Rammstein spielt in Berlin: Friedliche Proteste
Rammstein spielen am 15., 16. und 18. Juli in Berlin. Nach den Vorwürfen gegen Frontsänger Till Lindemann gibt es zwei Petitionen gegen die Konzerte, eine Demonstration am Sonnabend verlief friedlich. Kultursenator Joe Chialo (CDU) sieht keine rechtliche Grundlage für eine Absage.
Aufregung, Kritik und Skandale gehören zu Rammstein wie harte Gitarren-Riffs und Feuerspektakel. Die aktuelle Diskussion um den Umgang mit meist sehr jungen Frauen und wilde Aftershowpartys aber erreicht eine neue Dimension. Mehrere Frauen sprechen gegenüber NDR und SZ von einem "Casting-System", über das sie bei Backstage-Partys für Sex mit Lindemann ausgewählt worden seien, ohne dass jemand explizit gesagt habe, dass es dabei um Sex geht. Einige Frauen behaupten auch, sie seien unter Drogen gesetzt worden. Lindemann bestreitet die Vorwürfe. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat im Juni ein Ermittlungsverfahren wegen "Tatvorwürfen aus dem Bereich der Sexualdelikte und der Abgabe von Betäubungsmitteln" eingeleitet. Derzeit sieht die Staatsanwaltschaft "keinen weiteren, mitteilungsfähigen Sachstand".
Kultursenator sieht keine rechtliche Grundlage
Die Initiativen "Keine Bühne für Rammstein" und "Kein Rammstein in Berlin" wollen einen Auftritt in Berlin verhindern. Vorstöße für ein Verbot der Konzerte weist der Berliner Kultursenator Joe Chialo jedoch zurück. "Die Forderung ist emotional verständlich, rechtlich gibt es keinen Hebel", sagt er. Der ehemalige Musikmanager warnt auch vor übereilten Schritten angesichts der Empörungswelle. "Ich bin sehr vorsichtig, aus diesem Spin immer gleich Handlungsanleitungen abzuleiten."
Polizei sieht sich auf Proteste gut vorbereitet
Am Sonnabendnachmittag ist eine Demonstration mit mehr als 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern friedlich vom Theodor-Heuss-Platz zum Olympiastadion in Berlin gezogen. Die Polizei in der von ständigen Demos und Großveranstaltungen geprägten Hauptstadt sieht sich mit laufender Gefahrenbewertung gut vorbereitet. Zudem werde der Veranstalter beraten und sensibilisiert, heißt es.
Petitions-Initiatorin: "Das Ganze hat einfach ein krasses System"
Mehr als 75.000 Unterstützerinnen und Unterstützer hat die Petition "Keine Bühne für Rammstein" auf der Petitionsplattform Campact gesammelt. Initiiert hat die Petition die feministische Aktivistin Britta Häfemeier. Sie hält die Indizien gegen Till Lindemann für erdrückend und glaubt den Frauen. "Nachdem sich immer mehr Frauen getraut haben und öffentlich erzählt haben, was ihnen rund um die Rammstein-Konzerte passiert ist, da wurde ziemlich schnell klar: Das Ganze hat einfach ein krasses System", sagt Häfemeier. "Ich finde nicht, dass dieses Konzert unter diesen Umständen in Berlin stattfinden darf."
Lindemann geht gegen Petition vor
Lindemann bestreitet die Vorwürfe und geht gegen bestimmte Formulierungen in der Petition vor. Laut "Tagesspiegel" fordern Lindemanns Anwälte, die Kanzlei Schertz-Bergmann, in einer Unterlassungserklärung die Plattform Campact auf, bestimmte Formulierungen gegen die Durchführung der Berliner Konzerte nicht weiter zu verwenden. "Unser Mandant hat keine jungen Frauen missbraucht", heißt es in dem Schreiben der Kanzlei, das dem "Tagesspiegel" vorliegt. Soweit es zu sexuellen Handlungen gekommen sei, wären diese mit Einverständnis der Frauen geschehen. Es verbiete sich, den unbestraften Lindemann als Straftäter zu bezeichnen.