Ein Mann hält mit seiner Hand einen Rollstuhl-Rad © panthermedia Foto: minervastock

Multiple Sklerose: Zusammenhang mit Epstein-Barr-Virus nachgewiesen

Stand: 28.02.2022 12:14 Uhr

Eine aktuelle US-Studie hat einen bereits lange vermuteten, engen Zusammenhang zwischen dem Epstein-Barr-Virus und Multipler Sklerose bestätigt. Bei allen Betroffenen wurde das Virus im Blut nachgewiesen.

Das weit verbreitete Epstein-Barr-Virus (EBV) spielt bei verschiedenen Erkrankungen eine Rolle - das ist schon länger bekannt. Weltweit sind rund 95 Prozent der Bevölkerung mit diesem Herpesvirus infiziert. Die Infektion bleibt lebenslang bestehen, in den meisten Fällen aber ohne Folgen.

Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene erkranken aufgrund einer EBV-Infektion häufiger am Pfeifferschen Drüsenfieber (Infektiöse Mononukleose). Ausreichend für die Ansteckung ist meist ein Kuss mit Speichelübertragung, was der Krankheit den Spitznamen "Kuss-Krankheit" einbrachte.

Studie belegt Kausalität zwischen EBV und Multipler Sklerose

Eine aktuelle US-Studie hat nun einen bereits lange vermuteten, engen Zusammenhang zwischen dem EBV und der Multiplen Sklerose bestätigt. Wissenschaftler der Harvard University hatten die Krankenakten von mehr als zehn Millionen US-Soldatinnen und -Soldaten untersucht, von denen 801 im Laufe der Zeit an MS erkrankten. Bei allen Betroffenen wurde das Epstein-Barr-Virus im Blut nachgewiesen. Die Studie legt also den Schluss nah, dass eine EBV-Infektion Voraussetzung für die Entwicklung einer Multiplen Sklerose ist.

Allerdings sind 95 Prozent aller Menschen mit EBV infiziert sind, die wenigsten aber erkranken an MS. Daher müssen noch weitere Faktoren hinzukommen, damit die Krankheit entsteht. So gibt es eine Vielzahl genetischer Veranlagungen, die das Risiko für eine MS erhöhen. Auch ein Vitamin D-Mangel spielt oft eine Rolle. Das erklärt, dass es auf der Nordhalbkugel mehr MS-Fälle gibt als am sonnigen Äquator. Auch Rauchen erhöht das Risiko und Übergewicht im Kindesalter. Doch nur für Epstein-Barr scheint zu gelten: ohne Virus keine MS.

MS-Symptome: Von Sehstörungen bis Lähmungen

Die Multiple Sklerose ist eine Autoimmunkrankheit, bei der körpereigene Abwehrzellen die Isolierschicht der Nerven zerstören, die für die schnelle Weiterleitung der Nervenimpulse erforderlich sind. Je nachdem, wo im Gehirn diese Zerstörung stattfindet, kommt es zu unterschiedlichen neurologischen Ausfallerscheinungen. Viele Betroffene bemerken zunächst Sehstörungen wie Doppelbilder oder Gesichtsfeldverluste. Die Bandbreite der möglichen Symptome und Beeinträchtigungen ist groß: Für manche bedeutet die Krankheit früher oder später ein Leben im Rollstuhl, andere wiederum sind nur stressanfälliger.

Erhöhtes Risiko nach Pfeifferschem Drüsenfieber

Wer nach der Infektion am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt, so das Ergebnis der Studie, scheint ein noch höheres MS-Risiko zu haben. Im Schnitt trat die MS siebeneinhalb Jahre nach dem Pfeifferschen Drüsenfieber auf. Was genau in der Zwischenzeit im Körper passiert, ist nun Gegenstand weiterer Forschung. Womöglich könnten die sogenannten B-Zellen des Immunsystems die Verbindung zwischen EBV und MS sein. Denn wenn man sich mit dem Virus infiziert, bleibt es ein Leben lang im Körper. Es zieht sich nach der Infektion in die B-Zellen des Immunsystems zurück und richtet dort bei den meisten Menschen keinen Schaden mehr an. In den weißen Läsionen im Gehirn von MS-Patienten finden sich genau diese mit EBV infizierten B-Zellen allerdings ebenfalls. Das macht sie als Verursacher der MS verdächtig. Dazu passt auch, dass MS-Therapien, die auf die Antikörper produzierenden B-Zellen abzielen, ziemlich effizient sind.

Impfung gegen das Epstein-Barr-Virus

Eine Impfung gegen das Epstein-Barr-Virus könnte einen großen Fortschritt im Kampf gegen eine ganze Reihe von Erkrankungen bringen - und, wenn sie vor dem Pfeifferschen Drüsenfieber schützt, letztlich auch die Häufigkeit von Multipler Sklerose verringern. Die Entwicklung des Impfstoffs wird aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

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Visite | 01.03.2022 | 20:15 Uhr

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