Martina Hefter gewinnt Deutschen Buchpreis 2024
Martina Hefter ist am Montag für ihr Buch "Hey guten Morgen, wie geht es dir?" mit dem Deutschen Buchpreis 2024 ausgezeichnet worden. In dem Roman lässt sich eine Frau ganz bewusst auf Love-Scammer, also Heiratsschwindler aus dem Internet, ein.
Die Preisverleihung hat am Montagabend zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse im Kaisersaal des Frankfurter Römers stattgefunden. In "Hey guten Morgen, wie geht es Dir?" erzählt Martina Hefter die Geschichte eines Paares, aber vor allem auch die einer starken Frau Anfang 50 namens Juno. Juno hält den Love-Scammern, den Männern, die ihr Liebe vorgaukeln und sie um ihr Geld bringen wollen, den Spiegel vor. Bis sie an Benu aus Nigeria gerät.
In der Begründung der Jury für den Deutschen Buchpreis heißt es: "Es stellt sich die Frage, wer hier wen ausbeutet - und was passiert, wenn wider Erwarten die Grenzen zwischen digitalem Spiel und realer Zuneigung verschwimmen." Der Roman verbinde auf faszinierende Weise zermürbenden Alltag mit mythologischen Figuren und kosmischen Dimensionen, so die Jury weiter. "Er navigiert zwischen Melancholie und Euphorie, reflektiert über Vertrauen und Täuschung."
Die 59-Jährige reagiert regelrecht ungläubig, als sie bei der Preisverleihung im Frankfurter Rathaus Römer als Gewinnerin verkündet wird. Sie sei wirklich überwältigt und freue sich riesig, sagt Martina Hefter.
"Ein wunderbarer, tänzerischer Roman"
"Martina Hefter hat den Deutschen Buchpreis 2024 völlig zu Recht gewonnen", meint NDR Literaturredakteurin Maren Ahring. "'Hey guten Morgen, wie geht es Dir?' ist klug und eindringlich erzählt, aber vor allem sprachlich federleicht, ohne platt zu sein. Es ist ein wunderbarer, tänzerischer Roman, der in diesem Jahr schon viele Preise gewonnen hat."
NDR Kultur-Interview mit Martina Hefter von der Frankfurter Buchmesse
Heute (15. Oktober), hören Sie ab 18 Uhr bei NDR Kultur in einem "Journal extra" ein Gespräch von Maren Ahring mit der Buchpreisträgerin Martina Hefter.
Hefter wurde 1965 in Pfronten im Allgäu geboren und lebt und arbeitet seit 1997 in Leipzig als Tänzerin, Performancekünstlerin und Schriftstellerin. Für ihr lyrisches Gesamtwerk und mit besonderer Hervorhebung ihres jüngsten Romans "Hey guten Morgen, wie geht es dir?" hatte sie im August bereits den "Großen Preis des Deutschen Literaturfonds" erhalten.
Hefter darf sich über ein Preisgeld von 25.000 Euro freuen. Die übrigen fünf Nominierten der Shortlist erhalten jeweils 2.500 Euro. Diese Autorinnen und Autoren waren auch im Rennen um den Deutschen Buchpreis 2024:
Iris Wolff und "Lichtungen"
"Es war und es war nicht", heißt die Überschrift und damit beginnt der Roman. Iris Wolff erzählt in ihrem Roman "Lichtungen" von einem Heute im Erwachsenenleben aus, systematisch Kapitel für Kapitel Richtung Kindheit. "Lichtungen" ist ein Roman über Liebe und Freundschaft, in dem äußerlich betrachtet wenig geschieht, aber viel in lesenden Köpfen.
Clemens Meyer und "Die Projektoren"
Clemens Meyers neuer Roman "Die Projektoren" erzählt auf über 1.000 Seiten von Krieg, Gewalt und Verrohung - von alten und neuen Nazis, von Utopien, Hoffnungen und Fantasien. Alles miteinander verbunden durch das Kino und die Verfilmungen der Romane von Karl May. Wer allerdings "Die Projektoren" in wenigen Sätzen angemessen wiedergeben will, scheitert unweigerlich. Die kühne literarische Konstruktion erlaubt gar nichts anderes. Der moderne Roman, so heißt es im Buch, sei ein Monolith, ein Chaos aus Stimmen. Genau das führt Clemens Meyer vor. Und vermag es, das Chaos erzählend lustvoll zu bändigen.
Markus Thielemann und "Von Norden rollt ein Donner"
Markus Thielemann ist jung, auf einem Dorf in Norddeutschland groß geworden, lebt in Hannover und hat gerade seinen zweiten Roman geschrieben: Er spielt in der Lüneburger Heide und beschreibt die Landschaft als trügerisches Idyll. Mit seinen 32 Jahren ist Thielemann ein großer Roman gelungen. Der in einer kraftvollen Sprache voller Poesie zugleich modern und spannend erzählt wird. Unbedingt lesenswert, gerade hier im Norden!
Ronya Othmann und "Vierundsiebzig"
"Vierundsiebzig" von Ronya Othmann ist Reportage, Essay, Reisebeschreibung - ein 500-seitiges Buch über das Dokumentieren des Völkermords an den Jesiden und der Versuch, eine Sprache dafür zu finden. Auch wenn "Vierundsiebzig" durch etwas mehr Straffung und Formung gewonnen hätte - es ist gut, dass Ronya Othmann mit einer Gründlichkeit, die sich und ihren Lesern keine mildernden Umstände gönnt, das Massakrieren im Namen des Islam dokumentiert. Mit sogenannter "Islamophobie" hat das nichts zu tun. Denn eine Phobie ist ja die krankhafte Furcht vor etwas eigentlich Harmlosen.
Maren Kames und "Hasenprosa"
"Wenn das alles gewesen ist, ziehe ich aus!", ruft da eine und macht sich in ihren Meilenstiefeln und Reisesocken davon. Auf der Rückbank: ein Hase. Es geht einmal quer durch die Zeit, die Zeitalter und hinaus, ins knalldunkle All. Maren Kames' "Hasenprosa" ist quecksilbrig und herznah. Fein Gesponnenes steht neben präzise gebannter Weltwahrnehmung. Wir hören Glenn Gould und Billie Eilish, sehen Lionel Messi durchs Universum dribbeln und seilen uns mit dem Hasen von Fixsternen ab. Ein Buch wie ein Kindheitssommer, ausschweifend und leuchtend schön.