Doku "Sprechende Schweine": KI entschlüsselt Sprache der Tiere
Grunzen ist nicht gleich grunzen: Ein Forscherteam aus Kopenhagen hat mithilfe einer KI die Sprache der Schweine entschlüsselt - und so wissenschaftlich nachgewiesen, wie sich die Tierhaltung auf das Wohl der Schweine auswirkt.
Maren Osterbuhr und Rosalie sind enge Freundinnen. Sie sprechen nicht die gleiche Sprache, verstehen sich aber trotzdem. Das wäre nicht weiter ungewöhnlich, wenn Rosalie nicht ein Schwein wäre.
Als sich vor ein paar Jahren ein Ferkel auf ihren Hof im niedersächsischen Großefehn verirrte, zog die Landwirtin Osterbuhr es groß. Eine Freundschaft entstand. "Ich bin mir relativ sicher, dass ich weiß, was sie sagt", erklärt Maren Osterbuhr. Kann das sein? Ja, sagt ein Forscherteam aus Kopenhagen. Die Forscher haben über einen langen Zeitraum die Sprache der Schweine untersucht und sensationelle Ergebnisse geliefert. Sie konnten mit KI die Schweinesprache übersetzen.
Algorithmus unterscheidet Gefühlszustand der Schweine
Die Biologin Dr. Elodie Mandel-Briefer erklärt die Herangehensweise der Forscher: "Wir haben den Algorithmus so genau trainiert, dass er mit einer Genauigkeit von 92 Prozent unterscheidet, ob sich ein Schwein in einem positiv-glücklichen oder in negativ-ängstlichen Zustand befindet. Inzwischen wissen wir besser, was Schweine über ihre Gefühle sagen."
Ferkel grüßen ihre Freunde
"Sie grüßen sich sogar ganz persönlich!", ist sich Dr. Avelyne Villain, Bioakustikerin, sicher. "Wenn Ferkel ihre Freunde wiedertreffen, geben sie diesen Gruß von sich. Und wenn sie aufgeregt sind oder frustriert, kommt ein Hochfrequentruf." Nach Angaben von Dr. Elodie Mandel-Briefer fanden die Forscher mindestens 19 Abstufungen von Schweinelauten, mit denen die Tiere ihre Gefühle ausdrücken - je nach Situation. Mit einer Art Gesichtserkennung kann man zudem inzwischen den körperlichen Zustand von Schweinen messen, etwa ob sie gestresst sind.
Wie fühlen sich Schweine in verschiedenen Haltungsformen?
43,8 Millionen Schweine werden jährlich in Deutschland aufgezogen und geschlachtet. Sie leben oft sehr beengt. Nun haben Forscher erstmals untersucht, was die unterschiedlichen Haltungsformen für die empfindungsreichen Tiere bedeuten. Eine riesige Herausforderung: Die Tonaufnahmen mussten monatelang analysiert werden, um sie den einzelnen Tieren zuordnen zu können.
Stress macht unglücklich und krank
Einmal sortiert, zeigten die Untersuchungen klare Ergebnisse. Als Folge schlechter Haltung fühlen sich die Schweine schlecht. Stress macht sie unglücklich, krank und sorgt für schlechteres Fleisch. Auch konventionelle Bauern wie Eiken Struve beteiligten sich an den aufwendigen Untersuchungen:
"Ein gesunder Tierbestand ist im Grunde das A und O für eine erfolgreiche Schweineproduktion. Jede Krankheit kostet Energie, kostet am Ende des Tages Leistung, kostet Futter und kostet am Ende auch Geld. Und sie kostet logischerweise auch Tierwohl", so Struve.
Konventionell oder Freiland?
In einem konventionellen Betrieb müssen Schweine mindestens 0,65 Quadratmeter für sich haben. In den untersuchten Biobetrieben sind es 2,3 Quadratmeter. Auch Tiere in Freilandhaltung, mit echtem Auslauf und viel Abwechslung, wurden über mehrere Monate erforscht.
Persönlicher Bezug zum Halter macht Schweine glücklich
Die Ergebnisse zeigten eindeutig: Über das Wohl der Tiere entscheidet nicht nur der persönliche Raum. Wenn die Halter einen persönlichen Bezug zu den Schweinen herstellen, geht es ihnen erkennbar besser. Am Ende überzeugte so die artgerechte Haltung - jetzt wissenschaftlich bestätigt.
"Was die Art der Betriebe angeht, so stehen Freilandbetriebe an erster Stelle. Sie zeigen die besten Ergebnisse in Bezug auf die Klassifizierung. Es gibt sehr wenig Stresslaute und eine Menge glückliches Grunzen", erläutert die Biologin Mandel-Briefer. Das kann Landwirtin Maren Osterbuhr aus eigener Erfahrung bestätigen - und stimmt mit Schweine-Freundin Rosalie in ein herzliches Lachen ein.
Die NDR Dokumentation "Sprechende Schweine. KI übersetzt Tiersprache“ läuft am 11. September um 00:05 Uhr im NDR Fernsehen - und steht seit dem 4. September in der ARD Mediathek zu sehen.