Untersuchungen mit einem Herzkatheter in einem Krankenhaus, © picture-alliance / Klaus Rose | Klaus Rose

Zweitmeinung: Herzkatheter zur Diagnose oft unnötig

Stand: 19.10.2021 10:08 Uhr

Es besteht der Verdacht, dass einige Herzkatheter sowie weitere kardiologische Untersuchungen unnötig sind. Daher wird jetzt ein gesetzlicher Anspruch auf eine Zweitmeinung vor dem Eingriff gefordert.

Zur Diagnostik und Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen wird hierzulande besonders oft ein Herzkatheter verwendet. Doch fast die Hälfte dieser Eingriffe wird nicht im Notfall, sondern zur Abklärung unklarer kardiologischer Beschwerden vorgenommen. Dabei gibt es Alternativen, die nicht invasiv sind, also nicht in den Körper eindringen, und daher ein geringeres Risiko für Komplikationen haben. Um unnötige Eingriffe zu verhindern, schlägt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vor, bei den folgenden herzmedizinischen, planbaren Untersuchungen und Eingriffen den Anspruch auf das Einholen einer Zweitmeinung gesetzlich zu verankern:

  • Implantation von Defibrillatoren und Herzschrittmachern,

  • Elektrophysiologische Untersuchung und Ablation,

  • Myokardperfusionsbildgebung,

  • Perkutane Koronarintervention (PCI),

  • Herzkatheteruntersuchung/ Koronarangiografie,

  • Chirurgie des (intakten) Aortenaneurysmas,

  • Herzklappenersatz und CABG Koronararterien-Bypassoperation (CABG).

Katheter bei drohendem Herzinfarkt alternativlos

Ein kleiner Schnitt, dann wird der Katheter, ein dünner Draht, von der Leiste oder dem Handgelenk zum Herz vorgeschoben. So lassen sich Engstellen in den Herzkranzgefäßen aufspüren und, wenn nötig, mit einem Stent beseitigen. In Deutschland wird dieser Eingriff pro Jahr mehr als eine Million Mal gemacht - rund doppelt so oft wie in vergleichbaren Ländern.

 

Im Notfall, bei einem drohenden Herzinfarkt, ist die invasive Katheteruntersuchung alternativlos und kann Leben retten: Klagen Betroffene bereits über Brustschmerzen oder Luftnot und bringen eine Reihe von Risikofaktoren mit, muss das Herz mit großer Wahrscheinlichkeit per Katheter sofort behandelt werden.

Viele Herz-Untersuchungen sind überflüssig

Doch fast die Hälfte der Kathetereingriffe wird nicht im Notfall, sondern zur Abklärung unklarer kardiologischer Beschwerden vorgenommen. Der Verdacht: Viele dieser Untersuchungen sind unnötig. Denn ein Report des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zeigt, dass 32 Prozent dieser rein diagnostischen Untersuchungen ohne pathologischen Befund geblieben sind. Trotzdem musste der Patient oder die Patientin das Risiko einer Komplikation eingehen, wie Gefäßverletzung, Blutungen oder in seltenen Fällen sogar Herzinfarkt und Schlaganfall. Dabei gibt es häufig alternative Untersuchungen wie ein MRT oder CT des Herzens, die aber kaum angeboten werden.

Zweitmeinung kann Therapie-Alternativen aufzeigen

Wenn Betroffene unsicher sind, sollten auch die Ärztinnen und Ärzte sie dazu ermuntern eine zweite Meinung einzuholen. Denn es ist wichtig, dass Patientinnen und Patienten vor der OP Vertra uen haben, sich gut aufgehoben fühlen und wissen, warum, wann und was passieren muss. Doch viele Betroffene trauen sich nicht, zu fragen, ob sie sich eine zweite Meinung einholen dürfen, weil sie fürchten, ihre Ärztin oder Arzt sei dann beleidigt.

Dabei kann eine Zweitmeinung Sicherheit bieten und eventuell Alternativen zu einem invasiven Eingriff aufzeigen. Es kann aber auch Fälle geben, wo eine Zweitmeinung eher verwirrt. Zum Beispiel, wenn ein Patient oder eine Patientin zwei unterschiedliche Empfehlungen von Ärzten bekommt. Daher ist es das A und O, ein Vertrauensverhältnis zwischen Patientinnen und Patienten und den behandelnden Ärzten aufzubauen. Auch ein ausführliches Gespräch ist wichtig, um gemeinsam eine Entscheidung für oder gegen einen Eingriff zu treffen.

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