Bundesfamilienministerin fordert mehr Schutz bei Rammstein-Konzerten
Morgen gibt die Band Rammstein in München im Rahmen ihrer Europatournee das erste von vier Konzerten im Olympiastadion. Es ist das erste in Deutschland seit Bekanntwerden der Vorwürfe von sexuellem Missbrauch gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann. Die Stadt München will dafür jetzt Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit insbesondere von Frauen zu gewährleisten.
Vor wenigen Tagen haben NDR und "SZ" darüber berichtet, dass mehrere junge Frauen offenbar gezielt für Sex mit Rammstein-Sänger Till Lindemann rekrutiert wurden. Zwei Frauen berichteten zudem von mutmaßlichen sexuellen Handlungen, denen sie nicht zugestimmt hätten. Online brodeln seitdem die User-Diskussionen. Und der Skandal hat nun auch die Stadt München erreicht. Die Reihe null direkt vor der Bühne, aus der sich der Rammstein-Frontmann Till Lindemann bedient haben soll, wird wohl abgeschafft. Und auch die berüchtigten After-Show-Partys wird es nicht geben. Das sind nur zwei von mehreren Maßnahmen, die das Münchner Kreisverwaltungsreferat, das KVR in einer schriftlichen Stellungnahme vermeldet.
Auflagen bei Rammstein Konzerten in München
Um die Einhaltung der Veranstaltungsauflagen sicherzustellen, werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KVR und der Branddirektion die Konzerte vor Ort engmaschig begleiten in Zusammenarbeit mit der Münchner Polizei. Auch eine Kreisverwaltungsreferentin wird vor Ort sein. Die Firma Propeller Music, die die Münchner Rammstein-Konzerte veranstaltet, zeigt sich kooperativ. Die Auftritte wegen der Vorwürfe abzusagen, daran sei aber gar nicht zu denken.
Bundesfamilienministerin fordert mehr Schutz für Frauen bei Konzerten
Auch Bundesfamilienministerin Paus hat sich inzwischen in die Diskussion um die Band eingeschaltet und fordert von der Musikindustrie mehr Schutz für Frauen - alle vier Konzerte von Rammstein im Münchener Olympiastadion sind ausverkauft. Von der Band Rammstein selbst gibt es zu den Ereignissen noch keine neue Stellungnahme.
Reaktionen von Rammstein auf die ersten Vorwürfe
"Die Vorwürfe haben uns alle sehr getroffen und wir nehmen sie außerordentlich ernst", ließen Rammstein am Sonnabend über ihren Instagram-Account verlauten. Es sei den Musikern wichtig, dass ihre Fans sich bei ihren Shows wohlfühlen - sowohl vor, als auch hinter der Bühne. "Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit", positionieren sich die Bandmitglieder mit ihrem Post und rufen ihre Fans dazu auf, die Frauen, die Anschuldigungen erhoben haben, nicht vorzuverurteilen. "Sie haben ein Recht auf ihre Sicht der Dinge", heißt es weiter. Dasselbe verlangt Rammstein aber auch für sich selbst: "Wir, die Band, haben aber auch ein Recht - nämlich ebenfalls nicht vorverurteilt zu werden."
Schwere Vorwürfe gegen Superstar aus MV
Die Vorwürfe gegen Till Lindemann sorgen für viel Aufmerksamkeit in sozialen Medien. Mehrere Frauen hatten gegenüber NDR und "Süddeutscher Zeitung" von Machtmissbrauch des Musikers berichtet. Um den Superstar aus Mecklenburg-Vorpommern kursieren bereits seit einer Woche schwere Vorwürfe. Zunächst ging es um eine junge Frau aus Irland, sie hatte ihre Erfahrungen von einem Rammstein-Konzert im litauischen Vilnius geteilt.
Chat-Protokolle sollen Vorwürfe unterstreichen
"Respekt an die mutigen Frauen, die sich getraut haben, zu sprechen!", "Kranke Musik für kranke Menschen", "Ohne Beweise riecht das einfach nach Paulaner" oder "Krasse Überraschung" sind nur einige der vielen Kommentare, mit denen User im Netz die Vorwürfe im mutmaßlichen Fall Till Lindemann diskutieren.
Das Spektrum der Reaktionen auf Social Media reicht von Unschuldsvermutungen bis zu Verurteilungen des Rammstein-Frontmanns. Über die Vorwürfe gegen den Rammstein-Sänger hatten NDR und "SZ" am vergangenen Freitag berichtet. Zwei Frauen äußerten sich anonym vor der Kamera und versichern ihre Aussagen an Eides statt. Den Reporterinnen und Reportern liegen zudem weitere Aussagen von Zeuginnen an Eides statt sowie zahlreiche Chat-Protokolle vor, die Teile der Vorwürfe unterstreichen sollen. Fragen von NDR und "SZ" zu konkreten Vorwürfen ließen sowohl Lindemann als auch die Band inhaltlich unbeantwortet.
Netz-Debatte: Vorverurteilung, Machtmissbrauch, Victim Blaming
Die Vorwürfe sorgen nicht nur bei Fans der Band für viel Gesprächsstoff. Tausende Kommentare finden sich bereits unter dem Posting der Tagesschau. Einige User thematisieren den Altersunterschied zwischen mutmaßlichem Täter und mutmaßlichen Opfern. Anderen geht es um den Vorwurf des Machtmissbrauchs: "Prominente, die einen gewissen Status erreicht haben und meinen würden, dass sie sich alles erlauben könnten ohne Konsequenzen spüren zu müssen gibt es genügend", schreibt der User annas.zahi unter dem Tagesschau-Beitrag auf Instagram.
Immer wieder werden in den Kommentaren auch Parallelen zu den Vorwürfen gegen Wetterfachmann Jörg Kachelmann gezogen. So schreibt der Nutzer bstnmllr1848 dazu: "Ich erinnere nur an den Fall Kachelmann, der unschuldig 'durchs Dorf getrieben' wurde und eine Rufschädigung erhalten hat, die ihm nachhaltig geschadet hat." Kachelmann war 2011 vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden.
Die Aufklärung steht bei vielen Userinnen und Usern an vorderster Stelle, wobei sowohl die vermeintlichen Opfer als auch Lindemann gleichermaßen von den Usern in Schutz genommen werden. Anna.luisees schreibt: "Die Kommentare sind erschreckend. Wie hier victim blaming betrieben wird, die Frauen für die Taten verantwortlich gemacht werden und sexuelle Übergriffe entschuldigt werden."