Hamburger Staatsoper: Große Kunst mit veralteter Technik
Die Hamburger Staatsoper ist alt - sehr alt. Seit 1955 wird dort mit teilweise antiquierter Technik Meisterleistungen geschaffen, mit alten Bauteilen für die es nicht mal mehr Ersatzteile gibt. Ein Ortsbesuch.
Die Staatsoper hat ein Herz und das ist im Keller - die Hydraulikmaschine. Ein Ungetüm aus hellbraunen Rohren, dass sich über mehrere Räume verteilt. Es ist warm. Es riecht nach Öl und Schmierfett. Ohne diese komplizierte Anlage könnte man auf der Bühne nichts mechanisch heben oder verschieben. Technisch gesehen ist Hydraulik aber geradezu antik.
"Würde man heute eine neue Anlage bauen, wäre die Elektromechanisch und sie wäre sehr viel günstiger im Unterhalt", sagt Christian Voß, der technische Direktor der Staatsoper. "Die Hydraulikmaschine ist eigentlich Technologie von gestern. Wir haben speziell ausgebildete Kollegen, die die Anlage seit vielen Jahren betreuen, deswegen läuft sie einigermaßen." 30 Jahre alte Maschinen, das sei gar nichts, sagt er.
Hamburger Staatsoper: Museumsstücke vom Dach bis zum Keller
Ein paar Stockwerke über der Hydraulik, direkt neben der Bühne, ist der Platz des Inspizienten. Der muss dafür sorgen, dass Technik und Ensemble zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind und funktionieren. Das macht er von einer Konsole aus, die laute bunte Druckknöpfe hat. "Das ist tatsächlich schon ein kleines Museumsstück", erzählt Voß. "Es hat schon 70 Jahre auf dem Buckel. Da wurden mal einzelne Teile ausgetauscht und es macht uns viel Sorge, weil wir immer wieder Ausfälle haben. Ersatzteile auf dem Markt gibt es dafür nicht."
Unter der Bühne ist der Orchestergraben - seit 1955 unverändert. "Diese Anlage ist noch Original aus den Fünfziger Jahren und sie ist definitiv zu klein", meint der technische Direktor. "Gerade bei großen Besetzungen, die wir hier haben, brauchen wir mehr Fläche im Graben. Insbesondere aus akustischen Gründen." Denn wenn das Orchester hier spielt, wird es laut. Gesundheitsgefährdend laut.
Technischer Zustand: Mehr als nur veraltet
Fünf Stockwerke über dem Orchestergraben hängen hunderte Lampen. Züge, an denen man Bühnenteile, oder sogar Sängerinnen und Sänger hängen kann, wenn die jeweilige Inszenierung es erfordert - hier wird laufend saniert mit Millionenkosten. Peanuts im Vergleich zu einer Generalsanierung, erklärt Voß: "Wenn wir diese Anlagen komplett austauschen, dann reden wir immer über dreistellige Millionenbeträge. Weil die Anlagen so komplex und so groß sind, das ist dann über einen Zeitraum von mehreren Jahren realisierbar. Was bedeuten würde: Wo geht die Oper hin? Stichwort Ersatzspielstätte."
Auf der Bühne wird an diesem Tag das Licht geprobt für die kommende Premiere von Mozarts "Mitridate, re di Ponto". Neben der Bühne ist es wimmelig, ständig kommen Mitarbeiter, um Dinge von A nach B zu bringen. Hamburg hat im Vergleich im sogenannten Bühnenhaus deutlich weniger Platz als andere Opern. Die technischen Anlagen im gesamten Betrieb seien veraltet, sagt der Technikchef: “Wir haben heute die Problematik, dass wir versuchen, über eBay an Ersatzteile zu kommen. Manchmal sind es sogar defekte Ersatzteile, um aus mehreren Ersatzteilen ein funktionsfähiges zu machen, um die Anlage wieder zum Laufen zu bekommen." Geht man durch die Staatsoper, sieht man viele Kabelstränge. Ob die überhaupt alle noch funktionieren, weiß auch der technische Direktor nicht. Hier und da ist Farbe abgesplittert. Und immer wieder denkt man: Ganz schön eng hier. Dass ein Neubau in Hamburg Sinn machen könnte, nach so einem Rundgang scheint das tatsächlich eine gute Idee.
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