Musikalische Comics: Graphic Novels im Dezember
Musik spielt immer eine wichtige Rolle im Leben - so natürlich auch in der Literatur und noch genauer in Graphic Novels. Drei davon handeln von großen Musikern.
"Sie wollen uns erzählen" - Zehn Tocotronic Songcomics
Gleich mit dem ersten Album "Digital ist besser” katapultierte sich Tocotronic vor 25 Jahren mit ihrem poetischen Indie-Rock auf die Playlists von lebens- und liebeshungrigen Teens und Twens. Seit dem gehört die vierköpfige Band um Sänger Dirk von Lotzow in die erste Liga der deutschen Rockmusik. Grund genug für Herausgeber Michael Büsselberg mit "Sie wollen uns erzählen” ein Comic-Songbook über diese - seine - Lieblingsband zu machen.
Zehn Zeichner und Zeichnerinnen haben sich für diesen Sammelband jeweils einen Song der Band geschnappt und sie Zeile für Zeile in einen Comic verwandelt. Unterschiedlicher könnten diese nicht sein. Sascha Hommers rundliche Knubbelfiguren stoßen da auf Moni Ports grafisch wild geprägte Bilder und die zerbrechlich wirkenden Figuren von Anna Haifisch auf die kubistische Umsetzung von Jim Avignon. Wenn Katja Klengel "Let there be rock” transformiert, glaubt man in das Lebensgefühl seiner Jugend zurück katapultiert worden zu sein.
Die kurzen Geschichten geben den Texten von Tocotronic ein neues Gesicht. So werden die rockigen Songs der Band zu stillen aber ebenso energiegeladenen Musikvideos zum Blättern.
Leonhard Cohen - "Like a bird on a wire"
Weniger energiegeladen ist dagegen der Band über den kanadischen Singer-Songwriter Leonard Cohen. Wir begegnen ihm in seiner letzten Stunde auf dem Boden seiner Wohnung in Los Angeles. Dort lässt er bewegungsunfähig sein Leben noch einmal Revue passieren.
Der kanadische Zeichner Philipp Girard mixt Stationen in der Biografie mit ein paar Liebesbeziehungen und einer Prise Melancholie. Das wirkt manchmal etwas zu sehr konstruiert und holzschnittartig. Wunderbar sind allerdings seine mit warmen kräftigen Farben kolorierten Panels. Seine Figuren erinnern dagegen oft an die Marionetten der Augsburger Puppenkiste mit ihren statischen Bewegungen. Girards Comic-Biopic über Leonard Cohen huscht auf 108 Seiten durch das vielschichtige Leben des Musikers und Autors. Für Comic-Liebhaber ist das genug - für Cohen-Fans allerdings zu wenig.
"Starmann"- David Bowie’s Ziggy Sturdust Years
Einen ganz anderen Weg hat Reinhard Kleist gewählt. Der Zeichner und Autor von Biografien über Johnny Cash oder Nick Cave widmet sich in seinem frisch erschienen Buch David Bowie und seiner Ziggy Stardust Zeit.
Kleist fackelt nicht lange. Schon mit dem Buchcover tauchen wir in die Pop-Art der 60er- und 70er-Jahre ein. Roy Lichtenstein selbst, könnte die ersten Seiten gestaltet haben. Knallige Farben, kräftiger Strich. Allein die Gestaltung ist gezeichnete Musik und die begleitet den Leser bis zur letzten Seite. David Bowie, der mit seiner Kunstfigur Ziggy Stardust aus dem Einheitsbrei der Londoner Musikwelt ausbrechen will und zu einer Galionsfigur des Business’ wird.
Reinhard Kleist gelingt einmal mehr, die Entwicklung einer Pop-Ikone spürbar werden zu lassen. Er zeigt und beschreibt sehr sensibel Bowies Ängste als Mensch, seine Wünsche als Künstler und seine Träume als Egozentriker. Die Bilder, die Kleist findet, strotzen vor Bewegung oder beruhigen, wenn notwendig. "Starman”, so der Titel des Buches, ist der Stern von Bethlehem am weihnachtlichen Graphic Novel Himmel.