Neue Graphic Novels über David Bowie, AC/DC und Trio
Comics bilden die ganze Bandbreite von Genres ab - auch die der Biografien, genauer die der Band- und Künstler-Biografien. Drei davon stellen wir vor: "Low", "AC/DC - Das Comic!" und "Ab dafür".
"AC/DC - Das Comic!": Hard Rock-Musik-Doku als Comic
Anfang der 60er-Jahre hat das Stündlein für neue Pop- und Rockmusik geschlagen. Im Sommer 1963 nehmen die Beatles in Liverpool ihre vierte Single auf - und 200 Kilometer nördlich, im schottischen Glasgow, entschließt sich die Familie Young mit ihren sieben Kindern nach Australien auszuwandern. Im Gepäck: nicht nur der Wunsch nach Arbeit und einem besseren Leben, sondern, vor allem bei den Teenager-Jungs, der Wunsch danach, Musik zu machen. Ein paar Jahre später soll dieser Traum, vor allem für Angus und Malcolm Young, wahr werden. Ihre Band wird als AC/DC in die Musikgeschichte eingehen.
17 franko-belgische Zeichnerinnen und Zeichner erzählen die Geschichte der Band von den Anfängen, den Einflüssen, den Träumen über die Höhepunkte bis hin zu Schicksalsschlägen, wie dem plötzlichen Tod des Sängers Bon Scott 1980. Die Zeichenstile der 20 Kapitel sind mal grafisch, mal malerisch, mal cartoonesk wie bei Martin Trystram. Da wird teilweise ordentlich auf die Farbtube gedrückt oder verhalten, ja geradezu schüchtern, der Aquarellpinsel geschwungen. Unterbrochen werden die Kapitel von Begleittexten und Originalfotos. "AC/DC - Das Comic", so der einfache wie plakative Titel, ist eine echte Hard Rock-Musik-Doku in Comic-Form.
"Ab dafür - 10 Trio-Songcomics": Neue Deutsche Comic-Welle
Anfang der 80er-Jahre tritt eine kleine Band aus dem niedersächsischen Großenkneten auf die Musik-Weltbühne. Drei Alben wird Trio bis 1986 veröffentlichen. Nun gibt es ein weiteres, allerdings nur als Music-Comic-Compilation. Ein Best-of in zehn Comic-Strips von zehn großartigen deutschen Zeichnerinnen und Zeichnern. Das Line-Up verspricht einiges. Da trifft der Filz- und Buntstift von Jan Soeken bei dem Song "Los Paul" auf das grafisch Roughe mit Tintenaquarell von Jul Gordons "Bye Bye". Es macht Spaß, die Songs mit den Bildgeschichten zu verbinden und abzugleichen, da erschließt sich Neues und Unerwartetes. In Summe ist das Buch eine Neue Deutsche Comic-Welle - zauberhaft.
"Low" von Reinhard Kleist: Spannende Reise mit David Bowie
Drei Jahre ist es her, da konnten wir uns durch die Ziggy-Stardust-Zeit von David Bowie blättern - gezeichnet von Reinhard Kleist. Nun liegt der zweite und letzte Teil seines Bowie-Projekts vor. "Low" heißt der Band und setzt 1976 ein, an einem Ort, der auf den ersten Blick nicht ungeeigneter erscheint, "um eine zerrissene Seele zu retten", wie es gleich im ersten Bild heißt.
Bowie, ausgelaugt von der Los Angeles-Zeit mit seinen Drogenexzessen, Paranoia-Schüben und dem ganzen Hype um seine Person, braucht Abstand - viel Abstand. Da passt Berlin, genauer West-Berlin, perfekt. Eine Insel, umgeben von einer Mauer, in der die Kreativität brodelt.
Kleist nimmt sich Zeit, um Bowies Berliner Jahre so echt, aber auch so künstlerisch ansprechend wie möglich darzustellen. Da fliegt eine rote Taubenschar von Ost nach West über den orangenen Grenzstreifen, während die Sonne goldgelb untergeht und die legendären Hansa Studios an der Mauer lila Schatten werfen. Es sind die kleinen, teilweise unscheinbaren Dinge, die Kleists Erzählweise so groß werden lassen.
Der Zeichner spielt mit den Perspektiven, lässt Bowie ruhelos durch die Straßen der Stadt laufen, um ihn plötzlich als eine Figur aus den Kulissen hervorzuheben. Da wechseln sich monochrome Erinnerungsfetzen mit klar kolorierten Gegenwartsszenen. Für den Leser ist das Buch eine spannende Reise mit einem der wichtigsten Musiktalente der Pop-Ära. Man spürt Bowie atmen, hört den Tabak knistern, wenn er an der Zigarette zieht. Näher kann eine Comic-Biografie einem Künstler wohl kaum kommen. "Low", so der Titel, zeigt, dass Reinhard Kleist eine eigene Liga für Biopics etabliert hat.