Graphic Novels: "Audrey Hepburn", "Auf schwankendem Boden", "Erstkontakt"
Wir stellen ein Biopic über Schauspiel-Legende Audrey Hepburn vor, ein philosophisches Buch über die Ungenauigkeit von Erinnerungen und eine tiefgründige Geschichte über den Umgang mit sozialen Netzwerken.
"Audrey Hepburn" von Jean-Luc Cornette und Agnese Innocente
Für die Rolle der Prinzessin Ann in "Ein Herz und eine Krone" bekommt Audrey Hepburn 1954 ihren ersten und einzigen Oscar - vier Nominierungen werden folgen. Viel in ihrem Leben ist bis dahin passiert und wird danach noch folgen. Das erzählen der Belgier Jean-Luc Cornette und die Französin Agnese Innocente in ihrem Biopic. Letztere hat unter anderem einige Zeit für Disney gearbeitet - und das schimmert bei den Zeichnungen, besonders in der Mimik mit ihren großen Kulleraugen und der Alterslosigkeit einiger Figuren, auch durch.
Die Zeichner erzählen mit leichtem Strich, der oft an Sempé erinnert, und einer pastelligen Farbgebung Hepburns Leben chronologisch. Ihre Filmografie wird dabei etwas hölzern dramaturgisch eingeflochten - das schmälert das Lesevergnügen allerdings kein bisschen, vor allem wenn Gregory Peck, Sophia Loren oder Fred Astaire auftauchen. Die Graphic Novel zeigt Hepburn, wie sie war: selbstbewusst, zerbrechlich und mit großem Herzen. Absolut lesenswert.
"Auf schwankendem Boden" von Kerstin Wichmann
Das Prädikat "absolut lesenswert" trifft auch auf das Buch von Kerstin Wichmann zu. Die Hamburgerin gehörte 2022 mit einem Auszug aus der Graphic Novel zu einer der Finalistinnen des Berthold Leibinger Comic-Preises. Aus einem Auszug sind nun sechs gezeichnete Essays geworden. Sie handeln vom Erinnern an vorherige Generationen, von Begegnungen und dem eigenen Rollenverständnis - oder einfach von Familientreffen. Dafür zieht die Autorin Briefe, Postkarten und Fotos mit ein, die sie mit einem zarten, fast schüchternen Strich darstellt. So wird ein eisig-frostiger Januarwind zum wohl zartesten und stillsten Gesäusel in der Comic-Geschichte.
"Auf schwankendem Boden" ist ein leises Buch über die Genauigkeit beziehungsweise Ungenauigkeit von Erinnerung, die mit Zweifeln und Unsicherheit gespickt ist. Aus den vorsichtig mit Buntstift kolorierten Bildern entstehen sanftmütige kurze Geschichten und ein meisterlicher Dialog zwischen Inhalt und Darstellung. Ein philosophisches wie lebensnahes Buch.
"Erstkontakt" von Bruno Duhamel
Doug ist ein Aussteiger, seit drei Jahren geschieden. Typ: Anti-Establishment. Er lebt zurückgezogen in den schottischen Highlands am Wasser und fotografiert gern: Reiher, Eulen, Otter. Er lädt die Bilder bei der gerade angesagten Social Media-Plattform Twister hoch - allerdings erfolglos. Doch eines Tages taucht ein riesiges, durchsichtiges Wassermonster vor ihm auf. Erstarrt drückt er dennoch den Auslöser und lädt die Bilder kurz darauf ins Netz. Unmittelbar danach kommt eine Lawine aus erschreckenden und zugleich urkomischen Begebenheiten ins Rollen.
Der Franzose Bruno Duhamel hat sich diese witzige wie tiefgründige Geschichte über den heutigen Umgang und die Gefahren mit sozialen Netzwerken ausgedacht und gezeichnet. Die Dialoge sind treffsicher, lebensnah und auf den Punkt. Da stimmt das Timing und die Schlagfertigkeit. Sein klassischer Comic-Stil hat Witz, fast jedes Panel birgt einen Schmunzler, ob bei einem Fast-Lama-Zuammenstoß, oder wenn Umweltschützer auf Feministengruppen und vergraulte Ehefrauen auf Hacker treffen. "Erstkontakt", so der Titel dieser Graphic Novel, ist ein kleines Juwel. Es zeigt, wie aktuell, unterhaltsam und vergnüglich grafische Erzählungen sein können. Leider ist der Spaß schon nach 70 Seiten zu Ende - es sei denn, man fängt gleich noch einmal von vorne an.