Long-QT-Syndrom: Herzrhythmusstörung mit Herzstillstand-Risiko
Beim Long-QT-Syndrom ist die sogenannte QT-Zeit im EKG verlängert. Betroffene merken davon nichts. Doch es drohen Herzrhythmusstörungen mit Ohnmachtsanfällen und Pulsrasen bis hin zum Herzstillstand.
Beim Long-QT-Syndrom ist die elektrische Reizleitung im Herzen gestört. Die Herzmuskelzellen brauchen ungewöhnlich lange, um sich nach einem Herzschlag zu entspannen und für den nächsten Schlag bereit zu machen. In dieser Phase ist das Herz anfällig für krankhafte Extra-Schläge, aus denen sich urplötzlich eine gefährliche Herzrhythmusstörung entwickeln kann.
Diagnose: Veränderungen im EKG
Die Verzögerung der elektrischen Reizleitung ist im Ruhe-EKG (Elektrokardiogramm) zu erkennen. In der EKG-Kurve stehen dann zwei Zacken (Q und T) weiter auseinander als normal. Der Zeitabstand zwischen Q und T beträgt normalerweise nur bis zu 440 Millisekunden (ms). Ist die QT-Zeit länger als 450 ms bei Männern und 460 ms bei Frauen deutet das auf ein Long-QT-Syndrom hin.
Symptome beim Long-QT-Syndrom
Oft bleibt eine Verlängerung der QT-Zeit symptomlos. Symptome treten nur bei anfallsartigen Herzrhythmusstörungen auf. Es kommt zu Herzrasen oder Herzstolpern, oft mit Schwindel und einemOhnmachtsanfall (Synkope) Der Mensch stürzt bewusstlos zu Boden. Das EKG zeigt währenddessen meist eine sogenannte Torsade-de-Pointes-Tachykardie. Diese schnelle und chaotische Herzrhythmusstörung ist typisch für das QT-Syndrom.
Akute Auslöser für einen Anfall sind oft körperliche Belastung, zum Beispiel beim Sport, oder emotionaler Stress (Aufregung, Furcht, Zorn, Freude, Schreck, Wecker-Klingeln).
Risiko plötzlicher Herzstillstand
Wenn das Herz von allein wieder in den richtigen Rhythmus findet, geht so ein Anfall schnell wieder vorüber. Die Symptome können allerdings jederzeit erneut auftreten. Und: Im Extremfall verläuft so eine Herzattacke tödlich -: es kommt zum Kammerflimmern mit Herzstillstand. Dann kann nur eine Reanimation mit Herzdruckmassage und Defibrillation vor dem plötzlichen Herztod retten.
Ursachen des Long-QT-Syndroms
Bei den angeborenen Formen des Long-QT-Syndroms ist die elektrische Reizleitung im Herz jeweils durch bestimmte Gendefekte dauerhaft gestört. Diese Formen sind nicht heilbar, Komplikationen sind aber gut behandelbar.
Ein Long-QT-Syndrom kann aber auch durch äußere Einflüsse im Laufe des Lebens entstehen (erworbene, sekundäre Form). Ursachen sind dann beispielweise eine Herzmuskelentzündung, Durchblutungsprobleme oder Elektrolytstörungen wie bei einem Kaliummangel.
Besonders häufig wird ein Long-QT-Syndrom durch Medikamente ausgelöst. Je nach Ursache kann sich die EKG-Veränderung bei der sekundären Form auch wieder zurückbilden, zum Beispiel wenn die Medikation geändert wird.
Medikamente als Risikofaktor
Eine ganze Reihe von Arzneimitteln können als Nebenwirkung zu einer Verlängerung der QT-Zeit führen. Dazu zählen:
- einige Antiarrhythmika wie Sotalol, Amidoaron und Dronedaron
- bestimmte Antidepressiva wie Citalopram und Escitalopram
- verschiedene Medikamente für das Nervensystem wie Haloperidol, Chlorpromazin und Donepezil
Weitere Medikamente, die die QT-Zeit verlängern können, sind:
- Antibiotika wie Ciprofloxacin, Levofloxacin, Azithromycin und Roxithromycin
- Anti-Pilzmittel wie Fluconazol
- Mittel gegen Übelkeit wie Domperidon
- Malariamittel wie Chloroquin und Hydroxychloroquin
- das Narkosemittel Propofol
Vorsicht bei Medikamenten-Kombinationen
Je mehr Medikamente eingenommen werden, die eine QT-Zeit verlängernde Wirkung haben, desto höher ist das Risiko, dass das Krankheitsbild wirklich eintritt. Nach Möglichkeit sollte nie mehr als ein QT-Zeit-verlängerndes Medikament verabreicht werden. Das gilt auch zu beachten, wenn zusätzlich zur Langzeitmedikation vorübergehend ein weiteres Arzneimittel wie ein Antibiotikum dazu kommt. Arzt oder Ärztin sollten vor Verschreibung eines neuen Medikaments die bestehende Medikation auf Risikofaktoren prüfen. Beratung bietet auch die Apotheke. Eine ausführliche Liste der Medikamente ist aufCredibleMeds verfügbar (nach Registrierung).
Therapie mit Tabletten und Defibrillator
Behandelt wird das Long-QT-Syndrom mit Tabletten, sogenannten Betablockern, die gefährliche Rhythmusstörungen verhindern sollen. Außerdem sollte verstärkt auf den Elektrolyt-Haushalt geachtet werden. Ein spezieller implantierbarer Defibrillator (ICD) kann zusätzliche Sicherheit bringen. Er kann plötzlich einsetzende Herzrhythmusstörungen beenden und setzt das Herz durch einen Elektroschock wieder in Gang, wenn ein Anfall zu einem Herzstillstand führt.
Andersen-Tawil-Syndrom: Angeborene Form
Das Andersen-Tawil-Syndrom ist eine angeborene Form des Long-QT-Syndroms, die mit periodischen Lähmungen einhergeht. Die Folgen sind vorübergehende Muskelschwäche, Veränderungen des Herzrhythmus und Entwicklungsstörungen. Körperliche Auffälligkeiten, die mit dieser Krankheit verbunden sein können, betreffen in der Regel den Kopf, das Gesicht und die Gliedmaßen. Zu den typischen Merkmalen gehören ein sehr kleiner Unterkiefer, Zahnanomalien, tief angesetzte Ohren, weit auseinander stehende Augen und eine ungewöhnliche Krümmung der Finger oder Zehen. Einige Betroffene sind auch kleinwüchsig und haben eine Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose).
Etwa 60 Prozent der Betroffenen weisen Mutationen im KCNJ2-Gen auf, bei den übrigen ist die Ursache noch unbekannt. Die Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt. Das bedeutet, dass es ausreicht, den Gendefekt von einem Elternteil zu erben, damit die Krankheit ausbricht.
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