Jutta Moster-Hoos im Portrait © Gerlinde Dormininghaus Foto: Gerlinde Dormininghaus
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AUDIO: Jutta Moster-Hoos über den exzentrischen Künstler Horst Janssen (55 Min)

Jutta Moster-Hoos über den exzentrischen Künstler Horst Janssen

Stand: 17.08.2023 16:39 Uhr

Die Direktorin des Horst-Janssen-Museums Jutta Moster-Hoos ist engstens vertraut mit der Kunst von Horst Janssen. Der Künstler galt als eigenwilliger Mensch, der Frauen sehr zugewandt war und unter Alkoholeinfluss auch sehr unbeherrscht sein konnte. Ein Interview.

Er schockierte, provozierte, nichts wollte er beschönigen: Horst Janssen. Ein riesiges Werk hat der 1929 in Hamburg geborene Künstler hinterlassen: 20.000 Zeichnungen und Aquarelle, 3000 Radierungen, dazu kommen Bücher, Plakate, Illustrationen. Seinen künstlerischen Durchbruch schaffte der 1929 in Hamburg geborene Künstler 1965 mit einer Werkschau, die die Kestner Gesellschaft in Hannover veranstaltete. Horst Janssen führte ein ungezähmtes Leben, oft im Rausch mit Alkohol und vielen Musen, Frauen, die ihn inspirierten und seine Werkphasen begleiteten. Nach seinem Tod, 1995, wurde in Oldenburg im Jahr 2000 das Horst-Janssen-Museum eröffnet.

Jutta Moster-Hoos ist Kennerin der Kunst von Janssen

Jutta Moster-Hoos war von Beginn an dabei, zunächst als wissenschaftliche Leiterin, seit 2010 ist sie Direktorin des Museums und engstens vertraut mit den Arbeiten von Horst Janssen. Gerade ist eine Ausstellung über Janssen und seine Faszination für die Fotografie zu sehen: "The Power of Photography". Ab 13. Oktober heißt es: "Love is a Battlefield. Wie erotisch ist die Kunst von Horst Janssen?". Das Werk des Künstlers ist also längst noch nicht auserzählt.

Als Mensch war Janssen, davon berichten seine Biografen, ein echter Sonderling: Egomane, immer wieder mal betrunken, gewaltaffin. Trotzdem hat man ihn gerne eingeladen. Man schätzte seinen "Unterhaltungswert". Was war Horst Janssen für ein Mensch?

Jutta Moster-Hoos: Es gibt die Metapher vom Pulverfass. Ich kann mir das vorstellen. Also, wenn Janssen im Raum war, war sicher eine Spannung im Raum. Er hat viel Originelles und Witziges von sich gegeben und konnte eine Gruppe unterhalten, das war aufregend. Janssen war auch sehr geistvoll und sehr originell. Ihn konnte aber schon eine kleine Störung zum Explodieren bringen. Janssen war auch gewalttätig, ich meine, da hat dann der Alkohol sicher eine ungute Rolle gespielt. Dann ist er unkontrolliert gewesen, und das sind Sachen, da frage ich mich, ob man das heute in unserer Gesellschaft noch so durchwinken würde. Damals sagte man sich: "Das ist ein Künstler, er ist halt anders und er darf das." Ich glaube, das wäre heute anders.

Versetzen wir uns mal in die Zeit der 1950er-, 1960er-Jahre, Nachkriegsdeutschland, vielleicht hat man sich auch nach solchen Figuren gesehnt?

Moster-Hoos: Auf jeden Fall. In dieser bundesrepublikanischen Spießigkeit, da hat dann so ein Künstlertyp aufgemischt, der war vielleicht ganz willkommen. Es gibt einige Fotografien, wo sich gerade auch in Hamburg die bürgerliche Gesellschaft gerne Janssen ins Haus holt, ihn sich irgendwie leistet. Es gibt Fotos mit dem Bürgermeister. Ich stelle mir Janssen vielleicht auch so vor: Janssen wie ein Hofnarr. Ein Künstler, der umgekehrt auch zu diesem Bürgerlichen gestrebt hat, das, was er selbst nie zu Hause erleben konnte: Eine geordnete Beziehung, eine Familie und ein bürgerliches Setting.

Janssen und die Frauen: Er lebte mit 18 Frauen oder noch mehr zusammen. Wir wissen das gar nicht genau. Horst Janssen war auf jeden Fall dreimal verheiratet, hat vier Kinder von vier verschiedenen Frauen. Frau Moster-Hoos, Sie haben sich diesem Thema intensiv gewidmet und haben 2002 eine große Ausstellung in Oldenburg gemacht: "Janssen und die Frauen". Was faszinierte Frauen an einem Mann, der fast immer alkoholisiert war, der zu Gewalt neigte, unbeherrscht, cholerisch war und der ausflippte, was mochten die Frauen an ihm?

Moster-Hoos: An der Stelle kann man behaupten, dass Janssen ein sehr charmanter, sehr zugewandter Gesprächspartner sein konnte. Wir kennen die zahlreichen Briefe, Telegramme, Zeichnungen mit Widmungen. Wenn er eine Frau umworben hat, hat er sich alles Mögliche einfallen lassen und wurde nicht müde. Die Einfälle sind nur so gesprudelt, wie er die Frauen umgarnen und bezirzen kann. Das kann ich mir schon vorstellen, dass einige auch sehr positiv und sehr geschmeichelt reagiert haben. Das war auch der Fall. Beim jungen Janssen hat es wahrscheinlich so funktioniert. Der ältere und erfolgreiche Künstler war vielleicht spannend als wichtiger Mann und Künstler, vielleicht auch eine Attraktion, für die eine oder andere Frau. Die große Verliebtheit war meistens in der Anfangsphase und dann gehen die Beziehungen in der Regel schlecht aus. Ich glaube, alle Beziehungen gehen eigentlich schlecht aus.

Das Gespräch führte Claudia Christophersen.

Weitere Informationen
Horst Janssen, 1992. © picture-alliance/dpa Foto: Uwe Zucchi

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur à la carte | 11.08.2023 | 13:00 Uhr

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