"Das Verhalten ziemlich normaler Menschen": Jugendbuch über Trauer
Der Roman der US-Autorin K. J. Reilly hat es in sich, denn in ihm geht es um einen geplanten Mord. Dennoch ist "Das Verhalten ziemlich normaler Menschen" weder ein Krimi noch brutal.
Asher Hunter ist 17 und plant einen Mord. Dieser scheint ihm der einzige Ausweg aus seiner Trauer, Verzweiflung und seinem Hass zu sein. Asher will den Mann umbringen, der seine Mutter betrunken totgefahren hat. Er wurde wegen eines Formfehlers vor Gericht freigesprochen und Asher nennt ihn "Jack Daniels", wie den Whiskey. Er beobachtet ihn im Internet:
Jack Daniels starb nicht, er wurde nicht einmal verletzt, und auch sein Sattelschlepper blieb heil. Er hat zwei Kinder, die Connor und Grace heißen und immer noch eine Mutter haben, und er kann immer noch seinen dicken Sattelschlepper fahren, weil der Richter die Klage abgewiesen hat. Leseprobe
Roadtrip mit einem Ziel: Rache
Um irgendwie klarzukommen, besucht Asher mehrere Trauergruppen, versehentlich auch eine mit alten Leuten, und lernt dort Henry kennen:
Einer der wirklich alten Typen namens Henry fängt an zu weinen, während er von seiner Frau erzählt, mit der er fünfzig Jahre und wahrscheinlich vier Wochen, drei Tage, vierzehn Minuten und zweiunddreißig Sekunden oder so verheiratet war. Ich sehe ihn an, wir alle sehen ihn an, als er aufsteht, um zu sprechen, und seine Wattebausch-Haare wie eine Wolke um seinen Kopf schweben und seine Lippen zittern. Leseprobe
Asher freundet sich mit Henry an und trifft in einer weiteren Gruppe Will und Sloane, die so alt sind wie er, und ebenfalls Familienmitglieder verloren haben. Und um auf andere Gedanken zu kommen, werden alle drei, plus die Urne von Henrys verstorbener Frau Evelyn, Asher bald auf einem Roadtrip quer durch die USA begleiten. Was Asher seinen Freunden verschweigt: Sein Ziel der Reise ist ein Mord.
Feinfühlige Geschichte über Trauer und Einsamkeit
Nun könnte man denken, K. J. Reillys Buch ist morbide und um einiges zu drastisch - und könnte damit nicht falscher liegen. Denn "Das Verhalten ziemlich normaler Menschen" ist vielmehr eine feinfühlige Geschichte über Trauer und Einsamkeit. Reilly beschreibt Ashers Suche nach Erlösung - und nichts anderes sind seine Rachegedanken - so intensiv und herzzerreißend, dass es manchmal kaum auszuhalten ist. Und macht es dann doch aushaltbar durch zarten Humor und Hoffnung:
Wenn du dich auf einen Road Trip machst, um jemanden umzubringen, rechnest du nicht damit, dich auf dem Weg zu verlieben. Aber mir ist es passiert. Auf dem Weg verliebte ich mich in ein Auto voller Fremder. Leseprobe
K. J. Reilly beschreibt absolut ehrlich, wie schrecklich sich ein schwerer Verlust anfühlt. Sie beschönigt nichts, aber zeigt auch, dass Freundschaft und Liebe aus der Finsternis führen können. Ihre Protagonisten sind Menschen aus Fleisch und Blut und vor allem mit Herz.
Das Verhalten ziemlich normaler Menschen
- Seitenzahl:
- 352 Seiten
- Genre:
- Jugendbuch
- Zusatzinfo:
- Geeignet für Jugendliche ab 14 Jahren; aus dem Englischen von Ute Mihr
- Verlag:
- dtv
- Bestellnummer:
- 978-3-423-65040-3
- Preis:
- 16 €
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