IGel-Monitor: Individuelle Gesundheitsleistungen oft nutzlos
Der IGel-Monitor bewertet auf Basis von wissenschaftlichen Studien und medizinischen Leitlinien individuelle Gesundheitsleistungen, die Ärzte kostenpflichtig anbieten. Nach Meinung der Experten sind die meisten IGel-Leistungen nutzlos.
Seit 2012 bietet die Website IGel-Monitor Bewertungen und Preisspannen von medizinischen Behandlungen und Dienstleistungen an, deren Kosten nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Die Bilanz nach zehn Jahren Arbeit fällt nun ernüchternd aus: Von den 55 erfassten IGel-Leistungen überwiegten beim Großteil die Nachteile den Nutzen oder die Wirkung der Behandlungen sei "unklar". In nur zwei Fällen erhielten IGel-Leistungen das Prädikat "tendenziell positiv".
Patienten würden über die Selbstzahlerleistungen oft nur mangelhaft aufgeklärt und seien deshalb verunsichert, erklärt der Medizinische Dienst Bund, Portalbetreiber und Nachfolgeorganisation des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS).
Früherkennung bei Eierstockkrebs: Ultraschall liefert oft falsch positive Befunde
Ein besonders negatives Beispiel für fragwürdige IGel-Leistungen seien Ultraschall-Untersuchungen zur Früherkennung von Eierstockkrebs. Diese hätten oftmals falsch positive Befunde zum Ergebnis, die weitere unnötige Untersuchungen und Eingriffe erforderten. Im Sinne der Patientensicherheit sollte diese IGel-Leistung nicht mehr angeboten werden, betont Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Bund. Auch internationale, medizinische Fachgesellschaften würden von der Untersuchung abraten.
Vitamin-B12-Check: Nutzen für Patienten als "unklar" eingestuft
Fragwürdig sei zudem der gesundheitliche Nutzen von Tests und Kuren zur Behebung von Vitamin-B12-Mangel. Die Analyse wissenschaftlicher Studien habe keine Hinweise ergeben, dass diese Leistung die Gesundheit Betroffener verbessere. Mögliche Schäden seien allerdings unwahrscheinlich. Nur sehr selten könnten bei Injektionen und Infusionen allergische Reaktionen auftreten. Deshalb habe diese Leistung die Bewertung "unklar" erhalten.
IGel-Leistungen erhöhen Termindruck für Standard-Untersuchungen
Ein weiterer Befund der bisherigen Arbeit: Patienten würden immer wieder berichten, dass bei Fachärzten Termine für Standard-Untersuchungen oft Wochen und Monate im Voraus ausgebucht seien. Termine für Selbstzahlerleistungen seien hingegen oft zeitnah möglich. Das lege die Vermutung nahe, dass IGel-Leistungen die medizinische Grundversorgung insgesamt verschlechterten.
Kritik an Unabhängigkeit und wissenschaftlicher Bewertung
Ärzteverbände übten in der Vergangenheit Kritik an der Unabhängigkeit des IGel-Monitors, der durch die Krankenkassen finanziert wird. Besonders die Auswahl relevanter IGel-Leistungen war ein Zankapfel. So wurde bespielsweise moniert, dass OCT-Untersuchungen bei Glaukom-Patienten im IGel-Monitor auftauchen, obwohl sie im Praxisbetrieb keine Rolle mehr spielten, weil sie sich nicht bewährt hätten. Ein Experte kritisierte in diesem Fall zudem die wissenschaftliche Bewertung: Weil keine konkreten Studienergebnisse zu OCT-Untersuchungen bei Glaukom-Patienten vorgelegen hätten, seien Ergebnisse einer anderen OCT-Studie übertragen worden.