Vor 100 Jahren: "Peenemünder Haken" wird Naturschutzgebiet
An der Nordspitze Usedoms entsteht am 30. März 1925 das erste Naturschutzgebiet des Landes: der "Peenemünder Haken" mit der Halbinsel Struck und der Insel Ruden. 1936 testen die Nationalsozialisten dort Raketen.
Höckerschwäne, Eisenten und Blässgänse leben und brüten an der Nordspitze Usedoms. Weitere Vogelarten rasten im ersten anerkannten Naturschutzgebiet des Landes auf einer Fläche von 2.643 Hektar. Weil das Gebiet ein besonderer Lebensraum für Seevögel ist, wird es am 30. März 1925 unter Schutz gestellt.
Naturschützer beschweren sich über Einheimische
Naturschützer und Badegäste schätzen den "Peenemünder Haken" wegen der unberührten Naturlandschaften. Die Einheimischen leben damals von Fischerei und Landwirtschaft. Beide Seiten stehen sich bald unversöhnlich gegenüber. Da habe es dann tatsächlich auch große Beschwerden gegeben, dass der Vogelschutz hier nicht eingehalten würde und dass gerade die Peenemünder unter den Vögeln gewildert hätten. "Also die Peenemünder haben junge Schwäne gegessen." Das habe viele Beschwerden unter den Naturschützern ausgelöst, erläutert Daniela Teschendorf vom Historisch-Technischen Museum Peenemünde die damalige Situation.
"Peenemünder Haken" ist 60 Jahre im militärischen Besitz
Gemeinsam mit ihrem Kollegen Philipp Aumann hat Teschendorf die Geschichte des Naturschutzgebietes aufgearbeitet, das 1936 an die Wehrmacht verkauft wird. 60 Jahre ist das Gebiet im Norden der Insel im militärischen Besitz - und damit Sperrgebiet. "Die Naturschützer waren dann ganz glücklich, dass jetzt das Militär kommt und Landwirtschaft, Forst Fischerei aussperrt", so Aumann. Die Hoffnung ist groß, dass es im Sperrgebiet ruhiger wird.
Zweiter Weltkrieg: Naturschutzgebiet wird zum Kampfgebiet
Doch das Gegenteil ist der Fall: Im Naturschutzgebiet "Peenemünder Haken" entsteht das größte militärische Forschungszentrum Europas. Dafür werden Deiche gebaut, Moore entwässert und Land aufgespült. In Peenemünde lässt die Wehrmacht unter anderem die berüchtigte V2-Rakete produzieren und damit London und Belgien bombardieren. 1943 schlagen die Alliierten mit der "Operation Hydra" zurück: Tausende Bomben fallen auf Peenemünde und das Naturschutzgebiet. Der "Peenemünder Haken" wird zur Kampfzone. Nach dem Krieg sprengt die sowjetische Armee die noch erhaltenen militärischen Anlagen.
Sowjetische Besatzer und NVA nutzen "Peenmünder Haken"
In der Folge wird auch die Natur weiter großflächig zerstört. Der "Peenemünder Haken" wird zur Ruinenlandschaft und bleibt noch für Jahrzehnte militärisches Sperrgebiet. Zunächst nutzen die sowjetischen Besatzer Hafen und Flugplatz. Ab 1952 übernimmt die Nationale Volksarmee (NVA) das Gelände. Auch für den Naturschutz brechen nach Kriegsende schwierige Zeiten an, denn der hat in der DDR keine Bedeutung. Wo nicht gerade unzugängliche Abschnitte wie Sumpf, Moor oder Erlenbrüche sind, werden die kompletten Baumbestände gerodet und abtransportiert.
Artenreiche Denkmal-Landschaft zwischen Bunkerruinen
Nach Abzug des Militärs steht das Gebiet mittlerweile wieder unter strengem Naturschutz. Viele Vogelarten sind in den "Peenemünder Haken" zurückgekehrt. Sie leben in einer artenreichen Denkmal-Landschaft zwischen Bunkerruinen am Greifswalder Bodden.
