Künstliche Intelligenz und Kultur: Passt das zusammen?
Anwendungen, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basieren, werden immer gesellschaftsfähiger. Kann auch die Kulturwelt davon profitieren? Beispiele aus Oldenburg, Greifswald, Hamburg, Rostock und Lübeck.
Wie eine Abfrage von NDR Kultur in zahlreichen Kultureinrichtungen im Norden zeigt, gibt es durchaus eine Offenheit und Neugier gegenüber Künstlicher Intelligenz. Ebenso wird sich bereits auf vielfältige Weise mit dem Thema befasst. So hat das Horst-Janssen-Museum in Oldenburgbereits ein Podiumsgespräch zum Thema KI in der Museumswelt veröffentlicht, wobei vor allem die Frage nach der Relevanz der Kreativität für die KI-Forschung im Vordergrund stand. Außerdem arbeitet das Haus laut Direktorin Jutta Moster-Hoos aktuell an einem Projekt, das mit Hilfe von KI die Darstellungen auf den Werken von Horst Janssen entschlüsseln soll. Dabei ist laut Moster-Hoos einiges Verblüffendes zutage gekommen. Sobald das Projekt öffentlich wird, soll es auch einen Workshop dazu geben.
Hamburger Planetarium berechnet mit KI Dichte von Exoplaneten
Bei der Greifswalder Bachwoche findet Künstliche Intelligenz laut Dompastor Tilman Beyrich aktuell noch keinen Einsatz. Man schreibe und organisiere alles noch herkömmlich und wolle das auch vorerst so beibehalten, heißt es auf Nachfrage.
Im Hamburger Planetarium kann KI laut Direktor Björn Voss an der einen oder anderen Stelle schon gewinnbringend eingesetzt werden. So wurde von der Produktionsabteilung bereits eine Formel erstellt, um die Dichte und Zusammensetzung von Exoplaneten zu berechnen. "Dafür mussten verschiedene Datenbanken ausgelesen und in unserem System angezeigt werden", erläutert Voss. Ebenso komme KI gelegentlich bei den ersten Übersetzungen von Shows zum Einsatz, wobei anschließend immer nachgebessert werden müsse. Grenzen sieht Voss bei kreativen Prozessen.
Europäisches Hansemuseum: Mitarbeiter experimentieren mit KI
Das Europäische Hansemuseum in Lübeck steht dem Einsatz von KI erst einmal aufgeschlossen gegenüber. Bereits vor zwei Jahren hat sich das Haus an einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der Fachhochschule Kiel beteiligt.
Die Fragestellung lautete damals, wie man mit Hilfe von KI neue Zielgruppe erreichen kann. Die Ergebnisse wurden unter dem Titel "KI & Kultur: Chimäre oder Chance?" publiziert und stehen zum freien Download zur Verfügung. Darüber hinaus würden Mitarbeitende des Hauses diverse Anwendungen wie ChatGPT, DeepL und Dall-E testen. Daher erarbeite das Haus auch gerade klare Rahmenbedingungen für den Einsatz dieser Technologien, insbesondere unter Aspekten wie wissenschaftlicher Genauigkeit, Urheberrecht und Datenschutz.
Künstliche Intelligenz unterstützt Hanseforschung
Die Hanseforschung könne bereits ebenfalls von KI-basierten Tools profitieren. Beim Citizen-Science-Projekt "Hanse.Quellen.Lesen!" werden Handschriften aus der Hansezeit mit Hilfe einer speziellen Software transkribiert. Die auf diese Weise generierten Texte werden von Ehrenamtlichen überprüft und gegengelesen.
Das Volkstheater Rostock befasst sich ebenfalls auf verschiedenen organisatorischen und technischen Abläufen mit dem Thema KI - hält abgesehen davon aber am untermittelbaren Theatererlebnis zwischen Menschen auf der Bühne und im Publikum fest.
European Media Art Festival: Viele Möglichkeiten für neue Erzählungen
Beim European Media Art Festival liege es in der Natur der Sache, sich mit Künstlicher Intelligenz zu befassen, heißt es auf Nachfrage von NDR Kultur. Schließlich greifen viele Künstlerinnen und Künstler KI in ihren Arbeiten auf beziehungsweise experimentieren mit den Möglichkeiten, die es auf diesem Gebiet gibt. Die Technologie biete Möglichkeiten, Räume, Figuren oder Ereignisse anders zu erzählen als bisher üblich, weshalb in diesem Bereich viel Neues entstehe und so den Weg in die Ausstellungen finde.
Auch in der täglichen Arbeit des Osnabrücker Festivals spielt KI eine Rolle, beispielsweise als kostengünstige Lösung für die Untertitelung von Filmen. Allerdings bedürfe diese stets einer menschlichen Nachbearbeitung.
Kunsthalle Bremen: Vermittlungsangebote zum Thema KI für junge Menschen
Die Kunsthalle Bremen beobachtet die rasante Entwicklung im Bereich KI interessiert und versucht, diese historisch zu kontextualisieren, zum Beispiel durch eine große Sammlung an früher Computergraphik, die laut Auskunft des Hauses die erste durch algorithmische Formeln generierte Kunst darstellt. Auch in Ausstellungen werden demnach gelegentlich Werke gezeigt, die KI nutzen.
Trotz allgemein knapper Kassen in der Kultur sieht sich die Kunsthalle Bremen in der Verantwortung, weiterhin Menschen für kreative Prozesse zu engagieren - auch wenn die KI manchmal Arbeiten erleichtert oder Ressourcen einsparen könne. Letztlich sei menschliche Kreativität und insbesondere Kunst auch durch hoch entwickelte Maschinen nicht zu ersetzen.
Großes Potential sieht das Haus dagegen in der Erschließung der Sammlung durch intelligente Suchen - zum Beispiel nach verwandten Motiven, Inhalten oder Themen. Das Haus bietet darüber hinaus auch gezielte Vermittlungsangebote zum Umgang mit KI und Fake News an, insbesondere für junge Menschen.
Hochschule für Musik und Theater Rostock: Künstler kann KI nicht ersetzen
Auch an der Hochschule für Musik und Theater Rostock wird bereits auf unterschiedliche Art und Weise über das Thema KI diskutiert. So werde unter anderem im Bereich der Digitalen Musikpraxis über den Einsatz von KI-Tools bei der Produktion von Musik diskutiert, aber auch in anderen wissenschaftlichen Disziplinen sei die KI Thema. Die Hochschule geht davon aus, dass KI zukünftig sogar im Fach Komposition partiell eine Rolle spielen wird. Grundsätzlich zeige sich die Hochschule offen, reflektiere aber kritisch einzelne Werkzeuge und deren Verwendung. Schließlich basiere Kunst auf Kreativität - die KI hingegen reproduziere lediglich Daten und könne daher nur wiedergeben, was ihr bereitgestellt wurde. Musiker, Komponisten und Schauspieler könne die KI daher nicht ergänzen.