Leukämie (Blutkrebs): Symptome, Ursachen und Behandlung
Bei Leukämie entarten Zellen des blutbildenden Systems und erzeugen immer mehr Leukozyten. Wie sehen Symptome und Behandlung aus? In welchen Fällen ist Blutkrebs heilbar?
In Deutschland erkranken jährlich etwa 14.000 Menschen an Leukämie - darunter etwa 600 Kinder. Besonders hoch ist das Risiko an Leukämie zu erkranken im Alter und das Risiko ist tendenziell für Männer etwas höher als für Frauen.
Was ist Leukämie?
Leukämie ist der Oberbegriff für bösartige Erkrankungen des Knochenmarks beziehungsweise des blutbildenden Systems. Bei diesen Krankheiten wird die normale Blutbildung durch die unkontrollierte Vermehrung von entarteten weißen Blutzellen gestört.
Leukämie-Typen: Akut, chronisch, myeloisch, lymphatisch
Die häufigsten Formen der Leukämie werden nach der Schnelligkeit des Krankheitsverlaufs (akut, chronisch) eingeteilt und nach dem Zelltyp, von dem sie ausgehen. Es gibt myeloische und lymphatische Leukämien. Daraus folgen die vier häufigsten Typen:
- Akute myeloische Leukämie (AML)
- Chronische myeloische Leukämie (CML)
- Akute lymphatische Leukämie (ALL)
- Chronische lymphatische Leukämie (CLL)
Myeloische Leukämien (AML, CML) gehen von Vorläuferzellen der Granulozyten, einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen, aus. Die entarteten Zellen teilen sich unkontrolliert und verdrängen dadurch die gesunde Blutbildung im Knochenmark. Schließlich treten die Leukämiezellen in großer Zahl ins Blut über und können so auch alle anderen Körperorgane erreichen und sich dort ansiedeln.
Lymphatische Leukämien (ALL, CLL) gehen von Vorläuferzellen der Lymphozyten aus, einer anderen Untergruppe der weißen Blutkörperchen. Lymphozyten werden ebenfalls im Knochenmark gebildet, reifen aber teilweise im lymphatischen Gewebe (insbesondere dem Thymus und den Lymphknoten) heran.
Was sind die häufigsten Symptome bei Leukämie?
Es gibt viele verschiedene Formen von Blutkrebs mit unterschiedlichen Verläufen und Symptomen. Zu den häufigsten akuten Beschwerden der Leukämie zählen:
- auffällige Hautblässe
- Blutungsneigung, Neigung zu blauen Flecken
- schweres Krankheitsgefühl mit Fieber
- Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
- Leistungsabfall, Müdigkeit und Abgeschlagenheit
- geschwollene Lymphknoten
- Schwindel, Nachtschweiß
- Atemnot, auch bei geringer körperlicher Belastung
- Knochenschmerzen
- erhöhte Infektneigung
- vergrößerte Leber und Milz
Ursachen: Mutierte Blutzellen verdrängen gesunde
Ihren Ursprung haben Blutkrebserkrankungen im Knochenmark. Normalerweise reifen hier Blutstammzellen zu Blutkörperchen und Blutplättchen heran. Sind die Zellen fertig, wandern sie in die Blutbahn und übernehmen ihre Aufgaben für das Immunsystem und den Sauerstofftransport.
Bei der Leukämie entwickeln sich "falsche" oder unausgereifte Zellen. Sie können nicht wie üblich die wichtigen Aufgaben für das Abwehrsystem und den Sauerstofftransport übernehmen. Auch bei gesunden Menschen mutieren täglich gesunde Zellen. Der Unterschied zu Leukämie-Betroffenen: Das intakte Abwehrsystem zerstört diese Zellen.
Bei Menschen mit Blutkrebs ist dieser "Aufräumprozess" gestört. Die mutierten Zellen übernehmen irgendwann die Regie im Körper und verdrängen gesunde Zellen. Wird dieser Prozess nicht schnell genug erkannt und aufgehalten, kann das tödlich enden.
Diagnose über Knochenmark
Erste Hinweise liefert eine Blutanalyse; sie zeigt an, ob die Zahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) verändert ist und ob möglicherweise veränderte Zellen im Blut zu finden sind. Um die Diagnose abzusichern, wird eine sogenannte Knochenmarkpunktion durchgeführt, bei der Knochenmarkgewebe entnommen und im Labor untersucht wird.
Zur Absicherung einer lymphatischen Leukämie kann mit einer Biopsie Gewebe aus verdächtigen Lymphknoten entnommen werden. Auch mit bildgebenden Verfahren (Röntgen, Computertomografie) können befallene Lymphknoten erkannt werden.
Eine Vorsorgeuntersuchung auf Leukämie existiert leider nicht.
Leukämie: Symptome bei Kindern
Bei Kindern ist Leukämie die häufigste Krebserkrankung. Das Erkrankungsrisiko für Leukämien nimmt dann mit zunehmendem Alter ab und erst später im Leben wieder zu.
Das Tückische ist, dass die Leukämie bei Kindern zunächst keine Beschwerden verursacht. Auffällig sind meist nur die Folgen der gestörten normalen Blutbildung:
- wenig Lust am Spielen
- weniger Leistungsfähigkeit
- Hautblässe
- Neigung zu blauen Flecken
- Neigung zu Infektionen
Oft wird die Leukämie bei Kindern erst bemerkt, wenn sie bereits fortgeschritten ist. Dann zeigen sich weitere Symptome wie Kurzatmigkeit, Fieber, Nachtschweiß, Appetitverlust und geschwollene Lymphknoten sowie Schmerzen in Gelenken und Knochen.
Behandlung: Chemotherapie, Bestrahlung, Antikörper, Stammzellen
Da bei Leukämien das blutbildende System erkrankt ist und sich keine soliden Tumore bilden wie bei anderen Krebserkrankungen, gibt es keine operative Therapie. Vielmehr wurden Leukämien in der Vergangenheit primär mit Chemotherapie, gegebenenfalls auch in Kombination mit einer Strahlentherapie behandelt. Eine andere Möglichkeit der Behandlung ist die Stammzelltransplantation, bei der das blutbildende System des Erkrankten durch Stammzellen eines Spenders oder einer Spenderin ersetzt wird.
Abhängig von der Art der Leukämie gibt es seit mehreren Jahren auch neue Behandlungsoptionen wie immunologische Therapien und zielgerichtete Therapien mit Antikörper-Medikamenten.
Eine zielgerichtete medikamentöse Therapie kommt zum Beispiel bei der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) zum Einsatz. Und zwar in Form von CD20-Antikörpern, aber auch sogenannten Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitoren (BTK-Hemmer) sowie BCL2-Inhibitoren. Sie binden sich an die bösartig veränderten B-Lymphozyten und sorgen dafür, dass diese zerstört werden.
Die akute myeloische Leukämie (AML) wird primär mit einer intensiven Chemotherapie (Kombination verschiedener Zytostatika) behandelt, mit dem Ziel, die nicht mehr funktionierenden Leukozyten zu zerstören und eine normale Blutbildung wiederherzustellen. Zeigen die Leukämiezellen der Erkrankten besondere genetische Veränderungen, kann auch zusätzlich mit einer zielgerichteten Therapie behandelt werden.
Für manche Patienten und Patientinnen kommt auch eine Stammzelltransplantation infrage. Dabei werden Blutstammzellen eines passenden Spenders oder einer Spenderin per Bluttransfusion übertragen. Zuvor erfolgt eine hochdosierte Chemotherapie.
Bei den meisten Patientinnen und Patienten mit einer chronischen myeloischen Leukämie (CML) sind die Leukämiezellen genetisch verändert (Philadelphia-Chromosom). Zum Einsatz kommen daher Medikamente, sogenannte Tyrosinkinasehemmer, die auf diese spezifische genetische Mutation abzielen. Eine Chemotherapie oder eine Blutstammzelltherapie kommen in der Regel nur dann infrage, wenn die Therapie mit Tyrosinkinasehemmern nicht ausreichend wirkt.
Die akute lymphatische Leukämie (ALL) wird in erster Linie mit einer intensiven Chemotherapie (verschiedene Zytostatika) behandelt. Bei rund 25 Prozent der von ALL Betroffenen tragen die Leukämiezellen eine bestimmte Struktur auf der Oberfläche, das sogenannte CD20-Antigen. Diese Patienten und Patientinnen können zusätzlich zur Chemotherapie mit dem Antikörper Rituximab behandelt werden. Eine Blutstammzelltherapie wird dann angestrebt, wenn ein hohes Rückfallrisiko besteht.
Für Erkrankte über 55 Jahren und mit Begleiterkrankungen stellt die deutsche ALL-Studiengruppe gesonderte Therapieoptionen zur Verfügung. Die übliche intensive Chemotherapie kann für diese Patientengruppe zu belastend sein.
Seit einigen Jahren können Patientinnen und Patienten mit einer ALL auch von einer Therapie mit gentechnisch veränderten T-Zellen, sogenannten CAR-T-Zellen, profitieren. Die europäische Arzneimittelbehörde hat verschiedene CAR-T-Zelltherapien zugelassen; allerdings kommt diese Behandlungsoption nicht für alle Betroffenen infrage. Die CAR-T-Zelltherapie muss noch in weiteren klinischen Studien geprüft werden (Quelle: Was sind CAR-T-Zellen? – DGHO 2022).
Ist Leukämie heilbar?
Bei einigen Leukämieformen ist die Mehrheit der Patienten nach einer Chemotherapie geheilt, andere überleben mit einer Chemotherapie bestenfalls das folgende Jahr. Je nach genauer Art der Leukämie und Gesundheitszustand des individuellen Betroffenen sind Heilungschancen und Lebenserwartung sehr unterschiedlich.
Für die meisten Menschen mit Blutkrebs - sowohl Kinder als auch Erwachsene - ist auf Dauer eine Stammzelltransplantation die einzige Chance auf Heilung.
Die chronisch lymphatische Leukämie (CLL) ist dank des Fortschritts bei zielgerichteten Medikamenten mittlerweile gut behandelbar.
Stammzellenspende: Auf den Spender kommt es an
Damit neue Stammzellen transplantiert werden können, muss es passende Stammzellen geben. Jeder Leukämie-Patient, dem Stammzellen übertragen werden sollen, benötigt einen Spender, dessen Gewebemerkmale nahezu hundertprozentig zu ihm passen:
Damit die Blutstammzelltransplantation für den Krebspatienten erfolgreich verläuft, müssen die HLA-Gewebemerkmale (HLA = Humane Leukozyten Antigene) von beiden vollständig übereinstimmen. Sonst besteht die Gefahr, dass das Immunsystem des Empfängers die Zellen des Spenders abstößt.
Grundsätzlich gibt es dann zwei Arten von Stammzellenspende: Häufiger ist die Blutstammzellspende, außerdem gibt es noch die Knochenmark-Entnahme, wenn über das Blut nicht genügend Blutstammzellen zusammenkommen.
Nahe Verwandte passen relativ oft als Stammzellspender
Etwa jeder dritte Patient hat das Glück, eine geeignete Stammzellspende von einem nahen Verwandten zu erhalten. Alle anderen hoffen darauf, über die Knochenmarkspenderdateien rechtzeitig einen Spender zu finden, dessen Gewebemerkmale genau passen. Die weltweit größte und eine von 35 Dateien in Deutschland ist die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS).
Diese hat inzwischen auch eine DKMS-Stammzellbank eingerichtet, in der bislang nicht genutzte Stammzellspenden nach Kryokonservierung gelagert und innerhalb weniger Tage zur Verfügung gestellt werden können.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Gewebemerkmale zweier Menschen übereinstimmen, reicht von eins zu 20.000 bis weit über eins zu mehreren Millionen - die Suche gleicht somit der nach einem genetischen Zwilling.
Blutstammzellen darf jeder Gesunde zwischen 18 und 61 Jahren spenden. Eine Registrierung als Spender oder Spenderin erfolgt hingegen nur bis zum 55. Lebensjahr, dafür dürfen sich aber schon 17-Jährige registrieren lassen. Eine Übereinstimmung der Blutgruppen ist bei der Stammzellspende nicht entscheidend.
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