Corona-Angst: Weniger Notfälle im Krankenhaus
Seit Wochen verzeichnen Notaufnahmen der Krankenhäuser einen Rückgang von Patientinnen und Patienten. Viele Menschen haben Angst, sich mit Covid-19 zu infizieren. Das kann lebensbedrohlich werden.
Schon zu normalen Zeiten warten viele Menschen mit akuten Beschwerden zu lange, bevor sie in die Klinik kommen. Doch die Corona-Pandemie hat diese Situation massiv verschlimmert: Viele Betroffene trauen sich aus Angst vor Covid-19 nicht ins Krankenhaus, obwohl es ihnen schlecht geht.
24 Prozent weniger schwere Herzinfarkte
Aktuell kommen deutlich weniger Menschen mit Herzinfarkten oder schweren Herzproblemen in die Kliniken. Die Zahl schwerer Herzinfarkte mit komplettem Verschluss eines großen Herzkranzgefäßes und charakteristischen EKG-Veränderungen ist im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 24 Prozent zurückgegangen. Das ergaben Untersuchungen des wissenschaftlichen Instituts der AOK.
Angst vor Corona-Infektion bringt Menschen in Lebensgefahr
Noch stärker war der Rückgang mit fast 30 Prozent bei leichteren Herzinfarkten. Anhand bestimmter Blutwerte erkennen die Ärzte, wie viele Stunden die Betroffenen bereits abgewartet haben, bevor sie den Notarzt gerufen haben. Und in dieser Zeit sterben Herzmuskelzellen ab, die bei rascher Behandlung hätten gerettet werden können. Experten gehen davon aus, dass die Angst vor der Infektion auf diese Weise schwerere Verläufe und Langzeitschäden verursacht. Sie befürchten, dass die Angst vor einer Corona-Infektion damit letztlich sogar Menschenleben kostet.
Weniger Schlaganfall-Patienten in Klinik
Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Schlaganfall: Das Wissenschaftliche Institut der AOK meldet, dass während der Pandemie weniger, aber dafür schwerer erkrankte Schlaganfallpatienten in den Kliniken ankommen. Während vor einem Jahr zwölf Prozent der Betroffenen innerhalb eines Monats verstarben, sind es aktuell 15 Prozent.
Auch insgesamt seien in den vergangenen Wochen mehr Versicherte an einem Schlaganfall verstorben als vor einem Jahr, obwohl deutlich weniger mit dieser Diagnose im Krankenhaus behandelt wurden. An Covid-19 Verstorbene wurden in dieser Statistik herausgerechnet.
Corona-Ausbrüche in Krankenhäusern
Die Angst der Menschen ist dabei durchaus nachzuvollziehen, denn immer wieder melden Krankenhäuser Corona-Infektionen, manche Kliniken mussten deswegen sogar schließen. So bestätigt das Gesundheitsministerium Schleswig-Holstein seit Jahresbeginn mehr als 50 Ausbruchsgeschehen in Krankenhäusern des Bundeslandes.
In der aktuellen zweiten Welle sei eine deutlich größere Dynamik bei den Infektionen zu verzeichnen. Die absoluten Fallzahlen positiv getesteter und an Covid-19 erkrankter Personen liege um ein Vielfaches über den Werten des ersten Quartals 2020. Das führe auch zu einem Anstieg der Infektionen und Ausbrüchen in Kliniken.
Erhöhte Sicheheitsvorkehrungen in Krankenhäusern
Entscheidend ist, dass die Kliniken Mitarbeitende und Patienten regelmäßig testen, um frühzeitig auf einen Ausbruch reagieren zu können. Durch Impfungen und erhöhte Sicherheitsvorkehrungen mit Maskenpflicht, Desinfektion und Besuchsverbot sorgen die Krankenhäuser dafür, das Risiko so weit wie möglich einzudämmen. Andererseits lösen gerade diese Maßnahmen bei vielen Menschen Ängste aus, keinen Besuch empfangen zu dürfen und möglicherweise allein sterben zu müssen.
Bei Notfällen unbedingt ins Krankenhaus
Die abstrakte Infektionsgefahr sollte keinesfalls dazu führen, dass sich Betroffene in einem lebensbedrohenden Notfall wie zum Beispiel einem Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht behandeln lassen. Diese schweren Erkrankungen bedeuten eine akute Lebensgefahr, die keinen Aufschub duldet.