Album der Woche: Wiener Klassik trifft auf polnische Volksmusik
Das polnische {oh!} Orkiestra gehört zu den aufregendsten Ensembles der historisch informierten Aufführungspraxis. Auf seiner jüngsten Aufnahme kombiniert es Werke von Mozart und Weber mit einer Sinfonie von Józef Elsner.
Die Musik groovt mitreißend und wunderbar bodenständig. Konzertmeisterin Martyna Pastuszka und ihr {oh!} Orkiestra scheinen sich im Finale aus der C-Dur-Sinfonie von Józef Elsner in eine Folkband zu verwandeln.
Józef Elsner, 1769 im oberschlesischen Grottkau geboren, bereichert den Stil der Wiener Klassik mit Einflüssen aus der polnischen Volksmusik. Und die Interpreten haben spürbar Spaß daran, diese beiden Welten zusammenzubringen. Auch im Trio der Sinfonie, das den Ton einer Mazurka aufgreift. Die Streicherinnen und Streicher klopfen den Rhythmus mit ihren Bögen auf die Saiten. Das klingt, als wäre auch Schlagwerk dabei.
Effektsicheres, sensibles Spiel
Martyna Pastuszka und das Orchester spielen die Musik auf ihren historischen Instrumenten effektsicher und sensibel. Und zwar nicht nur in den schnellen Sätzen der Sinfonie, die Elsner wohl um den Jahreswechsel 1804/1805 herum geschrieben hat. Im Andante deutet sich schon ein romantischer Ton an. Dessen schmerzliche Reibungen kostet das Ensemble genüsslich aus.
Die Sinfonie von Józef Elsner ist eine Entdeckung. Und sie bleibt nicht die einzige. Denn auch die beiden anderen, eigentlich bekannteren Werke des Programms, klingen in dieser Aufnahme zumindest teilweise wie zum ersten Mal gehört. Auch durch die Besetzung: Lorenzo Coppola, der Solist im zweiten Klarinettenkonzert von Carl Maria von Weber, spielt etwa auf dem Nachbau einer Klarinette aus Webers Zeit. Der Ton ist heller, als wir es von heutigen Instrumenten gewohnt sind. Die Musik wirkt hier frecher, direkter und heutiger als in anderen Aufnahmen.
Dieser Ansatz prägt auch die Interpretation von Mozarts früher A-Dur-Sinfonie. Martyna Pastuszka und das Orchester machen da wieder ihr ganz eigenes Ding. Überraschend zum Beispiel, dass sie die Besetzung um einen Hammerflügel ergänzen - weil es zu Mozarts Zeit womöglich noch üblich war, auch wenn das nicht ausdrücklich so in den Noten steht.
Eine Aufnahme mit Mut zum Risiko
Die Aufnahme steht für den Mut, Dinge auszuprobieren und dabei auch mal ins Extrem zu gehen. Wie im Andante-Satz, den das {oh!} Orkiestra rekordverdächtig langsam zelebriert. Im Vergleich zur Aufnahme mit der Academy of Ancient Music nimmt sich Martyna Pastuszka sehr viel mehr Zeit - und sie spielt den Geigenpart solistisch, sodass das Andante teilweise wie ein verkapptes Violinkonzert wirkt. Das ist eine von vielen Überraschungen der Aufnahme, die auch gern mal ins Risiko geht - und die alte Musik damit besonders lebendig macht.
Elsner - Weber - Mozart
- Zusatzinfo:
- Józef Elsner: Symphonie op.11 C-Dur; Carl Maria von Weber: Klarinettenkonzert Nr. 2 Es-Dur op. 74; Wolfgang Amadeus Mozart: Symphonie Nr. 21 A-Dur KV 134; Lorenzo Coppola, {oh!} Orkiestra, Martyna Pastuszka
- Label:
- NIFC