Vitamin-Mangel: Wie sinnvoll sind Bluttests?
Laboruntersuchungen des Vitaminspiegels im Blut sind oft teuer und wenig aufschlussreich. Einzelne Tests auf Vitamin D, B12 oder Folsäure können dagegen durchaus sinnvoll sein.
Laboruntersuchungen des Vitaminspiegels im Blut liegen im Trend: Immer häufiger werden umfangreiche Vitamintests angefordert, die leicht 600 bis 700 Euro kosten können. Tatsächlich sind viele Menschen überzeugt davon, mit der Nahrung nicht automatisch alle notwendigen Vitamine aufzunehmen. In Drogerien und Supermärkten gibt es ein breites Angebot von Nahrungsergänzungsmitteln. Vitaminpräparate für Augen, Haut und Haare, gegen Müdigkeit und Schlappheit. Möglicherweise wecken sie bei Verbraucherinnen und Verbrauchern die Sorge, einen Mangel an bestimmten Vitaminen zu entwickeln.
Ausgewogene Ernährung deckt Vitaminbedarf
Doch Fachleute geben Entwarnung: In Deutschland besteht kein Anlass zur Sorge. Bei einer einigermaßen abwechslungsreichen Ernährung, auch gelegentlich mit Chips und Fertigpizza, enthält unsere Nahrung ausreichend Vitamine und Spurenelemente. Das gilt besonders, wenn man frische Lebensmittel verwendet.
Tagesbedarf: Angaben auf Lebensmitteln nur Richtwert
"Zufuhrempfehlungen" oder "Tagesbedarfe" auf Lebensmittelpackungen erwecken oft den Eindruck, die Verbraucher müssten diese Nährstoffmenge jeden Tag mindestens erreichen, um keine Unterversorgung zu riskieren. Tatsächlich handelt es sich aber um langfristige Durchschnittswerte zur Orientierung. Es ist deshalb überhaupt kein Problem, diese Werte auch tagelang nicht zu erreichen.
Teure Bluttests oft keine Kassenleistung
Manche Ärztinnen und Ärzte, Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker preisen umfangreiche Vitamintests auf ihren Internetseiten als Vorsorgemaßnahmen an. Fachleute kritisieren diese Praxis als Angst- und Panikmache, um mit den teuren Bluttests Umsatz zu machen. Diese sind fast immer sogenannte Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), die von den Krankenkassen nicht bezahlt werden.
Keine einheitlichen Referenz- und Normwerte
Auch "Referenzwerte" oder "Normwerte" sind grundsätzlich mit Vorsicht zu betrachten. Um zu bestimmen, welche Werte innerhalb der Norm liegen, haben verschiedene Großlabore in Deutschland Hunderte Blutproben von gesunden Menschen analysiert. Weil Vitaminspiegel bei gesunden Menschen sehr unterschiedlich sind, kam jedes Labor zu einem Spektrum gesunder Werte. 95 Prozent dieser gesunden Werte wurden als Referenz- oder Normbereich bewertet. Die höchsten und niedrigsten Werte - die ja ebenfalls von gesunden Menschen stammten - fielen hingegen aus der Norm.
Da jedes Großlabor das Blut unterschiedlicher Gruppen analysiert hat, variiert zudem der Referenzbereich. Zudem spiegeln die Referenzwerte nicht die Gesamtbevölkerung wider, weil als Grundlage für die Referenzwerte spezielle Gruppen, sogenannte Kollektive, untersucht wurden. Um Kosten zu sparen, wurden vorhandene Kollektive untersucht - zum Beispiel Militärangehörige. Das bedeutet, dass die so ermittelten Referenzwerte für 18-jährige Männer gelten, nicht aber für eine 80-jährige Frau.
Schwere Krankheiten könnten übersehen werden
Wird der Fokus auf vermeintlich auffällige Vitaminwerte gelegt, könnten möglicherweise gefährliche Erkrankungen unentdeckt bleiben, befürchten Experten. Deshalb raten Mediziner stattdessen zu sinnvollen Untersuchungen, die von den Kassen bezahlt werden und wichtige Hinweise auf vorliegende Erkrankungen liefern können. Dazu zählen zum Beispiel das kleine und große Blutbild, Schilddrüsenhormone sowie Nieren- und Leberfunktion. Bei begründetem Verdacht sind übrigens auch Bestimmungen einzelner Vitaminspiegel eine Kassenleistung.
Vitamin D, B12 und Folsäure: Bluttest kann sinnvoll sein
Spezifische Tests können unter bestimmten Umständen aber durchaus sinnvoll sein.
- In der dunklen Jahreszeit kann es Sinn machen, den Vitamin-D-Blutspiegel zu bestimmen, denn das wird unter dem Einfluss des Sonnenlichts vom Körper selbst hergestellt. Vitamin D ist besonders wichtig für starke Knochen, gesunde Muskeln und Haare. Ein Vitamin-D-Mangel kann auch zu einer erhöhten Infektanfälligkeit führen und zu Nervenleiden wie Migräne. Auch Depressionen, Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden mit einem Vitamin-D-Mangel in Verbindung gebracht.
- Vitamin B12 und Folsäure sind wichtig für die Nervenfunktion, Blutbildung, Zellteilung und Wachstumsprozesse. Bei strikt veganer Ernährung und auch bei unausgewogener Ernährung kann es sinnvoll sein, den Vitamin B12-Spiegel überprüfen zu lassen.
- Folsäure ist insbesondere in der Schwangerschaft wichtig, damit sich das Nervensystem des Kindes ausbilden kann.
Als überflüssig gelten dagegen Bestimmungen der Vitamine A, C und Biotin.
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