Museum Peenemünde: Fluch und Segen der Raketentechnik
Im Zweiten Weltkrieg konstruierten Ingenieure in Peenemünde auf Usedom die berüchtigte V2-Rakete. Das Historisch-Technische Museum dokumentiert die zwiespältige Entwicklung und zeigt die Folgen auf.
3. Oktober 1942: In Peenemünde gelingt der weltweit erste Start einer Rakete in den Weltraum. Bei dem Testflug erreicht die A4-Rakete eine Geschwindigkeit von 4.824 Kilometern pro Stunde und eine Höhe von 84,5 Kilometern. Die A4 - auch V2 genannt - gilt heute als Vorläufer aller militärischen und zivilen Trägerraketen. Mit dieser zwiespältigen Entwicklung setzt sich seit 1991 das Historisch-Technische Museum Peenemünde (HTM) auf der Ostseeinsel Usedom auseinander.
Denkmal-Landschaft auf dem Gelände der einstigen Versuchsanstalt
Die einstige Heeresversuchsanstalt Peenemünde war zwischen 1936 und 1945 eines der modernsten Technologiezentren der Welt. Heute ist das riesige Gelände eine Denkmal-Landschaft. Im Schalthausanbau des einstigen Peenemünder Kraftwerks befindet sich eine Dauerausstellung. Sie zeigt die Geschichte der deutschen Raketentechnik von den Visionen der Pioniere in den 1920er-Jahren bis hin zur Entwicklung der ersten militärischen Großrakete und zur Serienfertigung der Rakete A4, die ab 1944 gegen westeuropäische Großstädte eingesetzt wurde.
Zeitzeugen-Dokumente, Filme, Modelle und Originalteile
Zu sehen sind neben Dokumenten und Originalteilen auch Interviews von Zeitzeugen, Filme und Modelle. Über die Entwicklung der Raketentechnik nach dem Zweiten Weltkrieg, das Wettrüsten im Kalten Krieg, aber auch die ersten Erfolge in der zivilen Raumfahrt informiert ein weiterer Bereich. Die Ausstellung hat sich zudem zum Ziel gesetzt, nicht nur zu informieren, sondern auch zum Nachdenken über die Geschichte des Ortes und die Verantwortung von Wissenschaft und Technik gegenüber Mensch und Umwelt zu animieren.
Ein riesiges Kraftwerk - errichtet von Zwangsarbeitern
Das Kraftwerk auf dem Gelände der ehemaligen Versuchsanstalt ist das größte technische Denkmal in Mecklenburg-Vorpommern. Zahllose Zwangsarbeiter mussten es errichten. Ab 1942 produzierte es Strom, der für die Entwicklung und Produktion von Raketen und die Herstellung von flüssigem Sauerstoff für den Raketenantrieb in großen Mengen benötigt wurde. Ein gläserner Aufzug führt zu einer Aussichtsplattform auf dem Dach des Kraftwerks. Von oben bietet sich aus 30 Metern Höhe ein Rundblick über das weitläufige Gelände.
Rundtour durch die Denkmal-Landschaft im Freigelände
Ein 22 Kilometer langer Rundweg führt zu historisch interessanten Punkten der Denkmal-Landschaft. An jeder der 23 Stationen befindet sich eine mehrsprachige Hinweistafel mit weiteren Informationen. Veranschaulicht werden zudem die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Zwangsarbeiter, Kriegsgefangenen und KZ-Häftlinge in Peenemünde. Eine kostenlose App erleichtert die Orientierung, bietet Tourenvorschläge und ergänzt die Informationen vor Ort mit historischen Fotos, Filmaufnahmen, Dokumenten und Zeitzeugenberichten. So führt etwa eine Kurztour zu Stationen wie der Kapelle des einstigen Fischerdorfes Peenemünde, dem Flugplatz, einem KZ-Arbeitslager und den wenigen Überresten der Hauptwache.
Flugzeuge und Boote aus DDR-Zeiten
Auf dem Freigelände sind zudem weitere Ausstellungsstücke zu sehen, darunter Nachbauten des Flugkörpers "Fi 103" - auch V1 genannt - und der Rakete A4 (V2). Zudem ist ein restauriertes Original der Peenemünder Werkbahn zu besichtigen. Auch Hinterlassenschaften aus der DDR-Vergangenheit sind auf dem Freigelände zu finden, etwa Jagdflugzeuge und ein Schnellboot der Nationalen Volksarmee (NVA). Von 1952 bis 1990 war Peenemünde unter anderem NVA-Marinestützpunkt. Teile des Areals sind noch immer mit alter Munition belastet und deshalb für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.