Graphic Novels: "Die Katzen des Louvre", "SCUM", "Zum Sterben schön"
Nicht nur die EM bringt uns derzeit fremde Länder und Kulturen näher. Auch die Literatur tut das - täglich. Gerade die Graphic Novels haben die Kraft, uns mit ihren Bildern Geschichten zu erzählen.
Drei frisch erschienene grafische Erzählungen stellen wir vor. Sie entführen nach Paris, Andalusien und ins ferne New York.
"Die Katzen des Louvre": Poetisches Märchen
Eine kleine weiße Katze stromert, unbemerkt von den Besuchern, im Louvre herum. Die haben nur Augen für die Mona Lisa oder andere Meisterwerke. Gebannt hört das kleine Felltier den Ausführungen der Museumsführerin Cicilie zu, die eine tiefe Verbindung zu ihr spürt. Was märchenhaft klingt, entwickelt sich auch zu einem, denn die kleine Katze verschwindet … in einem Bild. Und dann gibt es noch Marcel, den alten Museumwächter. Nicht nur dass er still und heimlich noch mehr magische Katzen im Dachboden des Louvre versorgt, ihn umgibt auch noch ein dunkles Geheimnis.
Der japanische Zeichner Taiyo Matsumoto verbindet Traum und Wirklichkeit, Fantasie und Kunstgeschichte und schafft ein fantastisches Louvre-Universum auf über 430 Seiten in schwarz/weiß. Der heute 57-jährige Matsumoto wird für seinen ausgesprochen kantigen und kratzigen Zeichenstil über die Grenzen Japans hinaus geschätzt und verehrt. Wer allerdings glaubt, eine normale Graphic Novel in der Hand zu haben, wird überrascht sein, denn "Die Katzen des Louvre", so der Titel des Buches, ist ein Manga - wird also von hinten nach vorne gelesen. Ein Buch fernab des Manga-Mainstreams - eher ein poetisch-real-fantastisches Comic-Märchen.
"SCUM - Die Tragödie der Valerie Solanas": Derbe, kraftvolle Bilder
Es ist der 3. Juni 1968. Ein Montag. In der Factory, der Künstlerkommune von Andy Warhol in New York City am Union Square fällt ein Schuss, zwei weitere folgen. Abgefeuert von Valerie Solanas, einer radikal-feministischen Aktivistin. Sie steht im Mittelpunkt der Graphic Novel der Spanier Bernardo Muñoz und Théa Rojzman. Sie zeigen, wie es aus der Sicht der jungen Frau zu der Tat kam. Erzählen von einer verlorenen Kindheit, von Missbrauch, einer trostlosen Jugend und dem Versuch, irgendwo anzukommen. Dennoch stellen die Comic-Macher der kaputten Valerie eine schimmernd-liebevolle Version an die Seite, die sich um sie sorgt, Ratschläge gibt - doch oft vergebens.
Die Bilder, die Muñoz zeichnet sind derbe und ungeschönt und dennoch von einer kraftvollen Art mit klaren Figuren und einer Farbgebung die eine zweite Ebene zur Geschichte öffnet, da sie manchmal bunt wie ein LSD-Trip ist, oder monochrom wie eine blasse Erinnerung. "Die Tragödie der Valerie Solanas", so der Untertitel, will nicht plakativ das Bild einer durchgeknallten Aktivistin zeigen, sondern empathisch das Leben einer jungen Frau mit ihren tiefen Verletzungen und leisen Hoffnungen zeichnen. Was gelingt - auf ganzer Linie.
"Zum Sterben schön": Feinste franco-belgische Comic-Kunst
Die Sonne brennt am spanischen Himmel über Sevilla. Ein Mann mit Dreitagebart, strubbeligen, rötlich-schimmernden Haaren, einem hellen Anzug und einer Zigarette im Mundwinkel schlendert auf der Suche nach einer blonden Frau am Straßenrand. Schaut in abgestellte ranzige Wohnwagen, klapprige Autos. Tausend Kilometer weiter nördlich nimmt ein junger Mann einen Anruf entgegen. Angeblich sei dort eine Frau, die seine Nummer bei sich hatte und Hilfe bräuchte. Eine spannende Reise und Suche beginnt.
Die beiden belgischen Autoren Jean-Michel Beuriot und Philippe Richelle sind alte Comic-Haudegen. Feinste franko-belgische Comic-Krimi-Kunst. Die Panels liegen wie die Steine bei einem französischen Chateau eng zusammen. Die Farben sind satt, die Texte knapp, die Figuren charakterstark. Ein Spaß, die Seiten umzublättern und dem Finale entgegenzufiebern. Und als dann noch eine blonde Frau auftaucht, nimmt das Drama seinen Lauf. "Zum Sterben schön" für warme Sommerabende und solche, die es werden sollen.