Nina Hagen: Die Deutsche Godmother of Punk wird 70
Schrill, bunt, exzentrisch: Kaum eine deutsche Musikerin polarisiert mehr als Nina Hagen. Für die einen ist sie eine geniale Musikerin, für die anderen eine durchgeknallte Nervensäge.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hat der Sängerin Nina Hagen zu ihrem runden Geburtstag gratuliert. Roth würdigte Hagen in Berlin in einer Pressemitteilung als "die weibliche Rock-Röhre Deutschlands", die sich nie gescheut habe, gesellschaftliche und politische Missstände zu kritisieren. Die am 11. März 1955 geborene Rocksängerin wird jetzt 70 Jahre alt.
Schrill, bunt und durchgeknallt: Nina Hagen
Hochtoupierte Mähne, ein Make-up, das an die Kriegsbemalung amerikanischer Indianer-Stämme erinnert, und immer wieder exzentrisch-skandalöse Auftritte als Sängerin und Talkgast - wohl kaum eine deutsche Musikerin polarisiert mehr als Nina Hagen. Für die einen ist sie die geniale Musikerin mit der orgelnden Vier-Oktaven-Stimme, für die anderen ist sie einfach nur eine durchgeknallte Nervensäge. In einem Punkt sind sich jedoch Fans und Kritiker sicher einig - langweilig und vorhersehbar ist die gebürtige Ost-Berlinerin bestimmt nicht.
Die "Mutter des Punks" wurde mit Hits wie "TV Glotzer" oder "Du hast den Farbfilm vergessen" bekannt. Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wählte den "Farbfilm" als eines der Stücke für den Großen Zapfenstreich zu ihrem Abschied aus. Im Jahr 2022 erschien Hagens bislang letztes Album, "Unity".
Passt musikalisch in keine Schublade

Mit dem Schlager "Du hast den Farbfilm vergessen" avanciert die Ost-Berliner Göre 1974 zum Star der DDR-Jugendkultur. Nach ihrer Ausbürgerung in den Westen geht dann mit ihrem Debütalbum "Nina Hagen Band" im Jahr 1978 die große Karriere los. Die Soloalben der Künstlerin erscheinen teilweise als deutsch- und englischsprachige Version.
Dabei passt sie musikalisch in keine Schublade: Von Punk über Gospel bis hin zu politischen Songs ist alles dabei. Nach Misserfolgen und langen Pausen erfindet sich Hagen immer wieder neu und kehrt stets zurück auf die Bühne.
Auftritte als Skandalnudel
Und nicht nur als Musikerin sorgt Hagen für Furore: Ehen und Beziehungen zu wesentlich jüngeren Männern, angebliche Kontakte zu Außerirdischen, Gottesvisionen, Taufe mit 54 und immer wieder skurrile Auftritte in Talkshows sind so manchem deutschen Spießbürger nicht geheuer. Unvergessen in den Köpfen der Zuschauer ist die Szene geblieben, in der sich Hagen in einer österreichischen TV-Show zwischen die Beine fasst und anschaulichen Unterricht in fachgerechter weiblicher Masturbation gibt. In der Talkshow "Menschen bei Maischberger" sagt Hagen nach einer hitzigen Diskussion mit Jutta Ditfurth: "Ich finde es furchtbar, was diese dicke Frau da mit mir macht."
Nina Hagen wird nicht in Schauspielschule aufgenommen
Im Jahr 1955 kommt Nina Hagen am 11. März im Ost-Berliner Bezirk Friedrichshain als Tochter der Schauspielerin Eva-Maria Hagen und des Autors Hans Hagen zur Welt. Die Eltern trennen sich früh und der SED-kritische Liedermacher Wolf Biermann nimmt die Rolle des Ersatzvaters ein. Als Angehörige eines Dissidenten steht sie unter Beobachtung der Staatssicherheit. Mit ihrer unangepassten Art geht Hagen schon früh auf Konfrontationskurs. Der Antrag auf Aufnahme in die Schauspielschule wird Anfang der 1970er-Jahre abgelehnt. Doch den Mund lässt sich Nina Hagen nicht verbieten, macht erste musikalische Gehversuche mit Bands in Polen. Zurück in der DDR darf sie mit einer Gesangsausbildung beginnen.
Erfolg auch im Ausland
Im Jahr 1976 folgt Hagen mit ihrer Mutter dem ausgebürgerten Wolf Biermann in den Westen. Sie geht zunächst nach London und lässt sich von der beginnenden Punkbewegung inspirieren. Zurück in Deutschland lebt sie in West-Berlin und gehört mit der Nina Hagen Band zu den Wegbereitern der Neuen Deutschen Welle. Es folgen Jahre in den USA, wo sie mit englischsprachigen Songs auch kommerziell Erfolge feiert und ihre Tochter Cosma zur Welt bringt. Die Einflüsse der frühen Londoner Punkbewegung bleiben jedoch in Hagens Musik stets lebendig, was ihr den Spitznamen "Godmother of Punk" einbringt.
Nina Hagen ist eigentlich ein bescheidener Mensch
Es ist beeindruckend, dass Nina Hagen nie den Ruhm gesucht hat, nie offensiv ihre Karriere im Auge hatte. Sie ist eigentlich ein ganz bescheidener Mensch. Ihr Leben neben der Musik ist ihr wichtiger: Sozialarbeit, Hospizbesuche, Charity Aktionen für sauberes Wasser in Indien oder eine Filmdoku über ihren Yogameister. Nina Hagen macht was sie will und sorgt für sich - auch mit 70 Jahren. "Ich mache Power Walking, also schnelles Laufen durch den Wald."
