Abenteuer Diagnose: IgG4-assoziierte Cholangitis (IAC)

Stand: 16.09.2023 22:32 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Die IgG4-assoziierte Cholangitis ist eine seltene, autoimmune Leberkrankheit, die vor allem ältere Männer betrifft. Dabei greifen Antikörper (Immunglobulin G4, IgG4), unter anderem die Gallengänge an. 

Die IgG4-assoziierte Cholangitis (IAC) ist eine Entzündung der Gallenwege, die zu einer chronischen Vernarbung der Gallengänge führt. Aus diesem Grund wird die IAC mitunter auch als IgG4-sklerosierende Cholangitis (IgG4-SC) bezeichnet. Sie gehört zu der Gruppe der sogenannten IgG4-assoziierten Erkrankungen und betrifft vor allem Männer im mittleren bis höheren Alter, die im Beruf mit giftigen Stoffen wie Lösungsmitteln, Industriegasen, Farbstoffen oder Ölprodukten gearbeitet und diese über längere Zeit eingeatmet haben. Viele Betroffene leiden gleichzeitig an Allergien. Oft ist bei einer IAC auch die Bauchspeicheldrüse betroffen.

IgG4-Antikörper gehören zur körpereigenen Abwehr, kümmern sich normalerweise um Antigene in der Nahrung und können auch für Nahrungsmittelunverträglichkeiten verantwortlich sein. Bei IgG4-assoziierten Erkrankungen richten sie sich aus unbekannten Gründen gegen bestimmte Organe, wie Bauchspeicheldrüse, Darm, Muskeln, Speicheldrüsen oder im Fall der IAC die Gallengänge. Dabei kommt es zunächst zu einer Verdickung und Vernarbung der Gallenwege. Im weiteren Verlauf kann die Krankheit auf die ganze Leber übergreifen und zur Vernarbung bis hin zur Leberzirrhose führen.

Welche Symptome treten bei einer IAC auf?

Typische Symptome einer IgG4-assoziierten Cholangitis sind eine Gelbfärbung der Haut und Bindehaut, auch Gelbsucht (Ikterus) genannt, und ein unerklärlicher Gewichtsverlust. Manche Betroffene berichten auch über Beschwerden im Oberbauch und Juckreiz sowie weichen, verfetteten Stuhl. Ein neu auftretender Diabetes mellitus kann auf eine autoimmune Entzündung der Bauchspeicheldrüse hindeuten. Mitunter können bei einer IAC auch Speichel- und Tränendrüsen von Bakterien befallen und geschwollen sein.

Wie wird die Diagnose IAC gestellt?

Es ist oft schwierig, die IgG4-assoziierten Cholangitis (IAC) von anderen Erkrankungen oder Tumoren der Gallenwege oder der Bauchspeicheldrüse zu unterscheiden, die ähnliche Symptome verursachen können. Dafür bedienen sich Ärztinnen und Ärzte der sogenannten HISORt-Kriterien:

  • Feingewebliche Untersuchung von Lebergewebe (H wie Histology)
  • Bildgebende Verfahren, vor allem Ultraschall (I wie Imaging)
  • Blutuntersuchung auf IgG4 (S wie Serology)
  • weitere typische Symptome an anderen Organen (O wie Organ)
  • Ansprechen auf eine Therapie, die das Immunsystem unterdrückt (Rt wie Response to steroid therapy)

Im Labor fallen erhöhte Werte wie alkalische Phosphatase (AP), Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT) und Bilirubin auf. Die Leberwerte GOT (AST) und GPT (ALT) können ebenfalls erhöht sein. Zudem wird ein Ultraschall oder eine sogenannte Endosonographie des Bauchraums, also eine Ultraschalluntersuchung von innen bei einer Magenspiegelung, durchgeführt. Um Leber, Gallenwege, Gallenblase und Bauchspeicheldrüse zu beurteilen, kann auch eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Oberbauchs oder eine sogenannte Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) sinnvoll sein. Zusätzlich wird meist Gewebe aus der Leber oder aus den Gallenwegen entnommen und auf charakteristische Veränderungen untersucht. Bei unklaren Befunden können Betroffene versuchsweise über vier Wochen mit sogenannten Immunsuppressiva wie Kortison behandelt werden. Bessern sich die Symptome darunter deutlich, spricht das für das Vorliegen einer IAC. Andernfalls sollten andere Erkrankungen und bösartige Tumore ausgeschlossen werden.

Therapie der IgG4-assoziierten Cholangitis

Behandelt wird eine IAC in der Regel mit sogenannten Immunsuppressiva, wenn nichts dagegenspricht. In den ersten drei Monaten werden die Arzneimittel dabei in höherer Dosis verabreicht (Induktionstherapie) und dann schrittweise reduziert, um Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, dünne Haut, Sonnenempfindlichkeit und Mondgesicht zu vermeiden. Mit dieser Therapie lässt sich die Erkrankung in den allermeisten Fällen beherrschen, sodass sich zunächst die Blutwerte normalisieren und mit der Zeit auch die Organschäden zurückbilden. 

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NDR Fernsehen | Visite | 19.09.2023 | 20:15 Uhr

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