150 Jahre Edgar Wallace: Hat der Meister des Krimis ausgedient?
Heute vor 150 Jahren wurde Krimiautor Edgar Wallace in Greenwich bei London geboren. In Deutschland wurde er besonders durch die knallroten Taschenbuchausgaben und seinerzeit packenden Filmadaptionen bekannt. Aber wie spannend ist Wallace heute noch?
"Ich mochte als Kind schon Edgar Wallace ganz gerne. Das waren so die ersten Krimiberührungen, die ich als Steppke hatte." So erinnert sich Frank Thannhäuser, Chef im Imperial Theater auf St. Pauli. Das Haus hat seinen Ruf als Deutschlands bestes Krimitheater vor allem den Geschichten von Edgar Wallace zu verdanken. Am 10. April feiert hier mit "Das indische Tuch" das nächste Stück nach einer Wallace-Vorlage Premiere.
124 Krimis - durch manche muss man sich durchkämpfen
Um neuen Stoff für seine Bühne zu finden, hat Thannhäuser sich nach eigenen Angaben schon durch sehr viele von Wallace' Kriminalromanen gekämpft - insgesamt 124 hat der Autor zwischen 1905 und 1936 geschrieben. "Ich muss zugeben, dass ich so manche schnell beiseitegelegt habe", so der Theaterchef. "Bei anderen habe ich mich nicht durchkämpfen müssen, weil sie interessant waren."
Edgar Wallace wird unter dem Namen Richard Horatio Edgar 1875 in Greenwich, heute ein Teil von London, als nichteheliches Kind der Schauspielerin Mary Jane Richards geboren. Seine Geburt ist ein Skandal, denn der Vater ist Mitglied einer prominenten Schauspielerfamilie - was keiner wissen darf. Ein Fischträger adoptiert ihn und er wächst in Armut auf. Mit 19 Jahren nennt er sich Edgar Wallace und schreibt Romane über Afrika, die heute mitunter als rassistisch gewertet werden.
Polizisten statt Detektive: Innovator des Krimi-Genres

Es sind die Krimis, die Edgar Wallace reich und berühmt machen. Er ist ein Innovator. Statt zu schreiben, diktiert wer. Und er ist der erste britische Autor, der Polizisten statt Detektive, wie Sherlock Holmes, als Helden hat. Mit am erfolgreichsten ist er in Deutschland. Theatermann Thannhäuser hat eine Begründung: "Goldmann hat die Bücher in Deutschland vertrieben, schon ganz früh. Die hatten eine richtig gute Strategie, um diese roten Krimis rauszubringen - und zwar zu einem Preis, den man sich leisten konnte."
"Die toten Augen von London": Wasserleiche in der Speicherstadt
Vor allem in den 60er-Jahren geht der Erfolg der Bücher Hand in Hand mit den Kinofilmen wie "Der Frosch mit der Maske", "Der Hexer" oder "Der grüne Bogenschütze". 38 Filme entstehen mit deutschen Schauspielern, quietschbunten Titelgrafiken, kultiger Musik und an deutschen Drehorten, die England darstellen sollen. Der Hamburgischste der Edgar-Wallace-Filme: "Die toten Augen von London". In der Speicherstadt schwimmt eine Wasserleiche, und auch an der Binnenalster wird gedreht. Insgesamt hatte ein gutes Dutzend der 38 Filme Drehorte in Hamburg - viele sind heute Kult.
Buchhandlungen ohne Edgar Wallace
Nicht wenige der Bücher wiederum sind ein bisschen alt geworden. Thannhäuser bringt es so auf den Punkt: "Wenn man mehr als 120 Bücher schreibt, ist zwangsweise auch mal 'ne Krücke dazwischen." Nachgefragt sind die Werke auch nicht mehr. Wenn man sich in Buchhandlungen erkundigt, gibt es oft die gleiche Antwort: "Edgar Wallace? Haben wir nicht, müssen wir bestellen."
Wallace geht 1932 nach Hollywood und schreibt gerade am Drehbuch für den legendären "King Kong"-Film, als er im selben Jahr unerwartet stirbt. Sein Werk lebt vor allem durch die Filme weiter - und im Hamburger Imperial Theater.
