Eva-Maria Hagen: Sie galt als die "Brigitte Bardot der DDR"
Am 19. Oktober wäre die Schauspielerin 90 Jahre alt geworden. Sie war vielseitig talentiert und in der DDR ein Star. Dort fiel sie allerdings in Ungnade, weil sie mit dem Liedermacher Wolf Biermann liiert war.
Geboren wird Eva-Maria Hagen am 19. Oktober 1934 in Költschen im Kreis Oststernberg in der damaligen Provinz Brandenburg. Ihr Mädchenname ist Buchholz. Die Eltern sind Landarbeiter. Ihren Vater verliert Eva-Maria früh. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird die Familie vertrieben. Hagens Mutter und die drei Kinder finden in Perleberg in der Prignitz eine neue Heimat.
Von der Maschinenschlosserin auf die Bühne
Dass sie Schauspielerin werden sollte, ist da noch nicht absehbar. Im Bahnbetriebswerk Wittenberge macht Eva-Maria Hagen eine Maschinenschlosserlehre. Erst danach widmet sie sich den Darstellenden Künsten. 1952 beginnt sie in Ost-Berlin ein Schauspielstudium. Schon 1953 feiert Eva-Maria Hagen ihr Theaterdebüt am berühmten Berliner Ensemble unter der Regie von Bert Brecht im Stück "Katzgraben" von Erwin Strittmatter. 1956 wechselt sie an die Fritz-Kirchoff-Akademie in West-Berlin, wo sie im Folgejahr ihr Examen ablegt.
Durchbruch 1957 mit "Vergesst mir meine Traudel nicht"
Mit der DEFA-Filmkomödie "Vergesst mir meine Traudel nicht" gelingt Eva-Maria Hagen 1957 der Durchbruch als Schauspielerin. Die Titelrolle verhilft ihr zu großer Popularität. In den folgenden Jahren avanciert sie zu einer der erfolgreichsten Schauspielerinnen der DDR. Neben Bühnenengagements wirkte sie in rund 50 DEFA- und diversen Fernsehfilmen mit, wo die eigentlich dunkelhaarige Hagen oft in Rollen von kurvigen Blondinen schlüpft, was ihr bald den Titel "Brigitte Bardot der DDR" einbringt.
Beziehung zu Wolf Biermann missfällt der DDR-Führung
1954 heiratet die Schauspielerin den Drehbuchautoren Hans Oliva-Hagen. Die Ehe hält fünf Jahre. Aus ihr geht die 1955 geborene Tochter Catharina hervor, die später unter dem Namen Nina Hagen als Sängerin bekannt wird. In den 1960er-Jahren ist Eva-Maria Hagen mit dem Dramatiker und Lyriker Peter Hacks zusammen.
Von 1965 bis 1972 ist die Schauspielerin mit dem Liedermacher Wolf Biermann liiert. Diese Beziehung hat Folgen. Biermann erhält 1965 ein Auftritts- und Publikationsverbot, weil die DDR-Führung mit seinen kritischen Texten überhaupt nicht einverstanden ist. So gerät auch Hagen in die Schusslinie. Zunächst werden ihre Arbeitsmöglichkeiten eingeschränkt. Sie darf fast nur noch in Theatern in der Provinz auftreten. Gegen sie wird zudem ein Prozess wegen Staatsverleumdung geführt. Hagen protestiert gegen die Ausbürgerung Biermanns. 1977 entzieht die DDR ihr die Staatsbürgerschaft. Eva-Maria Hagen siedelt daraufhin mit ihrer Tochter Nina in die Bundesrepublik über.
Karriereknick und Neuorientierung im Westen
Im Westen ist Hagen als Schauspielerin wenig bekannt. In ihrer beruflichen Laufbahn wird sie zurückgeworfen. Sie bekommt aber Engagements an kleinen Theater, zudem baut sie sich eine zweite Karriere als Chansonsängerin auf. Sie veröffentlicht zwei Langsspielplatten. Ihr ständiger Begleiter am Klavier wird 1985 Siegfried Gerlach, der sie dann auch privat begleitet.
Rollen für Fernsehen und Film
Auch Fernsehrollen werden ihr angeboten. Dort ist sie zum Beispiel zu sehen in "Stubbe - Von Fall zu Fall", "Pfarrer Braun", "Der Dicke" oder "Großstadtrevier".
Außerdem spielt sie in vielen Filmen mit. In dem dreiteiligem Dokudrama "Die Kinder der Flucht" übernimmt sie die Rolle einer gealterten Frau, die im Sommer 1955 mit ihrer Freundin sehnsüchtig auf ihre einstige große Liebe wartet, den sie infolge der Nachkriegswirren jahrzehntelang nicht gesehen hat. 2009 verkörpert sie in Leander Haußmanns Filmkomödie "Dinosaurier - Gegen uns seht ihr alt aus!" die Hauptrolle einer pensionierten Lehrerin. 2012 ist sie als Großmutter in dem deutsch-australischen Spielfilm "Lore" zu sehen, 2013 spielt sie eine Hauptrolle in dem Fernsehfilm "Fliegen lernen" von Christoph Schrewe.
2014 leiht sie ihre Stimme der Bienenkönigin in dem deutsch-australischen Animationsfilm "Die Biene Maja - Der Kinofilm".
Hagen schreibt auch Bücher
Eva-Maria Hagen ist auch als Autorin aktiv. Sie veröffentlicht mehrere Bücher. 1997 kommt ihr Roman "Eva und der Wolf" heraus, der auf Briefen und Tagebuchaufzeichnungen basiert und tiefe Einblicke in die gemeinsamen Jahre mit Wolf Biermann bietet. "Evas schöne neue Welt" aus dem Jahr 2000 löst einen Streit mit Tochter Nina aus, die sich in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt fühlt. Von 2006 stammt "Eva jenseits vom Paradies". Das Buch erzählt von den wilden Jahren der Autorin. "Liason amoureuse" von 2013 beschreibt ihre kurze, aber heftige Liebesgeschichte mit dem DDR-Dramatiker Peter Hacks.
Im Alter von 87 Jahren in Hamburg gestorben
Im Jahr 2000 widmet die ARD den Hagens ein filmisches Porträt in der Reihe "Familiengeschichten" - mit den Hauptpersonen Großmutter und Schauspielerin Eva-Maria, Tochter und Rocksängerin Nina und Enkelin und Schauspielerin Cosma Shiva.
Eva-Maria Hagen, die sich auch für die Malerei, besonders für das Malen mit Ölfarbe, interessiert, stirbt am 16. August 2022 in Hamburg. Sie wird 87 Jahre alt.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version hatten wir Perleberg ins Mecklenburgische verlegt. Korrekt ist in der Prignitz bzw. im Brandenburgischen. Wir bitten für diesen Fehler um Entschuldigung.