Phantomschmerz: Spiegeltherapie kann helfen
Viele Menschen, denen ein Körperglied amputiert wurde, haben starke Schmerzen. Durch die Kraft der Vorstellung wird mithilfe einer Spiegeltherapie das Schmerzgedächtnis schwächer.
Fast jeder ist sich nach einer Amputation ganz sicher, das verlorene Körperteil hin- und wieder noch zu spüren. Der Grund für dieses Phantomgefühl: In einer Region der Hirnrinde hat - wie auf einer Landkarte - jedes Körperteil seinen Platz. Es ist dort verankert und wird von dort gesteuert. Auch nach einer Amputation ist das fehlende Körperglied für das Gehirn noch vorhanden. Experten berichten von Patienten, die nachts aufstehen und loslaufen wollen, aber vergessen haben, dass ihr Bein nicht mehr da ist - und dann hinfallen.
70 Prozent der Amputierten leiden unter Phantomschmerzen
Unter Phantomschmerzen leiden rund 70 Prozent der Menschen nach einer Amputation, sagen Experten. Bei manchen gehen sie von selbst wieder zurück, aber nicht bei allen: Nach dem Wundschmerz, also nach einigen Wochen, kommt der Phantomschmerz. Am schlimmsten ist es nachts, oder wenn man zur Ruhe kommt. Die schmerzhaften Attacken können bis zu 24 Stunden dauern. Tagsüber kann man sich für eine gewisse Zeit ablenken, aber dann kommen die Schmerzen zurück.
So entsteht der Phantomschmerz
Ähnlich wie das Phantomgefühl beruht auch der Phantomschmerz auf einer Fehlverarbeitung des Gehirns. Schon allein die Vorstellung einer Bewegung lässt das Gehirn elektrische Impulse aussenden, die zwischen Hirn und Empfängerorgan zirkulieren. Doch nach einer Amputation kommt aus dem betroffenen Körperteil keine Rückantwort. Das Gehirn stuft dies als eine Verletzung ein und reagiert mit Schmerzimpulsen - Experten sprechen dabei von Schmerz-Erinnerung. Wenn Patienten vor einer Amputation schon sehr lange chronische Schmerzen hatten, ist das Risiko relativ hoch, dass es auch danach zu andauernden und intensiven Schmerzen kommt.
Spiegeltherapie um das Schmerzgedächtnis zu löschen
In der Schmerz-Reha setzen Experten vor allem auf die Arbeit mit Spiegeln. Beispielsweise sieht ein gesundes rechtes Bein in einem Spiegel aus, wie das verlorene linke Bein. Darauf soll sich der Betroffene konzentrieren: den optischen Eindruck, das verlorene Körperteil sei wieder da. Je länger man übt, desto besser funktioniert es. Durch die Kraft der Vorstellung, dass da wieder ein Empfängerorgan ist, wird das Schmerzgedächtnis des Betroffenen nach und nach schwächer. Mit der Spiegeltherapie beschummeln Betroffene ihr Gehirn. Durch den Blick in den Spiegel, der die Extremitäten seitenverkehrt abbildet, bekommt das Gehirn quasi wieder eine Rückmeldung von dem verlorenen Körperteil. Auch wenn diese nur optisch ist. Nach und nach wird so das Schmerzgedächtnis gelöscht. Die Spiegeltherapie funktioniert aber nur, wenn sie kontinuierlich angewandt wird. Darum müssen Betroffene auch zu Hause weitertrainieren.