Künstliche Intelligenz: Alarmierende Auswirkungen auf die Musikbranche
KI ist nicht aufzuhalten. Welche Auswirkungen die generative künstliche Intelligenz auf die Musik- und Kreativbranche hat, hat eine Studie der GEMA und der französischen Schwestergesellschaft SACEM untersucht.
"71 Prozent der befragten Mitglieder von GEMA und SACEM befürchten, dass sie als Musikschaffende künftig nicht mehr von ihrer Arbeit leben können", sagt Tobias Holzmüller, Vorstandsvorsitzender der deutschen Musikverwertungsgesellschaft GEMA. Diese Befürchtung gründet sich auf einem jetzt schon spürbaren Verlust an Einnahmen und der Aussicht auf einen weiteren Boom der Künstlichen Intelligenz.
Eine Prognose der für die Studie verantwortlichen Forschungsgruppe Goldmedia besagt, "dass bis zum Jahr 2028 - also jetzt noch vier Jahre - bis zu 27 Prozent der Einnahmen aus der Musikverwertung wegbrechen könnten, weil KI-gemachte Musik an die Stelle der menschengemachten Musik tritt", erklärt Holzmüller.
KI-Musik: Zwischen Gefahr und Hilfsmittel
Das heißt: Alleine die Musikschaffenden in Deutschland nehmen im Jahr 2028 voraussichtlich 950 Millionen Euro weniger ein als sie ohne Verwendung von Künstlicher Intelligenz verdienen würden. "Es ist nicht so, dass jeder 27 Prozent weniger hat, sondern es sind bestimmte Berufsbilder, die besonders stark unter Druck geraten. Da ist auch die Furcht am größten", meint Holzmüller.
Zum Beispiel im Bereich der Auftragskompositionen: Menschen, die Musik für Computerspiele oder Filme schreiben, sehen sich einer besonders starken Konkurrenz ausgesetzt, weil die KI kostengünstig maßgeschneiderte Sounds liefern kann. Beispielsweise, wenn ein Regisseur oder eine Regisseurin vorgibt: Ich brauche genau 45 Sekunden Musik für eine Liebesszene, gerne mit Orchester und in getragenem Tempo: "Mit diesen Parametern kann eine KI schon sehr viel anfangen und relativ viele vernünftige Vorschläge machen. Die muss - und sollte - man dann allerdings bearbeiten", erklärt Micki Meuser, Vorsitzender der Deutschen Filmkomponistenunion. Er hat schon über 70 Filme und Serien vertont und nutzt selbst die Künstliche Intelligenz als Hilfsmittel: "Ich komponiere erst einmal etwas und dann schaue ich, was die KI machen würde."
Wild West: KI lernt von menschengemachter Musik
Es geht Meuser und anderen Musikschaffenden also nicht darum, den Fortschritt zu verhindern, sondern um eine faire Behandlung: denn alles, was die KI anbietet, hat sie aus der von Menschen komponierten Musik abgeleitet. Die großen US-amerikanischen Tech-Firmen haben in den letzten zehn Jahren sämtliche im Internet verfügbare Musik genutzt, um ihre Computermodelle zu trainieren - aber ohne die Urheber dafür zu vergüten. "Da herrscht immer noch ein bisschen Wild West. Die reiten ein in die Ranch. Dann ist es ihre und sie nennen das Freiheit. Das ist unser großes Problem", sagt Meuser.
Die Musikschaffenden wurden weder gefragt, ob ihre Werke als Trainingsmaterial für die KI genutzt werden dürfen, noch wird ihnen für die aktuelle Nutzung ein Angebot gemacht. Deshalb ist es wichtig, dass die neue Studie den Einnahmeverlust der Urheberinnen und Urheber benennt. Damit kann die GEMA ihre Position untermauern und konkrete Forderungen stellen, erklärt Holzmüller: "Den Verlusten bei Urheberinnen und Urhebern durch KI-Musik steht ein gigantischer Gewinn auf Seiten der KI-Unternehmen gegenüber. Eine faire Lösung aus unserer Sicht wäre, dass man von diesen Gewinnen einen Anteil an die Menschen abführt, die die KI erst möglich gemacht haben, indem sie Werke geschaffen haben, mit denen die KI trainiert wurde."