Ein Antigen-Schnelltest zeigt ein positives Ergebnis an. © picture alliance/Jochen Tack Foto: Jochen Tack

Wie treffsicher sind Corona-Schnelltests noch?

Stand: 09.11.2022 14:00 Uhr

Die Corona-Herbstwelle ist abgeflaut, die Politik setzt auf Eigenverantwortung. Wer Vulnerable mit schützen will, greift zum Schnelltest. Doch dabei gibt es mittlerweile einiges zu beachten.

von Korinna Hennig

Das Ergebnis scheint eindeutig: Husten, Halskratzen, ein mattes Gefühl - wer so klare Symptome hat, muss ansteckend sein. Ein negativer Corona-Schnelltest würde dann also bedeuten: Entwarnung, vermutlich ist es ein anderes Erkältungsvirus. Doch so einfach ist es nicht - und das liegt nicht nur an falsch-negativen Ergebnissen. Denn die Omikron-Variante und die zunehmende Immunität in der Bevölkerung haben einiges verändert, auch wenn Schnelltests nach wie vor ein nützliches Werkzeug sein können.

Nicht nur einmal testen

Grundsätzlich schlagen Antigen-Tests bei der Omikron-Variante nach wie vor gut an, sagt Marc Lütgehetmann, Oberarzt und Mikrobiologe am Zentrum für Diagnostik im Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf. "Eigentlich sogar wieder besser" als bei manchem Vorgänger-Virus. Bei der Alpha- und Delta-Variante dagegen konnten bei einigen Tests Einschränkungen in der sogenannten analytischen Sensitivität nachgewiesen werden. Doch im echten Leben kommen noch mehr Faktoren hinzu.

Wer gleich zu Beginn einer Infektion testet, könnte zu früh dran sein, zumindest wenn man geimpft ist und womöglich schon mindestens einmal infiziert war. Denn wenn das Immunsystem bereits vorgewarnt ist, wird das Virus oft schneller erkannt. Die Symptome setzen dann früher im Infektionsverlauf ein, auch wenn die Viruslast noch nicht ihren Höhepunkt erreicht hat. Die Nachweisgrenze für den Schnelltest wird also bei vielen - anders als in der ersten Phase der Pandemie - möglicherweise später überschritten. Ein oder zwei Tage danach fällt der Test dann schon positiv aus. Zwar gibt es dazu wenig Forschungsdaten, diese Beobachtung wird allerdings immer wieder berichtet.

Hybridimmunität verändert Testreaktion

Vor allem eine bereits durchgemachte Infektion könnte außerdem dazu führen, dass Antikörper ein bestimmtes Virusprotein verstärkt "einfangen", das der Test nachweisen soll, das Nukleokapsid, kurz N-Protein. Auch Marc Lütgehetmann hält es für möglich, dass die Testreaktion dadurch beeinträchtigt wird, vor allem am Anfang. Dazu kommt: Die Omikron-Variante vermehrt sich offenbar im Rachen schneller als in der Nase, weshalb ein Nasenabstrich etwas später positiv wird, wie zum Beispiel die Infektiologin Claudia Denkinger, die viel zur Corona-Diagnostik geforscht hat, schon vor Monaten feststellte. Trotzdem können Antigen-Tests nach wie vor ein wichtiges Instrument sein, um vulnerable Menschen zu schützen, auch wenn sie keine 100-prozentige Treffsicherheit bieten.

Mutationen beeinträchtigen Schnelltests nicht

Denn bislang sieht es nicht danach aus, als würden die Tests das Coronavirus demnächst weniger gut erkennen, obwohl SARS-CoV-2 sich weiter verändert. Bei den Omikron-Subtypen BA.1 und BA.2 konnte das Paul-Ehrlich-Institut keine Hinweise auf eine verringerte Sensitivität finden. Und auch beim aktuell kursierenden Omikron-Typ BA.5 sieht es gut aus: Er zeigt keine neue Mutation im N-Protein, das für die Testreaktion entscheidend ist. "Das Virus mutiert momentan ja vor allem im Spike-Protein", sagt Diagnostiker Marc Lütgehetmann. Das gilt auch für die Omikron-Subtypen BQ.1 und BQ.1.1., die gegenwärtig unter Beobachtung stehen und sich regional auch ausbreiten. Dieses S-Protein spielt für die Antigentests allerdings keine Rolle.

Trotzdem sind Vorhersagen für Forschende schwierig. Denn Schnelltests arbeiten mit zwei synthetisch hergestellten Antikörpern, die auf das Virusprotein (Antigen) reagieren und für die beiden Striche auf dem Teststreifen verantwortlich sind. Doch welche Antikörper das sind, legen die Hersteller in der Regel nicht offen.

Bislang aber gilt: Wer bei Symptomen zuhause bleibt und in den ersten Tagen weitertestet, erlangt ein Stückchen Sicherheit, vor allem wenn der Abstrich gut gemacht wird und man auch wirklich nach 15 Minuten erst abschließend abliest. Auch ein schwacher Strich zählt, wie Virologen immer wieder betonen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 08.11.2022 | 06:53 Uhr

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