diverse Salami Sorten © fotlia.com Foto: esgro Tessieri

Hepatitis E: Vermehrt Infektionen durch Schweinefleisch

Stand: 12.02.2021 16:00 Uhr

Seit Jahren steigen die Fallzahlen: Infektionen mit Hepatitis-E-Viren haben sich in Deutschland vervielfacht. Für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem kann eine Ansteckung tödlich enden.

von Matthias Adelmund

Als eine der wichtigsten Ursachen für die Zunahme der Leberentzündung Hepatitis E in Deutschland gelten rohe oder nicht ausreichend erhitzte Schweinefleisch-Produkte. Dass deren Verzehr gesundheitliche Gefahren birgt, ist schon lange bekannt. Doch das Hepatitis-Risiko wurde bislang unterschätzt, auch weil eine solche Infektion bei Gesunden meist harmlos verläuft. Für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem kann eine Hepatitis-E-Infektion dagegen lebensbedrohlich werden.

Fälle von Hepatitis E in Deutschland stark gestiegen

Die Zahl der in Deutschland gemeldeten Hepatitis-E-Fälle ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen: Im Jahr 2011 wurden 238 Fälle gemeldet, 2019 waren es mit 3.727 fast 16-mal so viele; im August 2020 lag die Zahl für das laufende Jahr bereits bei 2.280 Fällen, die dem Robert Koch Institut gemeldet wurden. Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass etwa 17 Prozent der Deutschen bereits mit dem Erreger infiziert waren.

Selbst in der Medizin waren Hepatitis-E-Viren (HEV) für Europa lange unbekannt. Inzwischen ist bei Ärzten jedoch die Aufmerksamkeit für eine mögliche Infektion gesteigert. Experten vermuten, dass die steigenden Zahlen deshalb auch darin begründet sind, dass Mediziner bei entsprechenden Symptomen verstärkt auf HEV testen.

Infektion über Fleisch, Salami und Mett

Wissenschaftler schätzen, dass sich pro Jahr 300.000 Menschen in Deutschland mit HEV infizieren, meist über Produkte aus Schweinefleisch wie nicht durchgegartes Fleisch oder auch kurz gereifte Rohwürste, zum Beispiel Salami oder Cabanossi. Übertragen werden kann HEV ebenfalls über Mett.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt außerdem vor unzureichend erhitztem Wildschweinfleisch. Während Schätzungen zufolge 40 bis 50 Prozent der Hausschweine in deutschen Beständen mit HEV infiziert sind, fanden die Experten auch bei bis zu 68 Prozent der hierzulande erlegten Wildschweine Antikörper gegen HEV, vereinzelt auch bei Rehen und Rotwild.

Da die Tiere selbst nicht erkranken, sondern nur das Virus auf den Menschen übertragen, bleibt ihre Infektion meist unentdeckt.

Besonders gefährdet sind Menschen, die viel mit rohem Schweine- oder Wildschweinfleisch in Kontakt kommen, zum Beispiel Jäger, Schlachter und Köche. Sie können ihr Infektionsrisiko durch das Tragen von Handschuhen reduzieren.

Gefahr bei geschwächtem Immunsystem

Ein Blutröhrchen vor einem Formular mit der Aufschrift HEV © fotolia.com Foto:  jarun011
Bei Hepatitis E handelt es sich um eine Leberentzündung.

Gelangen HEV mit dem Schweinefleisch in den menschlichen Körper, wandern sie über den Magen in den Darm, dringen in die Blutbahn ein und landen schließlich in der Leber. Bei den meisten Gesunden werden die Viren von der körpereigenen Abwehr vernichtet.

Bei immungeschwächten Menschen aber kann sich der Erreger vermehren und im Körper verteilen, in die Nieren und auch ins Gehirn gelangen. Bei einigen Menschen führt die HEV-Infektion deshalb auch zu neurologischen Störungen. Hepatitis-E-Viren können auch eine akute Leberentzündung hervorrufen - mit Fieber, Oberbauchschmerzen und Gelbsucht. Bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem droht in 30 bis 50 Prozent der Fälle der Übergang in eine chronische Hepatitis E - mit potenziell lebensbedrohlichen Folgen.

Wie hoch ist das Risiko?

In Deutschland sind Schweine Hauptüberträger von HEV. Die Menschen infizieren sich über Fleischprodukte, vor allem aber auch über Wurstwaren:In einer aktuellen Studie aus dem Jahr 2020 waren mehr als zehn Prozent der 121 untersuchten Proben mit HEV kontaminiert. Untersucht wurden Schweinelebern, Leberwürste und Mettwürste. Die Studie hat jedoch nicht untersucht, ob die Viren noch aktiv waren. Werden zum Beispiel Leberwürste nach den geltenden Bestimmungen bei der Herstellung erhitzt, ist das Virus inaktiv. Es kann dann zwar noch nachgewiesen werden, allerdings keine Infektion mehr auslösen.

Problematischer sind beispielsweise Salamis und Mettwürste: Kurz gereifte Rohwürste werden durch Würzung, Salzen und Trocknung haltbar gemacht, aber eben nicht erhitzt. So können die Viren überleben. In einer großen Studie enthielt jede fünfte Wurstprobe Spuren des Virus. Viren können in die Wurst gelangen, weil Schweinefleisch vor der Verarbeitung nicht auf Hepatitis E getestet wird. Die dafür erforderliche Technik ist aufwendig und teuer. Und so gelangen Fleisch und Fleischprodukte mit HEV in den Handel und können jeden Menschen infizieren, der sie weiterverarbeitet oder verzehrt.

Erhitzen schützt vor Hepatitis-E-Viren

Verbraucher können das Risiko einer Hepatitis-Infektion minimieren durch:

  • Gleichmäßiges und vollständiges Erhitzen und Durchgaren schweinefleischhaltiger Lebensmittel: Ein kurzes Aufkochen oder Erhitzen in der Mikrowelle reicht dafür allerdings nicht aus, da Hepatitis-E-Viren relativ hitzestabil sind. Auch Tiefgefrieren tötet die Viren nicht ab.

  • Verzicht auf rohe Fleischprodukte wie Mett und kurzgereifte Rohwürste, zum Beispiel frische Mettwurst oder Salami. Das gilt vor allem für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem und Menschen mit einer vorgeschädigten Leber.

Forscher suchen Lösung bei der Haltung der Schweine

Eine Lösung des Problems ist in der Schweinehaltung zu suchen, sagen Wissenschaftler des Bundesinstituts für Risikobewertung. Die Frage: Wie kann das Virus aus den Tierbeständen herausgehalten oder dort bekämpft werden. Unter Koordination der deutschen Forscher läuft dazu gerade eine europaweite Studie. Untersucht werden Management- und Hygienemaßnahmen. Möglicherweise könnte auch eine Impfung für Schweine sein.

In China existiert bereits ein Impfstoff für Menschen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur muss ihn allerdings noch für die EU bewerten. Spezifische Medikamente zur Behandlung einer HEV-Infektion gibt es noch nicht.

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Markt | 15.02.2021 | 20:15 Uhr

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