"Zeter und Mordio": Graphic Novel über Mord an Hamburger Juden
Ein Hamburger verschwindet. Und keiner ermittelt. Weil er Jude ist. Jens Cornils beschreibt in seiner Graphic Novel "Zeter und Mordio", wie die jüdische Gemeinde in Hamburg Ende des 17. Jahrhunderts einem Mörder auf die Schliche kommt.
Daniel Ben Mose ist verschwunden. Die Behörden scheint das nicht zu interessieren, es ist 1687. Daniel Ben Mose ist Jude. Die Bürgerschaft würde die Hamburger Juden am liebsten loswerden, der Hamburger Rat, vergleichbar mit dem heutigen Senat, setzt sich ein Stück weit für sie ein. "Sie hatten eigentlich kein Recht in der Stadt zu sein, das hatte die Bürgerschaft irgendwann mal durchgesetzt. Der Rat hat es aber trotzdem geduldet, dass sie da bleiben konnten. Deswegen hatten sie immer Angst aus der Stadt vertrieben zu werden", erzählt Zeichner und Autor Jens Cornils.
Da niemand hilft, beginnt die freche und selbstbewusste Rebekka selbst der Sache nachzugehen. Denn sie hört, dass der Verschwundene Kontakt zum Sohn der einflussreichen Hamburger Familie Meinecke hatte. Nach viel Überzeugungsarbeit ordnet der Hamburger Rat eine Durchsuchung von Meineckes Haus an. Dort findet man Daniel Ben Moses Leiche. All das lässt der Autor in einem Hamburg der Wirtshäuser, engen Gassen und Marktplätze spielen.
Spannender Krimi, hochunterhaltsam und auch lustig
"Das war alles sehr schwierig. Aus der Zeit ist einfach wahnsinnig wenig erhalten geblieben. Hamburg war nicht die Stadt wie Amsterdam, wo viele Gemälde aus der Zeit erhalten geblieben sind. Ich habe mir dass dann selber so ein bisschen zusammengereimt und den Experten vom Institut für die Geschichte der deutschen Juden und dem Museum für Hamburgische Geschichte zum gegenchecken gegeben", sagt Cornils. Da sei aber oft als Antwort "Wissen wir auch nicht" gekommen, für Kreative wie ihn kein Problem: "Meine künstlerische Freiheit war gefragt".
Es ist ein richtig spannender Krimi geworden. Rebekka ist Jüdin, sie ist eine Frau, der Verdächtige ist weg, nach Altona gereist, das damals dänisch ist, und wo ihn die Hamburger nicht belangen können. Das könnte ein düsterer Thriller sein. Ist es aber nicht. Hochunterhaltsam und oft lustig, die Figuren haben Knollennasen, gezeichnet im Stile von Asterix oder Tim und Struppi: "Ich wusste ja, dass das Buch möglicherweise in Schulprojekten zum Einsatz kommt. Es konnte daher nicht in so eine düstere Richtung gehen. Ich wollte das ganze auch so ein bisschen wegbringen von dieser Ernsthaftigkeit. Denn es geht ja auch darum, dass jüdisches Leben damals nicht nur von Verfolgung und Angst geprägt war, sondern in bestimmten Fällen auch eine Leichtigkeit hatte."
Es wird auch Platt gesnackt
Angefangen hat die Buchidee damit, dass das Institut für die Geschichte der deutschen Juden einen Comiczeichner suchten. Für ein Projekt, mit dem man an die Schulen gehen könnte, das aber nicht noch eine weitere Holocaustgeschichte erzählt. Cornils geht sehr respektvoll mit der jüdischen Kultur um, zeichnet die Synagoge am Schabbes, wie man traditionelle Hefezöpfe macht.
Und es ist ein Hamburg-Buch, es wird viel Platt gesnackt. "Ich hab das ehrlich gesagt mit einem 'Oversetter', so eine Art Google-Translate für Plattdeutsch, gemacht. Und dann nochmal von Menschen, die des Plattdeutschen mächtig sind, gegenlesen lassen., berichtet Cornils. Seine Graphic Novel, die im Avant-Verlag erschienen ist und 25 Euro kostet, erzählt rasant von einem wahren Mord und der Stadt Hamburg am Ende des 17.Jahrhunderts. Eine Zeit, über die viele kaum etwas wissen. Es ist ein super Einstieg, um sich mal tiefer damit zu beschäftigen.