Bildband "Der deutsche Film": Perfekter Schmöker für Filmfans
In dem monumentalen Bildband "Der deutsche Film" entfaltet sich die Geschichte einer der einflussreichsten Filmkulturen der Welt von 1895 bis heute. Ein Ziegelstein, ein Klotz und: ein kommendes Standardwerk.
Dieses Buch ist eine Wucht - im übertragenen und im wörtlichen Sinn. Es ist nicht nur ultimatives Nachschlagewerk und perfekter Sonntags-Schmöker für alle Filmfans, sondern eignet sich auch als - zugegeben etwas unhandliches - Fitnessgerät. Viereinhalb Kilogramm schwer, knapp 1.000 Seiten dick. Allein das Personen- und Filmregister umfasst 60 Seiten. Dazu kommen über 2.700 Abbildungen und 420 Texte. Eine Bildband-Schatztruhe zum Stöbern und Staunen, ein Fenster in die Seele des Kinos, eine Zeitmaschine auf Papier.
Unterhaltsamer Bildband mit extrem viel Material
Egal, auf welcher Seite man das Buch aufschlägt - man schaut und liest sich fest. Da sind die glitzernden Pailletten aus Marlene Dietrichs "Blauer Engel"-Kostüm oder handgeschriebene Drehbuchnotizen von Wim Wenders. Es gibt Filmplakate, zum Beispiel zu Bernhard und Michael Grzimeks Oscar-Erfolg "Serengeti darf nicht sterben": Vater und Sohn gezeichnet im Vordergrund, im Hintergrund das ikonische Zebra-Flugzeug mit seiner schwarz-weißen Streifenbemalung. Es gibt Kulissenfotos und Szenenbilder: Sean Connery in Mönchskutte vor einem sich schemenhaft abzeichnenden Kloster: Er ist William von Baskerville im Welterfolg "Der Name der Rose". Außerdem Zeitungsausschnitte und einordnende Essays.
"Wir haben das, was man zu Filmen sammeln kann, relativ gut beieinander, um damit auch eine Geschichte des deutschen Films und auch des Exil-Films zu erzählen", sagt Rainer Rother, der Herausgeber des Buches und seit vielen Jahren Künstlerischer Leiter der Deutschen Kinemathek in Berlin. Er präsentiert in diesem Bildband enorm viel Material - und kann damit unterhaltsam erzählen.
Klassiker und vergessene Perlen
Das Buch ist in zwölf Kapitel unterteilt. Jedes beleuchtet ein Jahrzehnt der Filmgeschichte und zeigt sehr aufschlussreich, wie der deutsche Film sich immer wieder verändert hat: von den stummen, expressionistischen Meisterwerken der 1920er-Jahre und den Propaganda-Filmen der NS-Zeit über die Nachkriegsjahre und DEFA-Produktionen bis zu den heutigen Streaming-Produktionen. Ganz wichtig dabei sind auch die erfolgreichen Autorenfilme der 1970er-Jahre.
Der Bildband beleuchtet die großen Klassiker genauso wie vergessene Perlen und Persönlichkeiten: Wer hat schon mal was von deutschen Stummfilm-Western gehört, die zwischen 1919 und 1921 in Ludwigshafen oder am Brandenburger Liepnitzsee gedreht wurden? Wer erinnert sich noch an den "Neuen Münchner Film" der 60er- oder an die Anfänge des deutsch-türkischen Kinos ab Mitte der 80er-Jahre? Es macht Lust, Filme zu entdecken oder wiederzusehen. Was auch an den erhellenden Texten liegt, zum Beispiel zu den Edgar Wallace-Filmen:
Ort der Handlung ist ein deutschen Klischeevorstellungen entsprungenes, nebelumwobenes London, gefilmt in bis heute ästhetisch wirkendem Gothic-Horror-Schwarz-Weiß. Tatsächliche Drehorte waren Berlin und Hamburg, bei den London-Bildern handelt es sich um kostengünstige Archivaufnahmen. Leseprobe
Eine Liebeserklärung an das bewegte Bild
Was dieses Buch wirklich einzigartig macht, ist die Verbindung von Detailtiefe und visueller Opulenz. Es ist eine Hommage an die Kunst des Films und eine Liebeserklärung an das bewegte Bild. Wenn Bücher Preise gewinnen könnten wie Filme, dann wäre "Der deutsche Film" ein klarer Kandidat für den "Best Picture"-Oscar. Ein 960 Seiten langer, wunderbarer Film, den man nicht enden lassen möchte.
Der deutsche Film. Aus den Archiven der Deutschen Kinemathek
- Seitenzahl:
- 960 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Verlag:
- Hatje Cantz
- Bestellnummer:
- 978-3-7757-5786-7
- Preis:
- 98 €