Graphic-Novel-Tipps im Dezember: Zwei Mangas und H.P. Lovecraft
Wir stellen eine märchenhafte Coming-of-Age-Geschichte vor, einen Manga über den größten Schwertkämpfer aller Zeiten und ein fiktives Biopic über den Horror-Autor Howard Phillips Lovecraft.
"Children of Grimm" von Aljoscha Jelinek und Blackii
Mit einem "Happy-End-Wumms" geht es los. Er kommt von Boy, einem Findelkind im Teenager-Alter, das im Königreich Spectasia groß wird und versucht, irgendwie mit seinen Superkräften umzugehen. Sein Traum ist es, ein großer Märchenheld zu werden. Er wächst bei Kasper, einem bärtigen Bäcker auf und muss anfangs Schmalzsemmeln und Eierbrötchen verteilen, anstatt Heldentaten zu vollbringen. Doch das ändert sich, als zwei Schurken das beschauliche Örtchen heimsuchen, um an eine Truhe zu kommen, in der das Erbe der Gebrüder Grimm verwahrt wird.
Diese ebenso fantastische wie märchenhafte Coming-of-Age-Geschichte stammt aus der Feder von Aljoscha Jelinek, der zwischen Osnabrück und Bielefeld wohnt. Die Zeichnungen kommen von der deutschen Mangaka Blackii, alias Mareike Noske. Sie beherrscht den japanischen Zeichenstil meisterhaft. Erinnerungen an Manga-Legenden wie "Dragon Ball" oder "One Piece" kommen beim Blättern schnell hoch. Strubbelfrisuren, kraftvolle Mimik, energiegeladene Action, witzige sowie freche Situationen und Dialoge machen den ersten Band zu einem Pageturner. "Dragon Ball" und Konsorten waren einmal - das Zeitalter der "Children of Grimm", so der Titel der neuen Manga-Reihe, beginnt jetzt.
"Vagabond" von Takehiko Inoue
Auch ein Manga, präsentiert sich "Vagabond" ganz anders. Historisch am Anfang der Edo-Zeit im feudalen Japan angelegt, also um 1600, begleiten wir den jungen Takezo Shinmen. Als 17-Jähriger überlebt er eine Schlacht und will daraufhin nichts Geringeres als eine Legende im Schwertkampf werden. Das Zeug dazu hat er: den Willen, die Schnelligkeit und die Kompromisslosigkeit.
Die Geschichte basiert auf dem Roman "Musashi" von Yoshikawa Eiji. Als Manga umgesetzt hat sie Takehiko Inoue. In feinen Zeichnungen mit zarten und detailreichen Schraffuren, bebildert er den Werdegang des jungen Mannes zum berühmtesten Samurai Japans. Natürlich fliegen da Knüppel, Schwerter, Lanzen, Körperteile und gerne auch mal Blutstropfen wie eine verschüttete Gemüsesuppe durch die Gegend. Allerdings gibt es auch viele ruhige Momente, in denen man das Zeitalter und die Traditionen des Landes besser versteht. Der Egmont-Verlag hat die Reihe in einer Wälzer-dicken, fast DIN-A4-großen Master-Edition nochmals veröffentlicht. Herausragend - nicht nur in diesem Winter.
"Der letzte Tag des Howard Phillips Lovecraft" von Romuald Giulivo und Jakub Rebelka
Er wird nur noch einen Tag leben: Der bedeutendste Autor fantastischer Horrorliteratur des 20. Jahrhunderts, H.P. Lovecraft, liegt in einem schäbigen Hospital im Sterben. Mit 46 Jahren hat ihn der Darmkrebs dahingerafft. Der Körper ausgemergelt, der Geist von Morphium und seinen teilweisen wirren Gedanken benebelt. Da steht plötzlich eine seiner Figuren vor seinem Sterbebett und sagt bedeutende Sätze wie: "Dass die Literatur über alles siegt, sogar über das Leben. Es bedeutet, dass selbst der Tod sterben kann." Bedeutsam sind aber nicht nur die Worte, sondern auch die Zeichnungen dieses außergewöhnlichen, fiktiven Biopics.
Romuald Giulivo und Jakub Rebelka finden für "Der letzte Tag des Howard Phillips Lovecraft", so der Titel, spannungsvolle Bilder aus einer dunklen und düsteren Farbmischung aus Rot, Schwarz und ein bisschen Weiß. Wir tauchen in den Kopf und den Geist des Horror-Autors mit psychedelischen Formen, traumatischen Begegnungen und rauschhaften Momenten. Die Erzählweise gibt die Komplexität der Lovecraft-Literatur eindrücklich wieder - überraschend, kompromisslos und inspirierend. Ein wunderbarer Einstieg, um die Welt des H.P. Lovecraft zu verstehen.