Erst Stacheldraht, dann Beton: Der Bau der Mauer
Armee und Polizei der DDR beginnen am 13. August 1961 mit der Abriegelung der Grenzen innerhalb Berlins. Auf Stacheldraht folgen schnell Steine. Es entsteht eine Mauer, die die Teilung Berlins besiegelt.
Am frühen Morgen des 13. August 1961 strebt der Kalte Krieg dem Gefrierpunkt entgegen. Nationale Volksarmee, Volkspolizei und sogenannte Betriebskampfgruppen der DDR marschieren an den Grenzen zum Sowjetsektor in Berlin auf. Die Uniformierten reißen das Straßenpflaster auf, rammen Pfähle in die Erde, ziehen Stacheldraht. Keiner soll mehr entkommen. Die politische Führung mag nicht mehr mit ansehen, wie immer mehr Menschen aus der sowjetischen Besatzungszone in den Westen flüchten und damit den Fortbestand der DDR gefährden.
Flucht aus der DDR: Letzte Möglichkeit West-Berlin
Seit der Gründung des nach sowjetischem Vorbild aufgebauten Arbeiter- und Bauernstaates am 7. Oktober 1949 haben sich bereits mehr als 2,5 Millionen Menschen auf den Weg in den Westen gemacht. Die innerdeutsche Grenze ist im Sommer 1961 schon relativ undurchlässig, doch in Berlin gestaltet sich die Kontrolle schwierig.
Mauerbau: Sogar Fenster werden zugemauert
Das kann und will die DDR-Führung nicht mehr hinnehmen. Trotz der Absperrungsmaßnahmen flüchten bis zum nächsten Tag weitere 800 Menschen in den West-Teil der Stadt - sie überwinden den Stacheldraht oder springen durch Hausfenster an der Sektorengrenze. Das DDR-Regime reagiert und lässt diese Schlupflöcher stopfen. Fenster der grenznahen Häuser werden zugemauert, die Grenzübergänge mit Betonplatten verriegelt. Nach und nach entsteht so die Berliner Mauer. Später werden die grenznahen Häuser ganz weggerissen und der sogenannte Todesstreifen entsteht.
Die Amerikaner zeigen sich machtlos
Der Westen reagiert zurückhaltend auf die Aktion, nur zögerlich werden Solidaritätsbekundungen der Amerikaner laut. Nachdem Berlins Regierender Bürgermeister Willy Brandt die Amerikaner zwei Tage nach Beginn des Mauerbaus in einem Brief an den damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy um Unterstützung gebeten hat, schreibt dieser kurz darauf zurück:
"So ernst diese Angelegenheit auch ist, so stehen uns doch [...] keine Maßnahmen zur Verfügung, die eine wesentliche Änderung der Sachlage in der derzeitigen Situation bewirken können." John F. Kennedy an Berlins Regierenden Bürgermeister Willy Brandt am 18. August 1961
Bereits im Juni 1961 hatte Kennedy gegenüber einem Berater die Machtlosigkeit des Westens zum Ausdruck gebracht: "[Chruschtschow] muss etwas tun, um den Flüchtlingsstrom zu stoppen - vielleicht eine Mauer. Und wir werden das nicht verhindern können. Ich kann die Allianz zusammenhalten, um Westberlin zu verteidigen. Aber ich kann nichts machen, um Ostberlin offen zu halten."
Ulbricht dementiert Mauerbau noch kurz zuvor
Die endgültige Trennung Deutschlands war sehr sorgfältig durchgeplant und organisiert. Dabei gab sich das Regime vor dem Mauerbau völlig unwissend. Noch im Juni 1961 beteuert der Staatsratvorsitzende der DDR, Walter Ulbricht, auf einer Pressekonferenz:
"Ich verstehe Ihre Frage so, dass es Menschen in Westdeutschland gibt, die wünschen, dass wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR dazu mobilisieren, eine Mauer aufzurichten. Mir ist nicht bekannt, dass eine solche Absicht besteht, da sich die Bauarbeiter in der Hauptstadt hauptsächlich mit Wohnungsbau beschäftigen und ihre Arbeitskraft voll eingesetzt wird. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!" Walter Ulbricht auf einer Presssekonferenz am 15. Juni 1961
Zynischerweise prägt Ulbricht damit den Begriff "Mauer", bevor es selbige überhaupt gab. Die Glaubhaftigkeit seiner Aussage sollte stellvertretend sein für die typische DDR-Propaganda - bis zum Fall der Mauer im November 1989.
Hunderte sterben an der innerdeutschen Grenze
Bis dahin aber sorgt der "antifaschistische Schutzwall" - so der Propaganda-Ausdruck im Osten - mit tödlicher Präzision dafür, dass die Bürger der DDR in ihrem Land gefangen bleiben. Fluchtversuche sollen durch Mauern und Zäune, Hunde-Laufanlagen, Minen, Selbstschussanlagen und mit Schießbefehl ausgestattete Grenzsoldaten unmöglich gemacht werden. Schätzungen zufolge sterben zwischen 1961 und 1989 etwa 900 Menschen bei Fluchtversuchen an der innerdeutschen Grenze: Fast 200 Flüchtlinge ertrinken in der Ostsee, mehr als 600 sterben an innerdeutscher Grenze und Berliner Mauer.
Fall Fechter steht exemplarisch für etliche Mauer-Opfer
Mindestens 136 Menschen bezahlen den Fluchtversuch an der Berliner Mauer mit ihrem Leben. Das ergaben Untersuchungen der Gedenkstätte Berliner Mauer und des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam. Einer der tragischsten Fälle ist verbunden mit dem Namen Peter Fechter: Gut ein Jahr nach dem Bau der Grenze versucht der 18-Jährige, zusammen mit einem Freund über die Mauer zu klettern. Dem Freund gelingt die Flucht, Fechter jedoch wird, als er sich oben auf der Mauer befindet, von den DDR-Grenzern angeschossen und fällt zurück auf DDR-Gebiet. Dort schreit er eine Stunde lang um Hilfe, bis er schließlich qualvoll verblutet. Fechters Tod an der Mauer steht exemplarisch für alle, die ihr Leben an der Grenze lassen mussten - ein Symbol für die Unmenschlichkeit des DDR-Regimes.