Luxus auf See: Vom Beginn der Kreuzfahrt
Am 22. Januar 1891 startet in Cuxhaven das Dampfschiff "Augusta Victoria" zu einer Vergnügungsreise ins Mittelmeer. Die Tour geht später als erste Kreuzfahrt in die Geschichte ein.
An Bord der "Augusta Victoria" sticht am 22. Januar 1891 in Cuxhaven eine erlesene Gesellschaft in See. Die Reisenden wollen nicht - wie zu dieser Zeit üblich - mit dem Schiff den Atlantik überqueren. Sie nehmen vielmehr an einer Seefahrt teil, die ausschließlich ihrem Vergnügen dient. Viel Zeit und Geld müssen die Passagiere mitbringen, denn vor ihnen liegt eine zwei Monate lange Reise: über Southampton und Gibraltar, durch das Mittelmeer bis nach Syrien und Ägypten, zurück über Malta und Lissabon an die deutsche Küste. Die Tour geht später als erste Luxus-Kreuzfahrt in die Geschichte ein.
Ein Programm gegen die Winter-Flaute
Veranstalter der Reise ist die angesehene Reederei "Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft" oder kurz Hapag. Ihr Direktor Albert Ballin sorgt sich um die Auslastung seiner Passagierschiffe, die erfolgreich auf der Nordamerika-Route verkehren. Im Winter bricht das Geschäft jedoch regelmäßig ein. Nur wenige Auswanderer, die einen großen Teil der Passagiere stellen, verlassen ihre Heimat in der kalten Jahreszeit.
Ballin kommt auf die Idee, mit seinem erst zwei Jahre alten Schiff "Augusta Victoria" eine "Bildungs- und Vergnügungsreise" in wärmere Gegenden auszuschreiben. Schnell sind die 174 Plätze ausgebucht.
An Bord der 145 Meter langen "Augusta Victoria" herrscht Luxus pur: Die Kabinen sind großzügig, erstklassige Köche sorgen für die Verpflegung und ein Unterhaltungsprogramm lässt keine Langeweile aufkommen. Insgesamt gehören 245 Mitarbeiter zur Crew. Auch Ballin selbst, der als charmanter Gesprächspartner gilt, lässt sich die Premiere nicht entgehen.
Kreuzfahrten mit Landausflügen bis zu den Pyramiden
Nicht nur an Bord erfüllt die Reise die Erwartungen der betuchten Gäste. Bei 13 organisierten Ausflügen sammeln sie Eindrücke der exotischen Mittelmeer-Länder. Vom Hafen Alexandria aus organisiert Ballin sogar eine Tour nach Kairo und zu den Pyramiden. Die "Augusta Victoria" mit ihren drei mächtigen Schornsteinen erregt in allen Häfen Aufsehen. Sie ist mit 7.661 Bruttoregistertonnen das größte Passagierschiff, das bis dahin die Straße von Gibraltar durchfahren hat.
Der zunächst skeptisch beobachtete Test Ballins wird zum vollen Erfolg und weiteren Standbein der Hapag. Dabei stört es auch nicht, dass die "Augusta Victoria" die Werft in Stettin mit einem "Geburtsfehler" verlassen hat: Sie sollte den Namen der Frau des deutschen Kaisers Wilhelm II. tragen, die jedoch Auguste Viktoria hieß.
100 Jahre später boomt die Kreuzfahrt - und schafft Probleme
Die Hapag setzt bald weitere Schiffe für Kreuzfahrten zum Nordcap und in die Karibik ein, die damals noch Westindien genannt wurde. Neben der Handels- und Passagierschifffahrt über den Atlantik etablierte sich so ein weiterer Geschäftszweig. Andere Reedereien folgen dem Vorbild. Vergnügungsreisen auf See entwickeln sich zu einem wichtigen Teil der Tourismus-Branche und erleben rund 100 Jahre später einen wahren Boom - und zum hart umkämpften Segment auf dem Reisemarkt.
Schon bald gibt es für jeden Kunden und jedes Portemonnaie das passende Schiff. Aber auch Probleme: Immer wieder kritisieren Umweltschützer die Kreuzfahrtindustrie für die gewaltigen Mengen klimaschädlicher Emissionen, die von den Kreuzlinern ausgestoßen werden. Auch habe die Branche keine wirkliche Strategie für die künftige Schadstoff-Reduktion.
125 Jahre Kreuzfahrt bringen neues Logo und neuen Namen
Um an seine Wurzeln zu erinnern, hat der Kreuzfahrten-Anbieter, der seit seiner Fusion mit den Norddeutschen Lloyd 1970 Hapag-Lloyd heißt, zum 125-jährigen Jubiläum der ersten Kreuzfahrt 2016 die Jahreszahl 1891 in sein Logo aufgenommen. Und um die internationale Ausrichtung zu betonen, wurde die Firma Hapag-Lloyd Kreuzfahrten kurzerhand in Hapag-Lloyd Cruises umbenannt. Heute gehört die traditionsreiche Kreuzfahrtreederei zum Gemeinschaftsunternehmen TUI Cruises. Royal Caribbean und die TUI AG aus Hannover sind daran zu je 50 Prozent beteiligt.
Hapag-Lloyd Cruises setzt auf Expeditionskreuzfahrten
Zur Flotte von Hapag-Lloyd Cruises zählen zurzeit zum einen die MS "Europa" und die "Europa 2" - wie zu Zeiten von Direktor Ballin würden die Gäste in ihren Kabinen hier immer frische Blumen finden, verspricht das Unternehmen. Und mit der "Hanseatic nature" und der "Hanseatic inspiration" sind zwei Schiffe der sogenannten Expeditionsklasse am Start, die ihre Gäste mit Erkundungsabenteuern von der Arktis bis zum Amazonas locken. Seit 2021 vervollständigt die "Hanseatic spirit" die Flotte. Seit 2010 fährt die gesamte Flotte laut Unternehmensangaben ohne Schweröl und setzt stattdessen zu 100 Prozent das schadstoffärmere Marine Gasöl ein.
"Augusta Victoria" findet jähes Ende als Kriegsschiff
Die "Augusta Victoria" ist bis 1904 als Passagierschiff auf den Meeren unterwegs. Inzwischen setzen die Reedereien aber auf größere Schiffe und so verkauft die Hapag den 1897 in "Auguste Victoria" umbenannten Kreuzfahrer 1904 an die russische Armee. Umgebaut nimmt sie unter dem Namen "Kuban" am russisch-japanischen Krieg teil. 1907 kehrt das Schiff nach Stettin zurück und wird abgewrackt - nach weniger als 20 Jahren.
Für die Reederei Hapag war schon 1905 eine namentliche Nachfolgerin vom Stapel gelaufen: die "Kaiserin Auguste Victoria". Der Schnelldampfer gilt bei seiner Indienststellung als größtes Schiff der Welt auch auf der Nordamerika-Route eingesetzt, aber nicht allein für Reisende genutzt. Das erste ausschließlich für Kreuzfahrten gebaute Schiff war 1900 übrigens als "Prinzessin Victoria Luise" bei Blohm + Voss vom Stapel gelaufen.