Vogelgrippe: Wie gefährlich ist das Virus?
Die Vogelgrippe ist in Norddeutschland wieder auf dem Vormarsch. In Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen mussten bereits Zehntausende Tiere getötet werden, weil sich dort die Geflügelpest ausgebreitet hatte. Sowohl Hühner und Puten als auch Enten und Gänse können befallen sein. Wie gefährlich ist es für Tiere und Menschen? Wie können Tierhalter sich und ihr Haustier vor dem Erreger schützen? Antworten auf wichtige Fragen.
VIDEO: Geflügelpest in Zarnewanz: 13.000 Tiere werden getötet (3 Min)
Vogelgrippe oder Geflügelpest - was ist der Unterschied?
Vögel können - ähnlich wie Menschen - an Grippe erkranken. Der Erreger der Vogelgrippe (aviäre Influenza, von lat. "avis" für Vogel) kommt vor allem bei Wildvögeln, insbesondere Enten vor. Die Tiere sind häufig Virusträger, ohne selbst zu erkranken. Vogelgrippe-Viren treten in zwei Varianten auf, nämlich geringpathogen, also wenig krank machend und hochpathogen, also stark krank machend. Außerdem gibt es verschiedene Subtypen (H1-16 in Kombination mit N1-9). Hochpathogene aviäre Influenza-A-Viren der Subtypen H5 und H7 können bei Geflügel, insbesondere bei Hühnern und Puten, dazu führen, dass ein Großteil des infizierten Tiere an der Krankheit stirbt. MAn spricht in diesem Zusammenhang auch von der Geflügelpest, die also einen besonders schweren Verlauf der Vogelgrippe mit vielen Todesfällen meint.
Wie breiten sich die Vogelgrippe-Viren aus?
Die Viren verbreiten sich in der Regel über wildlebende Vögel, vor allem über Wasservögel. Durch Infektketten, an denen Wildvögel beteiligt sind, können die Viren durch den Vogelzug über große Entfernungen verbreitet werden. Die Viren werden nach Angaben der Max-Planck-Gesellschaft vor allem über den Kot infizierter Vögel ausgeschieden und können dann im Wasser oder feuchtem Schlamm weiter ansteckend bleiben. Über Schnabel und Nasenöffnungen kann sich dann das nächste Tier infizieren. Die Viren nisten sich in den Schleimhäuten ein und vermehren sich dort. Auch Greifvögel können sich infizieren, wenn sie Aas erkrankter Tiere fressen.
Welche Symptome haben erkrankte Tiere?
Hühner leiden laut Friedrich-Loeffler-Institut unter anderem an Teilnahms- und Appetitlosigkeit, Durchfall, geringerer Legeleistung und Störungen des zentralen Nervensystems, was sich an einer unnormalen Kopfhaltung und Gleichgewichtsstörungen zeigt. Ebenso werden Entzündungen der oberen Atemwege, Bindehautentzündungen sowie Veränderungen an Nebenhöhlen, Bronchien und Lungen beobachtet. Außerdem können Hühner ein stumpfes, gesträubtes Federkleid und Ödeme am Kopf bekommen. Enten und Gänse, aber auch Schwäne zeigten unter anderem diese Symptome: Teilnahmslosigkeit, Ausfluss aus Augen und Schnabel, Futterverweigerung, Durchfall, Atemnot sowie Ausfälle des Nervensystems. Bei Hühnern und Puten werden die höchsten Erkrankungs- und Sterberaten beobachtet, Wasservögel erkranken seltener und oft weniger schwer.
Gibt es eine Impfung gegen Vogelgrippe?
Ja, bereits 2008 wurde in der EU ein erster Impfstoff für Menschen gegen das Vogelgrippe-Virus H5N1 zugelassen. In Deutschland ist eine Impfung für Menschen bisher nicht geplant, da die Wahrscheinlichkeit, sich zu infizieren, äußerst gering ist. Lediglich in Finnland als erstem Land weltweit können sich seit Kurzem Menschen impfen lassen. Aufgrund der hohen Zahl von Pelztierfarmen besteht ein erhöhtes Risiko, sich etwa an Nerzen anzustecken,Mittlerweile gibt es auch einen Impfstoff für Geflügel, der allerdings bislang in Deutschland noch nicht zugelassen ist. Frankreich hatte dagegen im Sommer eine Notfallzulassung erteilt. Dort wird der Impfstoff genutzt, um Enten zu immunisieren.
Welche Vorsichtsmaßnahmen werden empfohlen?
Um eine Ausbreitung der Vogelgrippe zu verhindern, gibt es die Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest. Sie wird ständig aktualisiert. Auch das Friedrich-Loeffler-Institut hat Empfehlungen für Schutzmaßnahmen zusammengestellt. So sollten Geflügelhalter unter anderem darauf achten, die direkten und indirekten Kontaktmöglichkeiten zwischen ihren Tieren und wilden Wasservögeln zu minimieren.
Wann muss Hausgeflügel in den Stall?
Über eine Stallpflicht, auch Aufstallungsgebot genannt, entscheiden die jeweiligen Bundesländer beziehungsweise die einzelnen Landkreise - je nachdem, wie bedrohlich die Situation ist. Geflügelhalter sollten sich daher bei den Behörden in ihrer Nähe informieren - zum Beispiel bei den Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern. Wird eine Stallpflicht verhängt, spielt die Anzahl der gehaltenen Tiere keine Rolle. Auch zoologische Gärten müssen sich an die Stallpflicht für Vögel halten. Bei einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoß kann ein Bußgeld verhängt werden. Einen bundes- oder landeseinheitlichen Bußgeldkatalog gibt es nicht.
Welche Regeln gelten in den Sperrgebieten?
Die zuständigen Kreise können Sperrbezirke und Beobachtungsgebiete rund um die Fundorte von an Geflügelpest erkrankten Wildvögeln und betroffenen Tierhaltungen einrichten. Sperrbezirke haben mindestens einen Radius von drei Kilometern, sie werden an den Hauptzufahrtswegen mit Schildern gekennzeichnet. Beobachtungsgebiete haben einen Radius von mindestens weiteren sieben Kilometern, also zehn Kilometern insgesamt. In diesen Gebieten gelten Beschränkungen für Geflügelhaltungen: Geflügel muss im Stall gehalten und darf nicht transportiert werden - im Sperrbezirk 21 Tage ab dem letzten Geflügelpest-Nachweis, im Beobachtungsgebiet 15 Tage. Geflügel im Sperrbezirk wird regelmäßig untersucht. Zudem gelten strenge Sicherheitsmaßnahmen bei Stallhygiene, Reinigung und Desinfektion. Außerdem dürfen Hunde und Katzen nicht frei herumlaufen.
Dürfen bei Stallpflicht Eier als "Freiland" verkauft werden?
Ja, allerdings nur eingeschränkt - und zwar für einen Zeitraum von maximal 16 Wochen, nachdem die Stallpflicht amtlich beschlossen wurde. So lange dürfen Eier von Legehennen, obwohl sie nur im Stall waren, nach EU-Vorgaben weiter als "aus Freilandhaltung" verkauft werden. Danach müssen die Eier mit "aus Bodenhaltung" gekennzeichnet werden. Bio-Eier hingegen dürfen auch während einer längeren Stallpflicht als solche vermarktet werden.
Ist der Vogelgrippe-Erreger für Menschen gefährlich?
Vogelgrippe-Viren können in Einzelfällen auch Erkrankungen bei Menschen hervorrufen. Die Viren können jedoch nur schwer von Tieren auf den Menschen übertragen werden. Aus Asien und Afrika sind Fälle bekannt, in denen sich Menschen mit dem Vogelgrippe-Virus infiziert haben, vor allem über Hühner. In den USA kursiert das Virus seit März 2024 in Rinderherden. Bei Menschen wurden dort mehr als 50 Vogelgrippe-Infektionen vermeldet, nachdem sie Kontakt mit Rindern hatten. In Deutschland ist laut Robert-Koch-Institut bisher nochkein Fall bei einem Menschen bekannt geworden.
Gab es schon Todesfälle?
Ja, nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden seit 2003 weltweit mehr als 900 Fälle von Infektionen bei Menschen mit dem Vogelgrippe-Virus H5N1 nachgewiesen. Davon verlief knapp die Hälfte tödlich.
Können sich Hunde und Katzen anstecken?
Das Risiko gilt als sehr gering. Allerdings sollte ein direkter Kontakt von Hunden und Katzen mit toten oder kranken Vögeln vermieden werden. Sie können Vogelgrippe-Viren verbreiten, wenn sie tote Wildvögel finden und diese verschleppen. Bei industriell produziertem Tierfutter in Deutschland ist davon auszugehen, dass die hohen Herstellungsstandards eine Belastung mit den Erregern ausschließen. Selbst zubereitetes Futter mit Geflügelfleisch sollte über 70 Grad erhitzt werden, um Influenzaviren abzutöten.
Was sollte man beim Kochen beachten?
Dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) liegen bisher keine Daten vor, die belegen, dass sich Menschen über Lebensmittel mit dem Vogelgrippe-Virus infiziert hätten und erkrankt wären. Eine Übertragung des Erregers über infizierte Lebensmittel könne aber nicht ausgeschlossen werden. Daher empfiehlt das Institut, rohe Geflügelprodukte und andere Lebensmittel getrennt zu lagern und zuzubereiten - insbesondere dann, wenn die anderen Lebensmittel nicht noch einmal erhitzt werden. Geräte und Oberflächen, die mit rohem Geflügelfleisch in Berührung gekommen sind, sollten gründlich mit warmem Wasser und Spülmittel gereinigt werden. Das Verpackungsmaterial und Auftauwasser am besten sofort entsorgen und die Hände mit warmem Wasser und Seife waschen. Geflügelspeisen sollten mindestens zwei Minuten lang bei einer Temperatur von mindestens 70 Grad durchgegart werden. Bei Eiern gilt: mindestens sechs Minuten lang kochen, bis Eiweiß und Eigelb fest sind.
Kann man sich über das Trinkwasser infizieren?
Trinkwasser wird in Deutschland vorwiegend aus Tiefbrunnen gewonnen. Das gewährleistet nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung eine hohe Sicherheit. Dort, wo Trinkwasser aus Oberflächenwasser gewonnen wird, werden den Angaben zufolge aufwändige technische Verfahren eingesetzt, um die Vorgaben der Trinkwasserverordnung zu erfüllen. Eine Kontamination mit Vogelgrippe-Viren gilt deshalb als nahezu ausgeschlossen.
Können Salat, Gemüse und Obst Vogelgrippe-Viren enthalten?
Salat, Gemüse und auch Obst, die im Freiland angebaut werden, sind einer Verschmutzung durch Vogelkot grundsätzlich ausgesetzt. Das Virus kann somit auch übertragen werden. Der Erzeugerbetrieb ist aber angehalten, seine Produkte bereits vor der Lagerung grob zu reinigen. Vor der Zubereitung bzw. vor dem Verzehr sollten die Lebensmittel gründlich gewaschen werden. Gemüse, das erhitzt wird, bietet zusätzlichen Schutz vor Infektionen.
Kann Milch das Vogelgrippe-Viren enthalten?
Eine Studie bei Rindern hat gezeigt, dass die Tiere zwar infiziert werden können, das Virus aber nur in sehr geringem Maß ausscheiden. Das BfR sieht deshalb nur ein geringes Risiko für eine Übertragung. Über das Vorkommen von Vogelgrippe-Viren in Milch ist den Angaben zufolge nichts bekannt. Bei der Pasteurisierung der Milch würden die Viren aber auf jeden Fall abgetötet.
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