Corona-Impfungen laufen schleppend: Wie es weiter geht
Viele Menschen in Deutschland warten verzweifelt auf einen Impftermin gegen das Coronavirus, gleichzeitig sind viele Impfzentren nicht ausgelastet. Das könnte sich bald ändern.
Drei Prozent der Deutschen haben bisher eine vollständige Impfung bekommen, fünf Prozent wurden einmal geimpft. Die Gründe dafür sind vielfältig. Aber: Die Aussichten, dass alle Menschen, die sich impfen lassen wollen, dies auch in den kommenden Monaten tun können, sind gut.
Impfzentren nach Startproblemen einsatzbereit
Klar ist, dass mindestens 60 Prozent der Bevölkerung geimpft sein muss, um zu einem normalen Alltag zurückkehren zu können. Doch 30 Prozent der bislang gelieferten zehn Millionen Impfdosen lagern bisher in den Kühlschränken der Impfzentren. Sie werden für die Zweitimpfungen zurückgehalten. Das muss nicht mehr sein, meinen viele Experten. Mittlerweile könnte man von dieser Strategie abrücken. Die anfänglichen Lieferschwierigkeiten der Hersteller sind überwunden. Die zugesicherten Impfdosenmengen könnten in den kommenden Monaten eingehalten werden. Zudem sind die Impfzentren nach anfänglichen organisatorischen Startproblemen einsatzbereit.
Unbegründete Vorbehalte gegen AstraZeneca-Impfstoff
Ein Problem sind zurzeit die Vorbehalte in der Bevölkerung gegen den Impfstoff von AstraZeneca. Für Infektiologen ist diese Zögerlichkeit nicht begründet und für das Pandemiegeschehen fatal: Alle zugelassenen Impfstoffe schützen absolut zuverlässig vor schweren Verläufen. Und wer nicht geimpft ist, hat gar keinen Schutz. Laut Gesundheitsministerium wurden bis zum 23. Februar von den gelieferten 1,45 Millionen Dosen des Impfstoffes von AstraZeneca nur etwa 240.000 verimpft. Das entspricht nur rund 15 Prozent.
Falschmeldungen über eine geringe Wirksamkeit von AstraZeneca
Falschmeldungen über eine geringe Wirksamkeit und Berichte über angeblich besonders heftige Nebenwirkungen sind Gründe für den schlechten Ruf des Impfstoffs von AstraZeneca. Außerdem hatte die Ständige Impfkommission (STIKO) verfügt, dass das Vakzin nur an Personen zwischen 18 bis 65 Jahren abgegeben werden darf. Grund dafür waren fehlende Daten über die Wirksamkeit bei Älteren. Eine Studie aus England zeigt jetzt, dass das Vakzin auch bei Senioren gut wirkt. Deshalb hat die Ständige Impfkommission ihre Empfehlungen jetzt verändert. Der Impfstoff kann nun in Deutschland auch Menschen über 65 Jahren verabreicht werden.
Hausärzte sollen ab April auch impfen
Um die Akzeptanz des AstraZeneca-Impfststoffs zu fördern und die Impfungen weiter zu forcieren, wird es wohl ab April bundesweit möglich sein, die Impfung beim Hausarzt vornehmen zu lassen. Außerdem wissen Hausärzte, wer von ihren Patienten Vorerkrankungen hat und deshalb eventuell früher mit der Impfung an der Reihe ist. Bisher müssen sie diesen Impfberechtigten ein Attest ausstellen. Außerdem entfällt so auch das logistische Problem, wie alte Menschen vom Land in die nächste Stadt zum Impfzentrum kommen.
Bis Anfang April ist die Lieferung weiterer rund 9 Millionen Impfstoffdosen zugesagt (rund 3,4 Millionen AstraZenenca, rund 5 Millionen Biontech, 1 Millionen Moderna). Schon Mitte März könnte ein vierter Impfstoff - von Johnson & Johnson - in der EU zugelassen werden. 300 Millionen Dosen hat die EU davon bereits bestellt, 36 Millionen davon für Deutschland. Die Produktion läuft bereits. Der Zulassungsantrag von der Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) wird geprüft.
Neuer Impfstoff schon nach erster Dosis wirksam
Der große Vorteil dieses Impfstoffes ist, dass er vermutlich schon nach einer einmaligen Dosis ausreichend wirksam ist. Das bedeutet, mehr Geimpfte in kürzerer Zeit und damit weniger Organisationsaufwand, weil der zweite Impftermin wegfällt. Das könnte die Immunisierung der Bevölkerung nochmal deutlich beschleunigen.
Der Impfstoff von Johnson & Johnson ist ein Vektor-Impfstoff, wie auch AstraZeneca, und wurde in den Niederlanden entwickelt. Er ist in Wirksamkeit und Sicherheit ähnlich. Er hat aber noch einen Vorteil: Er kann mehrere Wochen im Kühlschrank gelagert werden. Ein einfach zu lagernder Impfstoff würde das Impfen in den Hausarztpraxen so noch einmal erheblich vereinfachen.
Fünfter Impfstoff in den Startlöchern
Ab Mai/Juni könnte auch noch ein fünfter Impfstoff der Firma Curevac aus Tübingen hinzukommen, ein mRNA-Impfstoff wie das Biontech-Vakzin. Noch laufen allerdings die letzten klinischen Studien.
Insgesamt sollte für die nächsten Monate der Impfstoffbedarf für Deutschland gedeckt sein. Die Chancen stehen gut, dass mithilfe von Hausärzten und Impfzentren bis zum Sommer jeder geimpft werden kann, der möchte.