen. Wie eine Oper in vier Akten illustriert Corominas den Fall des Dorian Gray und der Gesellschaft, die ihn umgibt. Eine atemberaubende zeichnerische Übersetzung eines Klassikers der Weltliteratur.
"Brüssel. Der große Traum" von François Schuiten und Benoît Peeters
Die Stadt Brüssel ist für viele, architektonisch gesehen, eine ambivalente Stadt - wie auch für die Brüsseler selbst. "Wir sind ein kleines Land mit Komplexen. Es hat eine kurze Geschichte, die es nicht möglich gemacht hat, eine Identität zu entwickeln. Wir sind wie Bastarde - ein Teil von allem. Das verhinderte wohl, dass wir eine eigene Kultur entwickelten. Brüssel ist so vielen Einflüssen ausgesetzt, dass man vielleicht gar nicht erkennt, was seinen Reiz ausmacht", sagt der Zeichner François Schuiten, der zusammen mit Benoît Peeters eine Comic-Reihe über ihre Heimatstadt entworfen hat. "Die geheimnisvollen Städte" heißt sie und wurde in Frankreich über eine Million Mal verkauft und in 15 Sprachen übersetzt.
Nun liegt der bislang letzte Band "Brüssel" auch auf Deutsch vor. Dieser ist eine Mischung aus Sachbuch und Reiseführer. Die Autoren bedienen sich zahlreicher Quellen, lassen Geschichte auferstehen, erklären Ursprünge und beschreiben Gegenwärtiges. Haben sie in den vergangenen Bänden noch ihre Kritik an den Bausünden und den übereifrigen Stadtplanungen geäußert, so versöhnen sie sich mit ihrer Heimatstadt wieder, und das sieht man in den verschiedenartigen Zeichnungen, ob Buntstift, Radierung oder Schwarzweiß-Skizze. "Brüssel. Der große Traum", so der Titel, gelingt der Spagat zwischen Doku und Comic - nicht nur für Brüssel- und Architektur-Liebhaber geeignet.
Schlagwörter zu diesem Artikel
Comic
