Ein Roboter hält eine Gitarre in der Hand © picture alliance / Zoonar Foto: Milic Djurovic

KI in der Musik: "Eine Lawine ist im Anrollen"

Stand: 19.09.2024 15:48 Uhr

KI-generierte Musikstücke werden bereits eingesetzt - zum Nachteil der Künstler*innen. Eminem hat in den USA erfolgreich gegen die Nutzung seiner Stimme geklagt. Musikproduzent Peter Hoffmann fordert auch in Deutschland mehr Gegenwehr.

Ein Roboter hält eine Gitarre in der Hand © picture alliance / Zoonar Foto: Milic Djurovic
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von Kai Rake

Er gilt als Entdecker von Tokio Hotel und hat schon mit Falco, Johannes Oerding, Oli P.  und Annett Louisan zusammengearbeitet: Der Lüneburger Musikproduzent Peter Hoffmann ist seit vielen Jahren sehr erfolgreich. Den vermehrten Einsatz von KI in seiner Branche sieht er allerdings kritisch - und er schlägt Alarm: Die Künstler in Deutschland tun noch zu wenig, um sich zu wehren, sagt er. Denn nicht nur das Urheberrecht werde durch KI gefährdet, sondern ein ganzer Berufsstand, so Hoffmann. Da sei eine Lawine im Anrollen. 

"Wir liegen noch im Dornröschenschlaf. Die Lernsoftware KI ist so schnell gewachsen. Das Lernen vom dem, was es gibt, und das Umsetzen in neue Kombinationen, ist nur ein rechnerischer Vorgang. Das ist so wahnsinnig schnell gegangen, dass die ganzen kreativen Menschen etwas überrannt wurden, glaube ich. Es ist alles möglich - aber es muss nicht alles erlaubt sein!", findet Peter Hoffmann.

Bereits erste Werbespots von KI generiert

Nach einer aktuellen Studie könnte das finanzielle Aufkommen für Urheber, die tatsächlich etwas komponiert haben, in den nächsten vier Jahren deutlich - um 30 Prozent - zurückgehen, wenn zum Beispiel Musik für Werbespots nur noch von einer KI erstellt werden. Das ist längst keine Utopie mehr, sagt Michael Ahlers. Er ist Professor für Musikdidaktik an der Lüneburger Leuphana Universität und beoachtet die "KI-Lawine": "Da kann ich Peter Hoffmann nur Recht geben. Ich glaube aber, dass die Lawine schon über uns hinwegrollt. Die ist nicht noch im Anrollen, sondern wir sind mittendrin. Mir ist bekannt, dass ein deutscher Lebensmittelhersteller schon einen kompletten Werbespot gepromptet hat. Das bedeutet, dass man mit solchen Algorithmen agiert. Es gibt Dienste wie Suno oder Udio, die schon komplette Songs prompten - und das im Moment für quasi kein Geld." 

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Eminem klagt erfolgreich gegen "Stimmklau"

Auch Stimmen von Künstlern wurden schon komplett von einer Künstlichen Intelligenz generiert und öffentlich verbreitet. Der Rapper Eminem fand das gar nicht lustig - und ist vor Gericht gezogen. Mit Erfolg: Seine "gestohlene" Stimme musste vom Anbieter wieder gelöscht werden. "Gerade die Stimme und all solche Sachen sind natürlich sehr schützenswerte Rechte. Da muss man schon gefragt werden. Am Ende des Tages bieten aber einige sehr bekannte Künstler mittlerweile auch an: Nutzt mein Stimmprofil - aber gebt mir dafür ein bisschen Geld. Und verheimlicht nicht, dass das mein Stimmprofil ist, sondern nennt mich auch als eine der Klangquellen. Also: Ein Handel mit Sounds wird sicherlich einsetzen. Ein Handel mit Rechten war schon immer die Basis der Musikwirtschaft", meint Musikprofessor Ahlers.

Macht KI Jobs in Werbung und Filmbranche überflüssig?

Andererseits deutet vieles darauf hin, dass so mancher Job von der KI gefressen wird: "Die Gebauchsmusik, also alles, was in der Werbung, wahrscheinlich auch im Filmbereich, im Dokumentationsbereich gerade noch händisch gemacht wird von Menschen - da kann ich mir vorstellen, dass es das in der Form in drei bis fünf Jahren nicht mehr geben wird", so Ahlers. Aufhalten lässt sich die KI-Technologie wohl nicht. Aber vielleicht bietet sie Chancen, wenn man verantwortungsvoll mit ihr umgeht und sich nicht von ihr überrennen lässt.

Hoffmann fordert mehr Gegenwehr von Künstlerinnen und Urhebern

Der Musikproduzent Peter Hoffmann hat da allerdings kein gutes Gefühl - bis jetzt zumindest: "Mir liegt am Herzen, dass die Öffentlichkeit mehr informiert wird, was da läuft - und warum es nicht gut läuft. Das Zweite ist, dass die Betroffenen, also die Urheber und die Künstler, sich nicht gemeinschaftlich zur Wehr setzen, das ist ein Versagen. Im Gegensatz zu Musikern in England oder USA gibt es keine Gewerkschaft. Die sind dort extrem stark und mächtig. Bei uns gibt es leider keine wehrhafte Interessengemeinschaft - und das wäre höchste Zeit!"

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Vormittag | 19.09.2024 | 11:20 Uhr

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