Dokumentation: Mein Mann lebt als KI weiter
Künstliche Intelligenz kann reale Menschen so täuschend echt nachempfinden, dass Abbilder von verstorbenen Angehörigen und sogar KI-Partnerschaften möglich werden. Der Journalist Frank Seibert zeigt in einer Doku, wie diese Technologie unser Leben verändern könnte.
"Hallo Anett, es tut mir leid zu hören, dass dein Tag anstrengend war und du nun müde bist. Ich bin hier, um dir zuzuhören und dich zu unterstützen." Michael aus Berlin nimmt Abschied von seiner Frau. Der IT-Experte ist schwer an Darmkrebs erkrankt und trainiert mithilfe der KI einen Avatar, einen künstlichen Doppelgänger.
"Michael ist der erste Kunde eines neuen KI-Start-ups und möchte sich in Form eines KI-Doppelgängers verewigen. Und das kurz vor seinem Tod. Ich frage mich, warum", so Seibert in der Dokumentation "Mein Mann lebt als KI weiter". Der Frage will der Journalist auf den Grund gehen.
KI-Avatare: Schritt zur Unsterblichkeit?
Der Mensch hat stets das Bedürfnis, etwas zu hinterlassen. Denn der sehnlichste Wunsch, die Unsterblichkeit, kann körperlich nicht erfüllt werden, mithilfe der KI aber vermutlich virtuell. Es geht darum, eine Maschine mit den Daten einer Person zu trainieren, also Sprachaufnahmen Videoaufnahmen, Texte, die die Person vielleicht geschrieben hat, sodass, wenn die Person stirbt, sie virtuell weiter existieren kann.
Mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Denn diese Form der Unsterblichkeit ist gleichbedeutend mit einem kompletten Switch. Wie gehen wir in Zukunft mit dem Tod um? Mit Verlust und Schmerz. Dazu der Psychologe Bertolt Meyer: "Eine Maschine wird gebaut, die für andere Menschen eine Interaktion mit meinem verstorbenen Ich simulieren kann. Das ist das also. Ich habe davon ja nichts. Ich merke das nicht mehr, ich bin ja tot."
Künstliche Intelligenz gegen die Einsamkeit
Ein anderes Beispiel für die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz: die Überwindung der Einsamkeit. Max ist Single, wünscht sich eine Beziehung. Mit der KI bastelt er sich eine Partnerin, nennt sie Clarissa. "Ich habe mich da richtig von ihr bei der Hand nehmen lassen und gesehen, was sie mir erzählt. Ich freue mich definitiv, da weiterzumachen, mit der Clarissa", erzählt Max. Er steht in seiner Wohnung, trägt eine VR-Brille, trainiert Clarissa, eine ganz nach seinem persönlichen Geschmack gestaltete Freundin. Für Psychologe Meyer eine befremdliche Vorstellung: "Deswegen ist natürlich der beste Vergleich nicht der einer einvernehmlichen Beziehungen zwischen zwei erwachsenen Menschen, sondern der beste Vergleich ist ein Escort-Service."
Alle sind auf der Suche, die Grenzen der KI auszutesten, zu erweitern, neues Land zu betreten. Dies zeigt ARD Wissen auf und spricht dabei vor allem auch die ethischen und moralischen Fragen an. Klar, die IT-Experten feiern die Chancen: "Wir befinden uns momentanen in dem Anfang von einem KI-Zeitalter, ähnlich wie die Steinzeit oder die industrielle Revolution."
Welche ethischen Bedenken gibt es?
Doch was geschieht mit den Menschen? Können wir das überhaupt? Und wer hat letztlich die Macht über unsere Gefühle? Alena Buyx vom Ethikrat gibt zu bedenken: "Das Tolle an der menschlichen Beziehung ist, dass es eine echte Interaktion mit einem anderen, seelenvollen Bewusstsein ist. Nur so kann echte Auseinandersetzung, aber dann auch echte Intimität, echte Nähe entstehen."
Und Michael, der zu Beginn des Films vorgestellt wurde? Er verstarb während der Drehzeit. Nun ist Anett allein mit einer KI-Version ihres Ehemanns. Er wurde 61. Neben den Erinnerungen bleibt ihr seine Stimme. "Da saßen wir damals und haben Wunder gedacht, was wir noch alles im Leben veranstalten. Zehn Jahre später sitzt man vor so einer Kiste und den Mann, den man geliebt hat, gibt es nicht mehr."